Jumbos auf Münster/Osnabrück?

Naturschutz oder Interkontinentalflugverkehr? Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute über den Ausbau des Flughafens Münster/Osnabrück zu einem Verkehrsflughafen für den Interkontinentalverkehr entschieden und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Jumbos auf Münster/Osnabrück?

Der Kläger, ein Umwelt- und Naturschutzverband, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Verlängerung der Start- und Landebahn des Flughafens Münster/Osnabrück von derzeit 2 170 m auf 3 600 m. Die Verlängerung der Bahn macht die Querung des Eltingmühlenbachs notwendig, der unter anderem wegen des Auenwaldes und bestimmter Tierarten (Bachneunauge) als ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (sog. FFH-Gebiet) geschützt ist. Der Bach ist Teil eines europäisch geschützten Natura-2000-Gebiets. Auf einer Länge von 390 m soll der Bach übertunnelt und über Lichtschächte beleuchtet werden. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat die Klage abgewiesen: Das Ziel, den Flughafen für den Interkontinentalverkehr auszubauen, rechtfertige, so das OVG Münster,  trotz Prognoseunsicherheiten die Zulassung des Vorhabens im Wege einer Abweichungsentscheidung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts bestätigt, dass die Behörde keine Stellungnahme der EU-Kommission einholen musste. Eine Stellungnahme der EU-Kommission ist nicht bereits dann erforderlich, wenn – wie hier – in dem betroffenen Natura-2000-Gebiet auch prioritäre Biotope vorkommen, durch die Maßnahme aber nicht erheblich beeinträchtigt werden. Beanstandet hat das Bundesverwaltungsgericht dagegen, dass das Oberverwaltungsgericht dem Ausbauvorhaben trotz der festgestellten Unsicherheiten der Bedarfsprognose von vornherein einen besonderen Stellenwert beigemessen und damit nicht hinreichend den Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung berücksichtigt hat. Bei einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets setzt die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Ausnahme voraus, dass das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist. Zwar müssen keine Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Bei der Gewichtung der im öffentlichen Interesse liegenden Gründe für den Ausbau muss aber der Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung berücksichtigt werden. Die Sache war deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Es wird die Gründe für den Ausbau und die Belastbarkeit der Bedarfsprognose für den Interkontinentalverkehr erneut zu gewichten haben. Erst auf dieser Grundlage kann entschieden werden, ob die Gründe für den Ausbau überwiegen und sich gegenüber dem Schutz des Natura-2000-Gebiets durchsetzen.

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