Sachkundenachweis für gefährliche Hunde in Niedersachsen

Ein Sachkundenachweis im Sinne des § 8 NHundG setzt voraus, dass der Hundehalter praktische Fähigkeiten zum Führen eines Hundes in der Freifolge belegen kann. Mit dieser Begründung lehnte jetzt das Verwaltungsgericht Stade eine Klage ab, mir der die Klägerin eine Erlaubnis begehrte, ihren gefährlichen Hund zu halten.

Sachkundenachweis für gefährliche Hunde in Niedersachsen

Rechtsgrundlage für die Erteilung einer solchen Erlaubnis ist § 5 Abs. 1 NHundG. Danach ist die Erlaubnis nur zu erteilen, wenn der Hundehalter unter anderem die erforderliche Sachkunde besitzt. Nach § 8 NHundG hat den Nachweis der erforderlichen Sachkunde erbracht, wer aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten den Hund so halten und führen kann, dass von diesem voraussichtlich keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Einen solchen Nachweis hat die Klägerin in diesem Verfahren nicht erbringen können.

Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, die Anforderungen und das Verfahren zur Feststellung der Sachkunde näher zu konkretisieren und sich dafür ausgesprochen, die Auslegung des Begriffes „Sachkunde“ der Behörde zu überlassen1. Der Hundehalter kann daher im Prinzip seine Sachkunde gegenüber der Erlaubnisbehörde auf vielfältige Weise nachweisen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann ein Hundehalter die Sachkunde etwa bei Fachverbänden, in speziellen Hundeschulen oder sonstigen Lehrgängen erwerben, die nach anerkannten Kriterien arbeiten. Neben den theoretischen Kenntnissen, z.B. zum Verhalten eines Hundes gegenüber anderen Hunden oder zu den Grundlagen der konsequenten Hundeerziehung und Ausbildung, sollen in den Lehrgängen auch praktische Fähigkeiten zum Führen eines Hundes, z.B. zur Erteilung von eindeutigen Befehlen, Gehorsamsübungen und Erkennen von Gefahrenmomenten erlernt werden1. Nach den Durchführungshinweisen zum NHundG vom 10. März 20032 gelten als sachkundig im Sinne des § 8 NHundG u.a. Personen, die mit ihrem Hund erfolgreich eine Hundeausbildung, z.B. eine Begleithundprüfung nach den Richtlinien des VDH e.V. absolviert haben. Ausreichend ist auch der Nachweis der Teilnahme an einer von den zuständigen Behörden als gleichwertig mit den Regelungen des VDH e.V. anerkannten Hundeausbildung der in der Anlage 1 zu den Durchführungsvorschriften aufgeführten Hundeschulen.

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Erledigung eines Widerspruchsverfahrens

Gemessen hieran hat der Beklagte die von dem Hunde-Sport-Verein H. e.V. ausgestellte Bescheinigung vom 12. August 2008 zu Recht nicht als Nachweis der Sachkunde im Sinne des § 8 NHundG anerkannt.

Zwar hat die Verwaltung die Hundeausbildung des Hunde-Sport-Vereins H. e.V. in der Anlage 1 zu den Durchführungsvorschriften zum NHundG als mit den Regelungen des VDH e.V. gleichwertig anerkannt, so dass der Beklagte eine Bescheinigung über das Bestehen einer Begleithundeprüfung dieser Hundeschule im Grundsatz ohne weitere Prüfung der Gleichwertigkeit im Einzelfall als Nachweis der Sachkunde anzukennen hat. Ein Hundehalter, der die Prüfung an dieser Hundeschule erfolgreich absolviert, hat einen aus dem Gleichheitssatz folgenden Anspruch (Art. 3 Abs. 1 GG), dass die zuständige Behörde nicht zu seinen Ungunsten von der in den Durchführungsvorschriften geregelten Verwaltungspraxis abweicht3. Dies gilt aber nicht, wenn – wie hier – die Prüfungsleistungen offenkundig nicht einmal den eigenen Regelungen dieses Vereins entsprochen haben. Ausweislich der vorgelegte Bestätigung des Hunde-Sport-Vereins H. e.V. vom 12. August 2008 hat die Klägerin die Prüfung nur eingeschränkt absolviert und keine Übungen mit ihrem Hund in der Freifolge durchgeführt. Auch hat der Prüfer allein die Teilnahme der Klägerin an der Begleithundeprüfung bestätigt, nicht aber, dass die Klägerin die Prüfung auch im Ergebnis bestanden hat.

Ein Sachkundenachweis im Sinne des § 8 NHundG setzt auch der Sache nach voraus, dass der Hundehalter praktische Fähigkeiten zum Führen eines Hundes in der Freifolge belegen kann. Anhaltspunkte für den Umfang der nachzuweisenden Fähigkeiten und Kenntnisse in diesem Sinne bietet die Prüfungsordnung des VDH e.V. für die Begleithundeprüfung (Stand: 1. Januar 2004), die verschiedene Übungen in der Freifolge zwingend vorschreibt. Ferner weist auch der Beklagte zutreffend darauf hin, dass ein Hundehalter trotz bestehender Auflagen nicht gänzlich ausschließen kann, dass sich sein Hund etwa versehentlich unangeleint und ohne Maulkorb außerhalb des eigenen Grundstückes bewegt. Auch für diesen Fall ist von dem Hundehalter nach § 8 NHundG der Nachweis zu führen, dass er über die praktischen Fähigkeiten zum Führen seines Hundes verfügt. Ohne Erfolg macht die Klägerin insoweit geltend, sie hätte die Übungen ohne Leine aufgrund des bestehenden Maulkorb- und Leinenzwanges nur eingeschränkt absolvieren können. Die Klägerin hätte die maßgeblichen Übungen in Übereinstimmung mit den geltenden Auflagen auf einem eingezäunten Übungsplatz durchführen können und müssen. Dies hat ihr der Beklagte in diesem Verfahren nochmals ausdrücklich bestätigt. Zum Schutz anderer Hundehalter und ihrer Hunde hätte ihr Hund dabei einen Maulkorb tragen können. Soweit die anderen Hundehalter dazu nicht bereit gewesen sein sollten, geht dies zu Lasten der Klägerin.

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Beschlüsse des Jugendhilfeausschusses - und der Widerwillen des Stadtrats

Verwaltungsgericht Stade, Urteil vom 24. Februar 2010 – 1 A 77/09

  1. LT/DS 14/4006, S. 9[][]
  2. Az. 105/108-12014-58, nicht veröffentlicht[]
  3. vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.08.2006 – 2 B 12.06[]