Hinsichtlich der Aufnahme in die bei der Anmeldung angegebene Wunschschule besteht im Falle erschöpfter Kapazität lediglich ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung1.

Das Gesetz spricht nur von der „Ermöglichung altersangemessener Schulwege“ (§ 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG) und stellt nicht das Gebot eines möglichst kurzen Schulwegs auf. Gleichwohl ist die Ermessensentscheidung, grundsätzlich die Kinder mit kürzeren Schulwegen zu bevorzugen, nicht zu beanstanden.
Solange sich die Behörde mit ihrer Zuweisungspraxis innerhalb des Bereichs zumutbarer Schulwege bewegt, ist es auch nicht ermessensfehlerhaft, für die Berechnung der Schulweglänge grundsätzlich auf den Zeitpunkt der sog. Organisationskonferenz abzustellen2.
Gemäß § 1 Satz 4 des Hamburgischen Schulgesetzes(HmbSG) ergeben sich aus dem Recht auf schulische Bildung individuelle Ansprüche nur, wenn sie nach Voraussetzungen und Inhalt im Schulgesetz oder aufgrund dieses Gesetzes bestimmt sind. Im Schulgesetz finden sich keine individuellen Ansprüche auf eine konkrete schulische Bildung. Insbesondere folgt aus § 42 HmbSG im Fall erschöpfter Kapazität kein Recht auf Aufnahme in eine bestimmte Schule3. Der Bildungsanspruch ist grundsätzlich auf die Teilnahme an dem vorhandenen Schulwesen beschränkt, das nach Maßgabe des Schulgesetzes einzurichten und zu unterhalten ist4. Das aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. § 42 Abs. 7 HmbSG herzuleitende Teilhaberecht an den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen verleiht einen Anspruch darauf, bei der Verteilung gleichbehandelt zu werden, also nicht ohne vertretbaren Grund gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern benachteiligt zu werden. Ein Anspruch auf Aufnahme in die bei der Anmeldung angegebene Schule besteht gemäß § 42 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 1 HmbSG nur „nach Möglichkeit“, d.h. bei freier Kapazität. Im Falle erschöpfter Kapazität besteht lediglich ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung5.
Diesen Anspruch der Schülerin hat die Schulbehörde nicht verletzt, obwohl sie sie nicht dem Gymnasium A., sondern dem B.-Gymnasium zugewiesen hat. Angesichts der erschöpften Kapazität der Erstwunschschule ist die getroffene Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden.
Schulkapazität
Die Kapazität des Gymnasiums A. zur Aufnahme von Kindern in die Klasse 5 ist erschöpft. Die vierzügig eingerichtete fünfte Jahrgangsstufe des Gymnasiums A. hat ausgehend von einer Höchstzahl von 28 Schülerinnen und Schülern je Klassenzug gemäß § 87 Abs. 1 Satz 2 HmbSG eine Kapazität von 112 Plätzen. Nach den Angaben der Schulbehörde in ihrem Schriftsatz vom 29.07.2014 wurden insgesamt 151 Kinder für das Gymnasium A. angemeldet und die vier Klassen mit 112 Kindern besetzt. Nachträglich sind drei Plätze wieder freigeworden, die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens an die Kinder mit den laufenden Nummern 113, 126, 127 vergeben worden sind. Darüber hinaus gehende Anmeldungen, wie diejenige der Schülerin, lehnte die Schulbehörde aus Kapazitätsgründen ab.
Eine Überschreitung der Kapazität gemäß der gesetzlichen Vorgabe aus § 87 Abs. 1 Satz 2 HmbSG kommt zugunsten der Schülerin nicht in Betracht. Ein atypischer Fall, der unter Umständen ein Abweichen von der Vorgabe des § 87 Abs. 1 Satz 2 HmbSG im Einzelfall rechtfertigen könnte, ist in diesem Eilverfahren nicht ersichtlich. Eine kapazitätsüberschreitende Nachfrage nach dem an der Wunschschule ausgebildeten besonderen Schulprofil als Schule mit bilingualem Zweig bildet keinen gewichtigen Grund im vorgenannten Sinne, welcher eine Erhöhung der Klassenstärke im Ausnahmefall gebietet. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei dem aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. § 42 Abs. 7 HmbSG herzuleitenden Bildungsanspruch um ein Recht auf Teilhabe an den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen, das im Grundsatz lediglich einen Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Verteilung, nicht aber auf Schaffung zusätzlicher Kapazitäten vermittelt. Der Wunsch einer Schülerin oder eines Schülers nach Unterricht an einer Schule, deren Bildungsangebote den vorhandenen Neigungen und Begabungen in besonderem Maße, nämlich in Gestalt eines besonderen Schulprofils, entgegenkommen, ist nachvollziehbar, unterliegt hinsichtlich seiner Realisierbarkeit jedoch dem Vorbehalt des Möglichen im Rahmen der vorhandenen Bildungskapazitäten. Es besteht nach dem Hamburgischen Schulgesetz kein individueller Anspruch auf optimale Förderung der individuellen Begabungen6.
Eine Überschreitung der Kapazitätsgrenze aus Gründen der regionalen Versorgung aller Schülerinnen und Schüler, die gemäß § 87 Abs. 1 Satz 4 HmbSG im Einzelfall möglich ist, kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht7. Im konkreten Fall ist bereits die Versorgung mit Schulplätzen in der Jahrgangsstufe 5 an Gymnasien in dem Stadtteil E., in dem die Schülerin lebt, nicht als lückenhaft zu bezeichnen.
Auswahlentscheidung und Auswahlermessen
Die Schulbehörde hat ermessensfehlerfrei entschieden, dass die Schülerin nicht in die als Erstwunsch angegebene Schule aufgenommen werden kann.
Die Schulbehörde hat ausweislich ihrer Antragserwiderung ihr Ermessen nach der „Handreichung zur Organisation der Aufnahme in Klasse 5 an weiterführenden Schulen“ (Stand: Januar 2014 – Handreichung) ausgeübt. Durch diese von ihr regelmäßig angewandte Verwaltungsvorschrift hat sich die Schulbehörde bei der Verteilung der Schulplätze dahingehend gebunden, dass dann, wenn die Anmeldungen für bestimmte Schulen deren Kapazitäten übersteigen, zunächst Härtefälle und dann Kinder berücksichtigt werden, die bereits ein Geschwisterkind auf der Schule haben. Danach wird anhand des Kriteriums der Schulweglänge eine Entscheidung getroffen. Nachrangig sind Hilfskriterien heranzuziehen. Danach können Zweit- und Drittwünsche berücksichtigt werden.
Diese Auswahlkriterien der Handreichung stehen mit dem Gesetz im Einklang. Übersteigt die Zahl der Anmeldungen für eine Schule deren Aufnahmefähigkeit, werden Schülerinnen und Schüler gemäß § 42 Abs. 7 Satz 2 HmbSG in anderen Schulen aufgenommen. Maßgeblich sind gemäß § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG die geäußerten Wünsche und die Ermöglichung altersangemessener Schulwege sowie die gemeinsame schulische Betreuung von Geschwistern. Die im Gesetz genannten Auswahlkriterien stehen in keinem Rangverhältnis zueinander. Ein solches ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift8. Die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens und damit auch die Reihenfolge der Auswahl ist danach ausdrücklich Verwaltungsvorschriften zur gleichmäßigen Ausübung des Ermessens überlassen worden9. Obwohl im Wortlaut von § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG nicht enthalten und auch vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung nicht ausdrücklich erwähnt, ist es nicht zu beanstanden, dass die Schulbehörde in besonderen Ausnahmefällen vorab Plätze nach Härtegesichtspunkten verteilt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es gebieten, einen Schulbewerber in besonders gelagerten, außergewöhnlichen Einzelfällen an seiner Wunschschule aufzunehmen10.
Ausgehend von den Auswahlkriterien durfte die Schulbehörde eine Aufnahme der Schülerin in die Klasse 5 des Gymnasiums ablehnen und sie stattdessen dem B.-Gymnasium zuweisen. Die an der Erstwunschschule aufgenommenen Kinder waren gegenüber der Schülerin vorrangig zu berücksichtigen nach dem Kriterium des Härtefalls, des Geschwisterkinds oder der Schulweglänge. Die Zuweisung an das B.-Gymnasium erweist sich auch nicht aus sonstigen Gründen als rechtswidrig.
Ausweislich der von der Schulbehörde eingereichten Schülerliste wurde ein Kind als Härtefall aufgenommen, für das als Erstwunsch das Gymnasium A. angegeben worden war.
Die Schülerin selbst kann sich hingegen nicht auf einen Härtefall berufen. Ein solcher wäre nur dann anzunehmen, wenn aufgrund ihrer besonderen Lebensumstände der Besuch des B.-Gymnasiums unzumutbar wäre und einzig der Besuch des Gymnasiums A. zumutbarerweise in Betracht käme11.
Derartige Umstände hat die Schülerin jedoch nicht glaubhaft gemacht.
Sie hat zur Begründung eines Härtefalles zum einen auf ihr großes Interesse an der englischen Sprache hingewiesen. Sie habe im Fach Englisch die Note 2, und ihre Klassenlehrerin vertrete die Auffassung, dass das Gymnasium A. wegen des bilingualen Zweigs eine sehr gute Wahl für sie sei. Ihr Vater sei Geschäftsführer in einer Reederei, die zu 80 % englischsprachig ausgerichtet sei, so dass sie, die Schülerin, schon sehr früh Kontakt mit der englischen Sprache gehabt habe. Ein Teil ihrer Familie lebe in den USA, was sie für einen längeren Auslandsaufenthalt nutzen wolle. Sie befasse sich gerne mit der englischen Sprache durch Mitsingen von englischen Liedtexten bzw. durch Mitwirken an einem kleinen englischen Theaterstück in der Grundschule. Zudem habe sie vielfältige kreative Neigungen, die am Gymnasium A., das neben dem Kunstprofil nachmittags vielfältige Arbeitsgemeinschaften anbiete, würden gut gefördert werden können. Der Wunsch der Schülerin und ihrer Eltern nach einer möglichst intensiven Förderung der englischen Sprache ist vor diesem Hintergrund zwar ebenso nachvollziehbar wie der Wunsch nach einer Förderung der kreativen Neigungen der Schülerin. Auch verkennt das Verwaltungsgericht nicht, dass das Angebot des Gymnasiums A., an dem alle Schüler in den Klassen 5 und 6 zusätzlich zu den am Gymnasium vorgesehenen Englischstunden zwei weitere Stunden Englischunterricht pro Woche erhalten und ab Klasse 7 die Möglichkeit besteht, den bilingualen Ausbildungszweig12 zu wählen, eine Besonderheit darstellt, die nur an wenigen Hamburger Gymnasien angeboten wird. Gleichwohl vermag der Umstand, dass die Schülerin durch die Zuweisung an das B.-Gymnasium voraussichtlich weder von diesem Vorteil noch von dem von ihr als „Kunstprofil“ bezeichneten Angebot des Gymnasiums A. wird profitieren können, keinen Härtefall zu begründen. Der Wunsch einer Schülerin oder eines Schülers nach Unterricht an einer Schule, deren Bildungsangebote den vorhandenen Neigungen und Begabungen in besonderem Maße, nämlich in Gestalt eines besonderen Schulprofils, entgegenkommen, ist zwar nachvollziehbar, unterliegt hinsichtlich seiner Realisierbarkeit jedoch dem Vorbehalt des Möglichen im Rahmen der vorhandenen Bildungskapazitäten. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG herzuleitenden Bildungsanspruch um ein Recht auf Teilhabe an den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen handelt, das im Grundsatz einen Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Verteilung, nicht jedoch auf Zuweisung zu einem bestimmten Schulprofil vermittelt. Auch folgt aus § 3 Abs. 3 HmbSG, wonach Unterricht und Erziehung so auszugestalten sind, dass Schülerinnen und Schüler in ihren individuellen Fähigkeiten und Begabungen, Interessen und Neigungen gestärkt und bis zur vollen Entfaltung ihrer Leistungsfähigkeit gefördert und gefordert werden, kein individueller Anspruch auf Zuweisung zu einer bestimmten Schule. Die Norm gibt lediglich Vorgaben für die Gestaltung des Unterrichts, begründet jedoch keinen Anspruch auf optimale Förderung der individuellen Begabungen13.
Es ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass die Schulbehörde aufgrund der persönlichen Situation der Schülerin keinen Härtefall angenommen hat. Die Schülerin hat ausgeführt, dass ihre Eltern sich Anfang des Jahres getrennt hätten und sie sich aufgrund des Umzugs mit ihrer Mutter an ihre neue Umgebung gewöhnen müsse. Zudem habe ihre Großmutter eine schwere Gehirnblutung erlitten und sei seitdem halbseitig gelähmt. Die Schülerin habe ein sehr inniges Verhältnis zu ihrer Großmutter und sei über ihre Krankheit sehr traurig. Zwar verkennt das Verwaltungsgericht nicht, dass die Bewältigung einer solchen Lebenssituation für ein so junges Kind sicherlich schwierig ist und Zeit benötigt. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Schülerin nur dann in der Lage ist, diese Situation zu verarbeiten und zu bewältigen, wenn sie das Gymnasium A. besucht. Auch wenn es für das Verwaltungsgericht nachvollziehbar ist, dass die geschilderten Umstände die Schülerin belasten, muss letztlich jedes von einer Trennung seiner Eltern und einem Umzug betroffene Kind die neue Situation verarbeiten und bewältigen lernen. Mit dem Übergang in die weiterführende Schule steht die Schülerin ebenso wie alle anderen Kinder ihres Alters unmittelbar vor einem neuen Lebensabschnitt, den sie – unabhängig davon, welche Schule sie besuchen wird – wird meistern müssen. Der Übergang in die weiterführende Schule bedeutet für alle Kinder eine neue soziale Situation mit neuen sozialen Beziehungen. Ihre engen Freundschaften mit den Mädchen, die nach ihrem Vortrag einen Platz am Gymnasium A. erhalten haben, kann die Schülerin auch pflegen, wenn sie selbst nicht das Gymnasium A. besucht.
Soweit die Schülerin zur Begründung eines Härtefalls weiter vorträgt, auf die Nachmittagsbetreuung am Gymnasium A. angewiesen zu sein, weil ihre Mutter seit der Trennung von ihrem Vater wieder als Immobilienmaklerin arbeite und sich zudem zeitintensiv um ihre pflegebedürftige Mutter kümmere, führt dies ebenfalls nicht dazu, dass die Zuweisung zum B.-Gymnasium unzumutbar wäre. Zwar ist die aus dem Konflikt von Berufstätigkeit und Kinderbetreuung resultierende Belastung der Mutter der Schülerin nachzuvollziehen. Ein gesteigerter Betreuungsbedarf wegen einer Berufstätigkeit der alleinerziehenden Mutter stellt jedoch keinen derart seltenen Einzelfall dar, in dem die Zuweisung zu einer anderen als der gewünschten Schule zu unzumutbaren Konsequenzen für die Betroffenen führen würde14. Zudem bietet das B.-Gymnasium ausweislich der auf der Internetseite der Schule zur Verfügung stehenden Informationen ebenfalls eine sog. Ganztagsbetreuung sowie eine Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag an.
Nach dem Kriterium des Geschwisterkinds haben 29 Kinder einen Platz erhalten, für die als Erstwunsch das Gymnasium A. angegeben worden war. Die Schülerin konnte nicht nach diesem Kriterium aufgenommen werden, da sie nicht gemeinsam mit einem Geschwisterkind die Erstwunschschule besuchen wird.
Auch die vorrangige Zulassung von Kindern, die nach dem Schulwegroutenplaner zum Zeitpunkt der Organisationskonferenz einen kürzeren Schulweg als die Schülerin haben, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Nach der aufsteigenden Schulweglänge von 178 m bis 1.643 m wurden 82 Kinder aufgenommen, für die als Erstwunsch das Gymnasium A. angegeben worden war. Die Schülerin konnte nach dem Kriterium des Schulwegs keinen Platz erhalten. Der Schulweg der Schülerin, die bis zu ihrem Umzug am 22.03.2014 in der F.-Straße … wohnte, bis zum Haupteingang des Gymnasiums A. in der G.-Straße 35 betrug zum Zeitpunkt der Organisationskonferenz am 13.02.01.996 m und überstieg damit die Schulwege aller aufgrund des Schulwegkriteriums aufgenommenen Kinder. Zugrunde gelegt wurden dabei die Wegstrecken gemäß dem Schulwegroutenplaner, der im Internet unter www.hamburg.de/schulweg allgemein zugänglich ist und dessen Verwendung einheitliche Ergebnisse zur Folge hat15.
Dass die Schülerin nach ihrem am 22.03.2014 erfolgten Umzug in die D.-Straße … nur noch 657 m vom Gymnasium A. entfernt wohnt, führt nicht dazu, dass sie nunmehr einen Anspruch auf Aufnahme in die dortige fünfte Klasse hat.
Denn die Schulbehörde durfte im vorliegenden Fall bei der Berechnung der Schulweglänge ermessensfehlerfrei auf den Zeitpunkt der Organisationskonferenz am 13.02.2014 abstellen.
Dies folgt daraus, dass die Praxis der Schulbehörde, grundsätzlich die Kinder mit kürzeren Schulwegen zu bevorzugen, gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, sondern nur eine – rechtlich zulässige – Ermessensentscheidung darstellt. Denn das Gesetz spricht nur von der „Ermöglichung altersangemessener Schulwege“ (§ 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG) und stellt nicht das Gebot eines möglichst kurzen Schulwegs auf. Es gibt damit der Verwaltung gerade nicht vor, dass immer der kürzere Schulweg vorzugswürdig ist, sondern hat unmittelbar nur die Funktion einer Kappungsgrenze, die unzumutbare Schulwege ausschließen soll16. Gleichwohl ist die Ermessensentscheidung, grundsätzlich die Kinder mit kürzeren Schulwegen zu bevorzugen, nicht zu beanstanden. Denn zum einen ist ein kürzerer Schulweg grundsätzlich sicherer und bindet weniger Zeit und Kraft des Schulkindes. Zum anderen ist eine regionale Verortung von Schulen wünschenswert, da die Schüler dann ihre Mitschüler im Wohnumfeld der Schule finden werden und zu diesen ohne besonderen Aufwand auch außerschulischen Kontakt pflegen können. Schließlich ist ein weiterer Vorteil der Vergabe der Schulplätze nach aufsteigender Länge des Schulwegs, dass dieses Kriterium leicht zu handhaben ist und klare und darstellbare Entscheidungen ermöglicht17.
Solange sich die Schulbehörde aber mit ihrer Praxis, grundsätzlich die Kinder mit kürzeren Schulwegen zu bevorzugen, innerhalb der oben beschriebenen Grenzen des Gesetzes, nämlich innerhalb des Bereichs zumutbarer Schulwege, bewegt, ist es auch nicht ermessensfehlerhaft, hinsichtlich des Zeitpunkts für die Berechnung der Schulweglänge grundsätzlich auf die sog. Organisationskonferenz vom 13.02.2014 abzustellen2. Zwar benennt § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG keinen Stichtag. Nach dem Zweck der Vorschrift, der auf die möglichst gerechte Verteilung einer großen Anzahl von Schülerinnen und Schüler auf die Schulen auch unter Beachtung von Kapazitätsengpässen gerichtet ist, erscheint aber die Anwendung einer Stichtagsregelung grundsätzlich rechtmäßig. Die Schulweglänge kann sich aufgrund eines Umzugs in der Zukunft grundsätzlich bei jeder Schülerin und jedem Schüler zu jedem Zeitpunkt ändern, was aber nicht dazu führen darf, dass die Verteilungsentscheidungen dadurch immer wieder in Frage gestellt werden. Dies gilt auch schon vor Eintritt der Bestandskraft der jeweiligen Zuweisungsentscheidungen. Unter Beachtung des Vertrauensschutzes der Schülerinnen und Schüler, die eine Zuweisung an ihre Wunschschule erhalten haben, und zur Gewährleistung der Praktikabilität des Verteilungsverfahrens darf die Situation zu einem bestimmten Stichtag grundsätzlich für die Verteilung zugrunde gelegt werden. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn für diesen Stichtag auf die Organisationskonferenz abgestellt wird, weil zu diesem Zeitpunkt die wesentlichen Entscheidungen zur Bewältigung der Schülerverteilung getroffen werden. Soweit, wie im Fall der Schülerin, zum Zeitpunkt der Organisationskonferenz keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sich der Wohnort einer Schülerin oder eines Schülers demnächst ändern wird, darf die Schulbehörde mithin auf diesen Zeitpunkt für das Kriterium der Schulweglänge abstellen2.
Die gesetzlichen Grenzen des Ermessens der Schulbehörde sind allerdings dann erreicht, wenn der Umzug des betroffenen Kindes dazu führt, dass der Schulweg zu der Schule, der es auf Grundlage der Berechnungen zum Zeitpunkt der Organisationskonferenz zugewiesen worden ist, nunmehr unzumutbar i.S.d. § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG ist. Denn dann greift die oben beschriebene „Kappungsgrenze“ des Gesetzes, hinter der organisatorische Erwägungen sowie Fragen der Praktikabilität aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit zurückstehen müssen. Dabei kommt es für die Frage, ob ein Schulweg i.S.d. § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG zumutbar ist oder nicht, nicht auf den Zeitpunkt der Organisationskonferenz an, sondern auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bzw. im Falle eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor Gericht an. Dies folgt aus dem materiellen Gehalt der Vorschrift des § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG, die sicherstellen soll, dass die Kinder die Schule in tatsächlicher Hinsicht – und nicht nur theoretisch – auf zumutbarem Wege erreichen können. Dies schließt es aus, für die Frage der Zumutbarkeit auf einen früheren, durch die Behörde aus organisatorischen Gründen festgelegten Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Schule noch gar nicht besucht wird und die Schulweglänge daher keine tatsächliche Bedeutung haben kann, sondern erfordert es, auf die tatsächlichen Gegebenheiten während des Schulbesuchs abzustellen.
Diese gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind im Fall der Schülerin allerdings nicht erreicht. Denn auch nach ihrem Umzug in die D.-Straße kann die zehnjährige Schülerin das B.-Gymnasium, das seit ihrem Umzug lediglich 1.419 m von ihrer Wohnung entfernt liegt und für sie sogar fußläufig zu erreichen ist, in zumutbarer Weise erreichen18.
Die Entscheidung der Schulbehörde, die Schülerin nicht dem Gymnasium A. zuzuweisen, ist voraussichtlich auch nicht aus anderen Gründen ermessensfehlerhaft.
Insbesondere war die Schulbehörde nicht gehalten, wegen des besonderen Unterrichtsangebots der Schule ein Kontingent der zu vergebenden Schulplätze für solche Schülerinnen und Schüler freizuhalten, die in größerer Entfernung zur Schule wohnen und daher über das Kriterium der Schulweglänge nicht aufgenommen werden. Der Wortlaut des § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG stellt ausdrücklich auf die „geäußerten“ Wünsche und nicht auf deren Gewicht oder Bedeutung ab. Der Gesetzgeber hielt eine Bildung der Gruppe „Wünsche“ ebenfalls nicht für erforderlich19. Die geäußerten Wünsche hat die Schulbehörde derart berücksichtigt, dass die Schülerinnen und Schüler, deren Eltern das Gymnasium A. als Erstwunsch angegeben haben, vorrangig vor den Schülerinnen und Schülern berücksichtigt worden sind, für die die Schule nur der Zweit- oder Drittwunsch war. Da bereits die Zahl der Schüler mit Erstwunsch die Aufnahmekapazität überschritten hat, musste die Schulbehörde in Bezug auf den Elternwunsch als solches nicht weiter differenzieren. Insbesondere ist eine Unterscheidung nach den den Erstwünschen zugrundeliegenden Beweggründen nicht geboten20. Die Schulbehörde war daher rechtlich nicht gehalten, innerhalb der Gruppe der Erstwünsche danach zu gewichten, ob ein besonderes sachliches Interesse an dem speziellen Unterrichtsangebot bzw. dem Profil der Wunschschule besteht und derartige Fälle ggf. quotiert vor der Verteilung nach der Länge des Schulwegs und den anderen gesetzlichen Verteilungskriterien zu berücksichtigen21.
Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 18. August 2014 – 2 E 3484/14
- VG Hamburg, ständige Rspr. der Verwaltungsgericht, z.B. Beschluss vom 8.08.2014, 2 E 3555/14 4 m.w.N.[↩]
- vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 19.08.2010, 15 E 2056/10; Beschluss vom 11.08.2010, 2 E 1802/10[↩][↩][↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 29.08.2005, NVwZ-RR 2006, 401[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2011, NordÖR 2011, 561 8[↩]
- VG Hamburg, ständige Rspr., z.B. Beschluss vom 8.08.2014 – 2 E 3555/14, m.w.N.[↩]
- vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2011, 1 Bs 137/11, juris; Beschluss vom 27.07.2004, 1 Bs 306/04[↩]
- vgl. zu den engen Voraussetzungen dieser Vorschrift: VG Hamburg, Beschluss vom 5.07.2010, 15 E 1593/10[↩]
- vgl. Bü-Drs.19/3195, S. 18[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2011, NordÖR 2011, 561 13; VG Hamburg, Beschluss vom 17.07.2013, 2 E 2727/13 22[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 17.07.2013, 1 Bs 213/13 16[↩]
- vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 15.07.2010, 2 E 1799/10[↩]
- englischsprachiger Fachunterricht in Geschichte, Geographie und Biologie[↩]
- vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2011, 1 Bs 137/11 8[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 22.08.2011, 1 Bs 157/11; VG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2014, 2 E 3555/14; Beschluss vom 26.07.2013, 2 E 2420/13[↩]
- VG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2014, 2 E 3555/14 18[↩]
- vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 19.08.2010, 15 E 2056/10[↩]
- vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 19.08.2010, 15 E 2056/10; Beschluss vom 12.08.2010, 15 E 1839/10; Beschluss vom 12.08.2010, 15 E 1512/10[↩]
- vgl. zur Zumutbarkeit eines knapp 2 km langen Schulweges für einen Erstklässler: VG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2014, 2 E 3577/14; Beschluss vom 12.01.2011, 15 E 3433/11 28; Beschluss vom 8.08.2014, 2 E 3577/14[↩]
- vgl. Bü-Drs.19/3195, S.18[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2011, 1 Bs 137/11 11; VG Hamburg, Beschluss vom 8.08.2014, 2 E 3417/14; Beschluss vom 11.08.2011, 2 E 1788/11[↩]
- vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 2.08.2013, 1 Bs 235/13; Beschluss vom 17.07.2013, 1 Bs 213/13[↩]