Wird eine rechtswidrig erteilte Baugenehmigung später (etwa auf Betreiben eines Nachbarn) wieder aufgehoben, so steht dem verhinderten Bauherrn für seine zwischenzeitlichen Aufwendungen ein Schadensersatzanspruch zu. Mit dieser Begründung bejahte kürzlich das Brandenburgische Oberlandesgericht die Haftung eines Landkreis wegen einer vom ihm rechtswidrig erteilten Baugenehmigung.

Die Klägerin in dem jetzt vom OLG entschiedenen Fall ist Eigentümerin eines Grundstücks in Spremberg-Weskow. Auf diesem Grundstück wurde im Jahre 1969 an der Grundstücksgrenze zum Nachbarn ein eingeschossiges Flachdachgebäude errichtet. Dort befand sich bis zur Wende ein Dorfkonsum. Die Klägerin, die dort heute noch ein Lebensmittelgeschäft betreibt, beabsichtigte, das Flachdachgebäude
um ein weiteres Stockwerk aufzustocken und eine Dachgeschosswohnung für ihre Familie zu errichten. Hierfür erhielt sie am 25.7.1994 von dem beklagten Landkreis Spree-Neiße eine Baugenehmigung. Gegen diese Baugenehmigung wehrte sich der Nachbar, dessen Wohnhaus in einem Abstand von ca. fünf Metern entfernt steht, vor dem Verwaltungsgericht Cottbus unter Berufung auf zu geringe Abstandsflächen. Am 28.2.1995 erließ der Landkreis auf Veranlassung des Verwaltungsgerichts einen Baustop. Das Verwaltungsgericht hob durch Urteil vom 25.3.1999 die Baugenehmigung wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen auf. Nachdem sich der Landkreis geweigert hatte, eine Abrissverfügung zu erlassen, wurde er durch Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus hierzu verpflichtet. Er forderte daher die Klägerin mit Bescheid vom 28.12.2006 auf, das Gebäude binnen zwölf Monaten abreißen zu lassen. Die Frist zum Abriss wurde verlängert. Die Vollziehung der Abrissverfügung ist derzeit ausgesetzt.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht Cottbus wegen der erteilten und aufgehobenen Baugenehmigung Klage auf Schadensersatz erhoben. Das Landgericht hat mit Urteil vom 16.1.2008 festgestellt, dass eine Schadensersatzpflicht des Landkreises besteht. Die dagegen gerichtete Berufung des Landkreises hatte teilweise Erfolg. Mit seinem am gestrigen Tag verkündeten Urteil hat das Brandenburgische Oberlandesgericht geurteilt, dass die Klägerin Zahlungen nicht verlangen könne, weil ein Abriss des Gebäudes noch nicht feststehe. Es könne aber festgestellt werden, dass eine Ersatzpflicht des Landkreises für entstandene und zukünftig noch entstehende Schäden bestehe, dies jedoch nicht uneingeschränkt. Der Landkreis hafte nur für solche Schäden, die auf Investitionen und Baumaßnahmen der Klägerin bis einschließlich zum 28.2.1995 beruhten. Nur bis zu diesem Tage habe die Klägerin auf die Rechtmäßigkeit der ihr erteilten Baugenehmigung vertrauen dürfen. An diesem Tag habe sie von dem vom Verwaltungsgericht angeordneten Baustop erfahren. Soweit die Klägerin danach weiter gebaut haben sollte, sei dies auf eigenes Risiko geschehen.
Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Sowohl die Klägerin als auch der Landkreis haben jedoch die Möglichkeit, binnen eines Monats beim Bundesgerichtshof Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen.
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14.10.2008 – 2 U 7/08