Tatbestandsberichtigung – bei nicht anfechtbaren Entscheidungen

Für einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands eines nicht anfechtbaren Beschlusses (hier: eines Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts) fehlt regelmäßig das Rechtsschutzinteresse.

Tatbestandsberichtigung – bei nicht anfechtbaren Entscheidungen

In einem solchen Fall ist der Antrag auf Tatbestandsberichtigung, über den das Bundesverwaltungsgericht nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 119 Abs. 2 Satz 3, § 122 Abs. 1 VwGO durch die an der Abfassung des angegriffenen Beschlusses vom 07.07.2022 beteiligten Richter entscheidet1, unzulässig.

Der Antrag ist zwar grundsätzlich statthaft und (hier:) innerhalb der Frist des § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 119 Abs. 1 VwGO von zwei Wochen nach Zustellung des angegriffenen Beschlusses eingegangen.

Für einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes eines nicht anfechtbaren Beschlusses der Wehrdienstsenate fehlt hier jedoch das Rechtsschutzinteresse, weil der Zweck eines solchen Antrages nicht erreicht werden kann. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit derartige Anträge gegen seine unanfechtbaren Beschlüsse ohne Einschränkungen als zulässig behandelt hat2, hält er hieran nicht fest.

Denn der Tatbestandsberichtigungsantrag ist vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf die urkundliche Beweiskraft, die dem Tatbestand nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 314 ZPO zukommt, zugelassen worden. Er soll verhindern, dass infolge dieser Beweiskraft ein unrichtig beurkundeter Prozessstoff Grundlage für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wird. Deshalb unterliegt der Tatbestand eines nicht anfechtbaren Urteils grundsätzlich nicht der Tatbestandsberichtigung gemäß § 119 Abs. 1 VwGO; anderes gilt nur, soweit ein solches Urteil urkundliche Beweiskraft entfaltet, so etwa bei der Wiedergabe der Anträge oder von Prozesserklärungen3. Insbesondere bedarf es eines Tatbestandsberichtigungsantrages nicht zur Substantiierung einer Gehörsverletzung, die mit einer Anhörungsrüge oder einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden soll4.

Weiterlesen:
Die fehlenden Sachverhaltsdarstellung im Beschluss

Hier rügt der Antragsteller eine unvollständige Dokumentation seines Vorbringens in der Begründung des von ihm mit einer Anhörungsrüge angegriffenen Beschlusses vom 07.07.2022. Er beanstandet die unterbliebene Wiedergabe von im Einzelnen bezeichneten Elementen seines Vortrages. Insbesondere verweist er auf seine Vorlage von Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der InEK-Daten, auf verschiedene von ihm vorgelegte bzw. in Bezug genommene Studien, einzelne Sätze seiner Ausführungen zur Verletzung seiner Grundrechte, seine Einwendungen gegen einzelne Studien, seine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Vertreter des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, sein Vorbringen zu den Risiken eines Impfstoffes und seinen Vortrag zum Fehlen verschiedener Prüfungen im Impfstoffzulassungsverfahren.

Damit trägt er nicht vor, dass Anträge oder Prozesserklärungen nicht in den Tatbestand aufgenommen worden seien, sodass hier keiner der oben angeführten Ausnahmefälle vorliegt. Vielmehr wird allein die Auslassung von dem Antragsteller selbst wesentlich erscheinenden Teilen seines Sach- und Rechtsvortrages gerügt.

Die gegen die Tatbestandsangaben im Beschluss vom 07.07.2022 erhobenen Rügen wären zudem unbegründet. Denn der Antragsteller verkennt, dass nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO der Sach- und Streitstand nur seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen ist. Der angegriffene Beschluss fasst den sehr umfangreichen Vortrag des Antragstellers zusammen und referiert ihn in groben Umrissen, macht aber deutlich, dass der Antragsteller die Verletzung zahlreicher Vorschriften des Europa- und Völkerrechts, des deutschen Verfassungs- und einfachen Gesetzesrechts rügt und sowohl das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Duldungspflicht als auch die pflichtgemäße Ausübung von Ermessen angreift. Wegen der Einzelheiten wird im angegriffenen Beschluss ausdrücklich auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Damit sind die von ihm zum Nachweis seines tatsächlichen Vortrages vorgelegten Studien und Ausdrucke von diversen Internetseiten ebenso erfasst wie der detaillierte Gang seiner rechtlichen Argumentation. Es liegt keine Auslassung wesentlicher Punkte vor, soweit die Wiedergabe von Einzelheiten des Sach- und Streitstandes – wie hier – durch eine Bezugnahme nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO ersetzt wird5.

Weiterlesen:
Die Nutzung eines Nebenraums für geschlossene Veranstaltungen

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. Mai 2023 – 1 WB 5.22

  1. vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1986 – 2 CB 5.85, Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 3[]
  2. vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.11.1972 – 1 WB 99.72; vom 12.09.1974 – 1 WB 47.73 , 1 WB 75.73; vom 24.03.1981 – 1 WB 161.77 , 1 WB 166.77; und vom 12.02.1982 – 1 WB 118.81[]
  3. BVerwG, Beschluss vom 27.01.2022 – 9 A 10.20 2[]
  4. BVerwG, a. a. O., Rn. 3[]
  5. vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.03.2015 – 16 A 1494/14 2; Sächs. OVG, Beschluss vom 20.07.2015 – 1 A 238/13 3[]

Bildnachweis:

  • Bundesverwaltungsgericht: Robert Windisch