Der Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan – und die Fertigstellung der Bebauung

Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag eines Umweltverbandes gegen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan entfällt nicht mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme des Vorhabens. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jetzt für einen Normenkontrollantrag des BUND gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für die Lindauer Therme entschieden.

Der Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan – und die Fertigstellung der Bebauung

Der antragstellende BUND wendet sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 110 „Therme und Freizeitbad, Eissporthalle“ der Antragsgegnerin. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag abgelehnt1. Dieser sei nachträglich unzulässig geworden. Es fehle das für ein Normenkontrollverfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Therme nahezu fertiggestellt sei. Die Baugenehmigung für den Bau der Therme mit Eissporthalle sei aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs2 bestandskräftig. Sie fülle den angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan vollständig aus. Eine weitere Genehmigung könne nicht erteilt werden. Das Bauvorhaben sei zwar noch nicht vollständig verwirklicht, die wesentlichen Baukörper seien jedoch bereits errichtet. Die Fertigstellung befinde sich in der Endphase. Es sei nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, inwiefern sich die Rechtsstellung des antragstellenden BUND verbessern könne, wenn der Bebauungsplan für unwirksam erklärt würde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gelange daher zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller vorliegend keine reale Chance habe, seine Position in Bezug auf sein Ziel – die Verhinderung des Bauvorhabens – durch Fortführung des Normenkontrollverfahrens noch zu verbessern.

Die hiergegen gerichtete, vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene3 Revision war vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolgreich und führte zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof:

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Der Normenkontrollantrag ist zulässig, entschied das Bundesverwaltungsgericht. Dem BUND könne insbesondere das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden. Zwar sei auch für einen Umweltverband ein Rechtsschutzbedürfnis zu fordern. Dieses ist aber bei der hier nach § 2 Abs. 1 UmwRG bestehenden Antragsbefugnis grundsätzlich gegeben.

Es entfällt auch nicht ausnahmsweise deshalb, weil die Therme zwischenzeitlich fertiggestellt und in Betrieb genommen worden ist. Sollte der Normenkontrollantrag erfolgreich sein, besteht die Möglichkeit einer erneuten Bauleitplanung. Auf eine solche Neuplanung kann ein Umweltverband wegen seiner ihm durch geltendes Recht eingeräumten besonderen Stellung hinwirken. Die Neuplanung kann zu einer Verbesserung des Umweltschutzes beitragen. Für sie können die Erkenntnisse aus dem Normenkontrollverfahren nutzbar gemacht werden. Folglich ist eine Entscheidung in der Sache nicht nutzlos.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. Januar 2023 – 4 CN 8.21

  1. BayVGH, Beschluss vom 10.12.2020 – 2 N 18.632[]
  2. BayVGH, Beschluss vom 08.10.2020 – 2 ZB 19.449[]
  3. BVerwG, Beschluss vom 05.10.2021 – 4 BN 12.21[]