Rechtsverletzung der Anwohner durch Hochwasserleitwand

Durch die Errichtung einer Hochwasserleitwand findet kein unzumutbarer Eingriff in das Eigentum der Anwohner statt. Es ist auch keine unzumutbare Störung durch die Einblicksmöglichkeit von der Schutzwand aus zu befürchten.

Rechtsverletzung der Anwohner durch Hochwasserleitwand

Mit dieser Begründung hat jetzt das Verwaltungsgericht Koblenz eine Klage gegen das Land Rheinland-Pfalz abgewiesen. Das beklagte Land hatte der Stadt Remagen mit Planfeststellungsbeschluss vom 13. Juli 2011 den Bau einer rund 70 Meter langen und 4,20 Meter hohen Hochwasserleitwand in Remagen-Kripp genehmigt. Hiergegen erhoben die Kläger, ein Ehepaar, fristgerecht Klage. Zur Begründung machten sie geltend, dass die Schutzwand allein dem benachbarten neuen Bebauungsplangebiet „Auf Fitze“ diene. Zudem habe das Vorhaben nachteilige Auswirkungen auf ihr Grundstück. Die Wand vermittele dort ein Gefühl des Eingesperrtseins und lasse angesichts ihrer Begehbarkeit erhebliche Störungen der Wohnruhe befürchten. Überdies sei mit vermehrten Ablagerungen von Treibgut und Schlamm sowie möglicherweise gefährlichen Strömungsverhältnissen zu rechnen.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Koblenz verletzt der angefochtene Planfeststellungsbeschluss die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die rechtlich geschützten Interessen der Kläger ordnungsgemäß abgewogen. Ein unzumutbarer Eingriff in deren Eigentum ist nicht erkennbar. Weder ist eine erdrückende, den Eindruck des Eingesperrtseins vermittelnde Wirkung des Vorhabens auf das Anwesen der Kläger gegeben noch die Gefahr einer unzumutbaren Verschattung. Die Schutzwand verläuft mindestens 7 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt auf der gegenüberliegenden Straßenseite, weist insgesamt 9 Tore mit einer Breite von 2,60 Meter bis 5,20 Meter auf und wird zudem bei einer Höhe von lediglich 4,20 Meter von dem Wohngebäude der Kläger deutlich überragt. Objektiv betrachtet ergibt sich keine stärker abriegelnde Wirkung als beispielsweise die von Reihenhaussiedlungen, wie sie im innerstädtischen Bereich häufig anzutreffen sind. Auch hält das Vorhaben die nach der Landesbauordnung erforderliche Abstandsfläche zum Grundstück der Kläger ein, womit insoweit von der Wahrung gesunder Wohnverhältnisse, insbesondere einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung, ausgegangen werden kann.

Weiterlesen:
Nachgeahmte Designermöbel und der Grundrechteschutz für EU-Unternehmen

Eine unzumutbare Störung der Kläger durch die Einblicksmöglichkeit von der Schutzwand aus ist ebenfalls nicht zu befürchten. Das Wohnhaus steht mindestens 10 Meter von der Wand entfernt und Hochwasserereignisse, welche zum Betreten der Wand Anlass geben, kommen nur selten vor. Überdies ist in Wohngebieten die Möglichkeit der Einsichtnahme von benachbarten Grundstücken aus regelmäßig hinzunehmen. Die derzeit bestehende freie Aussicht vom Grundstück der Kläger auf die Ahraue ist nur ein rechtlich nicht geschützter Lagevorteil, welcher durch eine genehmigte Bebauung auf dem Nachbargrundstück jederzeit wieder verloren gehen kann. Eine mit der vorhabenbedingten Veränderung des Wohnumfeldes einhergehende mögliche Grundstückswertminderung stellt ebenfalls keine eigenständige Abwägungsposition dar, welche planungsrechtlich Berücksichtigung finden muss.

Darüber hinaus beachtet das Vorhaben den Klägern gegenüber auch die wasserrechtliche Verpflichtung zur Rücksichtnahme. Nach dem im Planfeststellungsverfahren eingeholten wasserwirtschaftlichen Gutachten sind keine Anhaltspunkte für eine deren Anwesen drohende Verschärfung der Hochwassergefahr ersichtlich. Im Gegenteil wird dieses vor einer stärkeren Durchströmung geschützt und auch eine vermehrte Ablagerung von Treibgut und Schlamm sowie Gefahren aufgrund einer möglichen Sekundärströmung sind nicht zu befürchten. Ob das Vorhaben schließlich allein der Ermöglichung des Wohngebietes „Auf Fitze“ und damit den Interessen eines privaten Investors dient, bedarf schon deshalb keiner Klärung, weil hieraus eine Verletzung privater Rechte der Kläger nicht resultieren kann.

Weiterlesen:
Überstellung nach der Dublin-III-Verordnung - und die illegale Wiedereinreise des Asylbewerbers

Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 24. Januar 2012 – 1 K 748/11.KO