Rundfunkbeitrag – und die gemeinnützige GmbH

Die gesetzgeberische Entscheidung in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 RBStV, nur gemeinnützigen eingetragenen Vereinen und Stiftungen aufgrund ihrer Rechtsform eine Beitragsermäßigung zu gewähren, nicht jedoch gemeinnützigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, verletzt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Belastungsgleichheit.

Rundfunkbeitrag – und die gemeinnützige GmbH

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht1 hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich für das Abgabenrecht aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Grundsatz der Belastungsgleichheit ergibt. Der Gesetzgeber hat jedoch bei der Auswahl des Abgabengegenstands, der Bestimmung des Abgabensatzes sowie der Regelung von Entlastungs- oder Befreiungstatbeständen einen weitreichenden Gestaltungsspielraum. In der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags gefördert werden sollen und welche Ziele er für förderungswürdig hält, ist er weitgehend frei. Bei der Ausgestaltung von Beitragsregelungen darf sich der Gesetzgeber in erheblichem Umfang auch von Praktikabilitätserwägungen mit dem Ziel der Einfachheit der Erhebung leiten lassen; dies gilt in besonderem Maße bei Massenverfahren wie der Erhebung des Rundfunkbeitrags2.

Die Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz verlangt von dem Gesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden Typisierungsbefugnis, bei Differenzierungen in Beitragsregelungen nach sachbezogenen Gesichtspunkten vorzugehen und die Regelungen so auszugestalten, dass diese sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Umstände stützen und insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt wird3.

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Die in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 RBStV geregelten Privilegierungen finden keine Rechtfertigung in dem Gedanken des Vorteilsausgleichs, der den Rundfunkbeitrag als Vorzugslast legitimiert. Denn ihre Anknüpfung an die Gemeinnützigkeit der Einrichtungen oder Organisation lässt keine Rückschlüsse auf die Größe des abzugeltenden Vorteils zu4. Trotzdem sind sie mit Blick auf den für Vorzugslasten geltenden Kostendeckungsgrundsatz im Prinzip zu rechtfertigen, da der Gesetzgeber neben der Finanzierung der öffentlichen Aufgabe grundsätzlich auch andere Zwecke wie soziale Belange oder Verhaltenssteuerung verfolgen darf. Da aber Beitragsermäßigungen aus sozialen Gründen, die einzelnen Gruppen gewährt werden, eine tendenziell höhere Belastung der übrigen Abgabepflichtigen nach sich ziehen, dürfen sie sich nicht zu sehr von ihrem Zweck der Finanzierung des öffentlichen Rundfunks entfernen5. Damit sind dem Gesetzgeber bei der Schaffung vorteilsfremder Ermäßigungstatbestände mit Blick auf deren Rechtfertigungserfordernis von vornherein Grenzen gesetzt.

Vor diesem Hintergrund hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Gesetzgeber im Interesse der übrigen Beitragspflichtigen, für die jede Ausweitung einer Begünstigung zu einer Mehrbelastung führt, eine Beitragsprivilegierung im Bereich gemeinnütziger Tätigkeiten beschränken darf, um „Mitnahmeeffekte“ oder ihm von ihrer sozialen Wertigkeit her nicht gerechtfertigt erscheinende Inanspruchnahmen jedenfalls in ihrem Umfang zu begrenzen. Dazu hat es auf die Gesetzesbegründung verwiesen, derzufolge „… auf eine gänzliche Befreiung gemeinnütziger Einrichtungen verzichtet und somit eine gleichmäßige Belastung angestrebt [wird]“6.

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Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 RBStV ausgestalteten Ermäßigungstatbestände hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht tatsächliche Feststellungen zur Vielfalt der in der Rechtswirklichkeit vorzufindenden Erscheinungsformen gemeinnütziger Organisationen getroffen. Unter anderem auf der Grundlage der festgestellten rechtstatsächlichen Unterschiede der verschiedenen Rechtsformen gemeinnütziger Organisationen hat die Vorinstanz die Schlussfolgerung gezogen, die Einschätzung des Gesetzgebers sei jedenfalls nicht realitätsfern, dass bei gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen eine höhere Gewähr für die tatsächliche Verfolgung von ihm für förderungswürdig erachteter sozialer Ziele bestehe als etwa bei einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

n diese Tatsachenfeststellungen wäre das Bundesverwaltungsgericht in dem erstrebten Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da die gGmbH dagegen keine Verfahrensrügen erhoben hat. Ihrer Beschwerdebegründung lässt sich lediglich entnehmen, dass sie die von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht festgestellten Umstände nicht als einleuchtend für die von dem Gesetzgeber getroffene; und vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht gebilligte Differenzierung ansieht. Damit vermag sie indes die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zu erreichen.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24. Mai 2023 – 6 B 34.22

  1. Nds. OVG, Urteil vom 07.07.2022 – 8 LB 6/22[]
  2. BVerfG, Urteil vom 18.07.2018 – 1 BvR 1675/16 u. a., BVerfGE 149, 222 Rn. 65, 71 m. w. N.[]
  3. vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 71[]
  4. BVerwG, Urteil vom 27.09.2017 – 6 C 34.16, Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 84 Rn. 29 ff.[]
  5. BVerwG a. a. O. Rn. 26 ff. m. w. N.[]
  6. LT-Drs. 16/3437 S. 33[]
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