Sperzeitverlängerung für Spielhallen

Fehlt es für eine Sperrzeitverlängerung für Spielhallen an dem erforderlichen atypischen örtlichen Gefahrenpotenzial, so ist eine dementsprechende Verordnung über die Festsetzung einer verlengerten Sperrzeit unwirksam.

Sperzeitverlängerung für Spielhallen

Mit dieser Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in den hier vorliegenden Fällen den Normenkontrollanträge von fünf Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen Erfolg, die in Pforzheim Spielhallen betreiben. Gegenstand des Verfahrens war eine Verordnung der Stadt Pforzheim, die das Ende der (um 0 Uhr beginnenden) allgemeinen Sperrzeit für Spielhallen von 6 Uhr auf 11 Uhr hinausschob. Die Stadt verfolgte mit dieser Verlängerung der Sperrzeit das Ziel, Spielhallengäste vor Ausbeutung zu bewahren und der Entstehung von Spielsucht entgegenzuwirken. Sie stützte sich insbesondere auf ein statistisch belegtes stetiges und sprunghaftes Anwachsen von Geldspielgeräten in Pforzheimer Spielhallen, eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt geringere Zahl von Einwohnern je Spielhallen-Geldspielgerät sowie eine gestiegene Nachfrage nach Beratung in ihrer psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle für Suchtkranke. Die Antragsteller sahen sich in ihrer Berufsfreiheit verletzt und argumentierten, eine Verlängerung der Sperrzeit sei mangels eines atypischen örtlichen Sachverhalts nicht gerechtfertigt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg sei eine Verlängerung der in der Gaststättenverordnung des Landes Baden-Württemberg für Spielhallen bestimmten allgemeinen Sperrzeit nur bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse zulässig. Insoweit könnten zwar auch Gesichtspunkte des Spielerschutzes und der Eindämmung von Spielsucht eine Sperrzeitverlängerung rechtfertigen. Dies erfordere aber ein atypisches Gefahrenpotenzial im Zuständigkeitsbereich des örtlichen Verordnungsgebers, das insbesondere auch die im Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zum Ausdruck kommenden Wertungen des Gesetzgebers in Frage stelle. Ein solches besonderes Gefahrenpotenzial sei in Pforzheim nicht erkennbar. Es ergebe sich zunächst nicht durch das stetige und sprunghafte Anwachsen der Zahl in Pforzheim aufgestellter Geldspielgeräte in Spielhallen. Denn diese Entwicklung entspreche einem landesweiten Trend und sei keine örtliche Besonderheit gerade der Stadt Pforzheim, wie die Marktentwicklung der Geldspielgeräte in Spielhallen von 2006 bis 2012 in Baden-Württemberg verdeutliche. Für das Verhältnis von Einwohnern je Spielhallen-Geldspielgerät gelte nichts Anderes. Es gebe in Baden-Württemberg zahlreiche Kommunen mit einer noch niedrigeren oder in etwa gleichen Quote wie in Pforzheim. Schließlich sei auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass in Pforzheim die schädlichen Folgen des Missbrauchs von Glücksspiel deutlicher als in anderen Gemeinden Baden-Württembergs zu Trage träten. Die Stadt habe zwar dargelegt, dass der Beratungsbedarf in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen sei und dass neue Spielautomaten schneller zur Abhängigkeit führten. Dass sich diese Entwicklung in Pforzheim signifikant deutlicher als in anderen Gemeinden manifestiere, lasse sich den vorgelegten Unterlagen aber nicht entnehmen.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteile vom 20. September 2012 – 6 S 389/12 und 6 S 544/12