Telefonbücher vor dem EuGH

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens zur Klärung der Frage angerufen, inwieweit Telekommunikationsunternehmen verpflichtet sind, anderen Unternehmen Teilnehmerdaten zum Zweck der Bereitstellung von Teilnehmerverzeichnissen und Auskunftsdiensten zur Verfügung zu stellen.

Telefonbücher vor dem EuGH

Vor dem Bundesverwaltungsgericht streiten derzeit die Deutsche Telekom AG und die Bundesnetzagentur darüber, in welchem Umfang die klagende Deutsche Telekom AG Teilnehmerdaten, die sie in ihren eigenen Telefonbüchern bzw. über ihre eigene Telefonauskunft „11833″ veröffentlicht, auch konkurrierenden Anbietern von Auskunftsdiensten zur Verfügung stellen muss. Die Deutsche Telekom macht die Herausgabe bisher davon abhängig, dass weder der betroffene Teilnehmer noch ein etwa datenliefernder Dritter die Veröffentlichung ausschließlich durch die Deutsche Telekom wünscht. Auch hält sich die Deutsche Telekom nicht für verpflichtet, auch diejenigen Daten weiterzugeben, die zwar in ihren eigenen Verzeichnissen veröffentlicht werden, aber von Teilnehmern anderer Netzbetreiber stammen.

Auf Antrag zweier Wettbewerber verpflichtete die Bundesnetzagentur jedoch die Deutsche Telekom, die Daten künftig ohne diese Beschränkung Nachfragern zur Verfügung zu stellen. Das Verwaltungsgericht Köln bestätigte die Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur, da vollständige Teilnehmerverzeichnisse und umfassende Auskunftsdienstleistungen in einem liberalisierten Telekommunikationsumfeld nur so erreichbar seien. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Wie schon in erster Instanz das Verwaltungsgericht Köln hat nun auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die im deutschen Telekommunikationsgesetz vorgesehene Verpflichtung zur Überlassung von Teilnehmerdaten dahin ausgelegt, dass jeder Anbieter von Telefondiensten alle bei ihm vorhandenen und von ihm selbst zur Veröffentlichung vorgesehenen Teilnehmerdaten auch an konkurrierende Anbieter von Teilnehmerverzeichnissen und Auskunftsdiensten herauszugeben hat. Nur so lässt sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts der Zweck der Weitergabepflicht erfüllen, der darauf gerichtet ist, tragfähige Wettbewerbsstrukturen auf den Märkten für Teilnehmerverzeichnisse und Auskunftsdienstleistungen zu ermöglichen und nachhaltig zu fördern. Die von der Deutschen Telekom befürworteten Einschränkungen gefährden dieses Ziel und können sich auf keine überzeugenden Gründe stützen. Insbesondere verlangt der Datenschutz zwar, dass jeder Teilnehmer selbst bestimmen kann, ob und mit welchen Daten er in Teilnehmerverzeichnisse und Auskunftsdienste aufgenommen werden will, nicht aber die Möglichkeit, eine grundsätzlich gewünschte Veröffentlichung auf einzelne Unternehmen zu beschränken.

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Fraglich ist allerdings, ob die so verstandene, weite Pflicht zur Weitergabe der zur Veröffentlichung bestimmten Teilnehmerdaten an konkurrierende Unternehmen mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Das Bundesverwaltungsgericht war daher verpflichtet, zur Klärung dieser Frage eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg einzuholen. Bis dahin hat es das bei ihm anhängige Verfahren ausgesetzt.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Oktober 2009 – 6 C 20.08