Tierversuchsrichtlinie

Künftig sollen weniger Versuchstiere zu wissenschaftlichen Zwecken eingesetzt werden. Das sieht eine EU-Richtlinie vor, der jetzt das Europäische Parlament zugestimmt hat. Der Kompromiss zur überarbeiteten Richtlinie wurde vorab mit dem Rat ausgehandelt. Die Abstimmung bedeutet daher, dass die neue Tierversuchsrichtlinie endgültig verabschiedet wurde. Die Mitgliedstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, um die neuen Regeln zu erfüllen. Danach soll aus ethischen Gründen die Anzahl der Tiere reduziert werden.

Tierversuchsrichtlinie

Die neue Richtlinie verlangt, dass die verantwortlichen nationalen Behörden die Auswirkungen jedes wissenschaftlichen Experiments auf das Wohlergehen der Tiere beurteilen. Damit sollen alternative Testmethoden gefördert und das den Tieren zugefügte Leid gesenkt werden. Die neue Tierversuchsrichtlinie verschärft zudem die Regeln für die Verwendung von Primaten für wissenschaftliche Zwecke: sie klassifiziert die Tests nach ihrer Schwere und sie konkretisiert die notwendigen Inspektionen, die eine Einhaltung der neuen Regeln gewährleisten sollen.

Entwicklung alternativer Testmethoden

Alle Mitgliedstaaten müssen zukünftig sicherstellen, dass sie, wo immer dies möglich ist, eine vom EU-Recht gedeckte alternative Testmethode den Tierversuchen vorziehen. Außerdem dürfen tödliche Tierversuche nur noch genehmigt werden, wenn die Tiere mit geringst möglichen Schmerzen, Leiden und Ängsten getötet werden und dennoch verwertbare Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung erzielt werden können.

Tierversuche werden gestattet für die Grundlagenforschung, für die Verhütung oder Behandlung von Krankheiten bei Menschen, Tieren oder Pflanzen, für die Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln, für den Artenschutz, für die Ausbildung an Hochschulen und für forensische Untersuchungen.

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Es wurden auch Schutzklauseln aufgenommen, die es den nationalen Regierungen ermöglichen, in Notsituationen von den Vorgaben der Richtlinie abzuweichen. Das dürfe allerdings nur in wissenschaftlich berechtigten Fällen und nach der Unterrichtung der Kommission erfolgen. Der Einsatz einer Schutzklausel müsse immer von den anderen Mitgliedstaaten genehmigt werden.

Schutz der medizinischen Forschung

Das vorgeschlagene Verbot, Menschenaffen wie Schimpansen, Zwergschimpansen, Gorillas und Orang-Utans für wissenschaftliche Zwecke zu verwenden, ist mit dem verabschiedeten Text prinzipiell bestätigt. Allerdings hätten die Maßnahmen, so wie sie die Europäische Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte, auch den Einsatz anderer Primaten wie den von Marmosetten oder von Makaken eingeschränkt, was nach Ansicht der Europaabgeordneten die Forschung an neurodegenerativen Erkrankungen wie etwa Alzheimer hätte erschweren können. Die jetzt verabschiedete Richtlinie erlaubt nun die Verwendung dieser Primaten, wenn es einen wissenschaftlichen Nachweis gibt, dass der Zweck des wissenschaftlichen Tests nicht ohne diese Spezies erreicht werden könne. Erfolgreiche Lobbyarbeit.

Einstufung des Schweregrads der Tierversuche

Mit der neuen Richtlinie wird das den Tieren während eines wissenschaftlichen Tests zugefügte Leid in die Kategorien „keine Wiederherstellung der Lebensfunktion“, „gering“, „mittel“ oder „schwer“ eingestuft.

Um ein wiederholtes Leid der Tiere zu vermeiden, hatte die Kommission vorgeschlagen, dass nur solche Tiere für weitere Versuche eingesetzt werden dürfen, die zuvor in der Kategorie „gering“ eingesetzt wurden. Auch dies wurde nun wieder abgeschwächt, so dass auch diejenigen Tiere für weitere Versuche eingesetzt werden, denen zuvor ein Leid der Kategorie „mittel“ zugefügt wurde. Voraussetzung ist die vorhergehende Prüfung durch einen Tierarzt.

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Inspektionen und Kontrollen

Mittels regelmäßiger und effektiver Kontrollen und Inspektionen durch die Tierversuche verantwortlichen nationalen Behörden soll sichergestellt werden, dass die neuen Vorgaben auch eingehalten werden. Die nationalen Regierungen müssen zukünftig sicherstellen, dass mindestens 33% der Einrichtungen, die Tierversuche einsetzen, überprüft werden. Die Inspektionen können auch unangekündigt erfolgen, müssen aber nicht. Die Europäische Kommission soll wiederum die nationalen Behörden kontrollieren, die für die Inspektionen zuständig sind.