Bei der Anordnung von Haft zur Sicherung der Rücküberstellung im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 (Dublin-III-Verordnung) kann die Haftanordnung nicht auf § 62 Abs. 3 AufenthG gestützt werden1.

Im Anwendungsbereich der Dublin-III-Verordnung dürfen die Mitgliedstaaten nach dessen Art. 28 Abs. 2 eine Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht. Fluchtgefahr ist nach Art. 2 Buchstabe n Dublin-III-Verordnung das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
Der deutsche Gesetzgeber hat in § 2 Abs. 15 AufenthG die Kriterien für die Annahme einer Fluchtgefahr nach der Dublin-III-Verordnung festgelegt. Die Regelung in § 2 Abs. 15 Satz 1 i.V.m. Abs. 14 Nr. 1 AufenthG genügt den Anforderungen der Verordnung2.
Die Voraussetzungen von § 2 Abs. 14 Nr. 1 AufenthG liegen jedoch nicht in jedem Fall vor, in dem der Betroffene seinen Aufenthaltsort nach Ablauf der Ausreisefrist gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist. Die genannte Vorschrift setzt nämlich weiter voraus, dass der Betroffene durch die Ausländerbehörde auf die Anzeigepflicht nach § 50 Abs. 4 AufenthG und die einschneidenden Folgen ihrer Verletzung in einer ihm verständlichen Sprache hingewiesen worden ist3.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Juli 2017 – V ZB 50/17