Uni-Fusion, Wissenschaftsfreiheit und der Gründungsbeauftragte – der Fall der BTU Cottbus-Senftenberg

Das Bundesverfassugnsgericht hat Verfassungsbeschwerden gegen die Fusion der TU Cottbus mit der FH Lausitz zur BTU Cottbus-Senftenberg teilweise stattgegeben: Die vorübergehende Leitung der BTU Cottbus-Senftenberg durch einen vom Wissenschaftsministerium eingesetzten Gründungsbeauftragten ist nicht mit der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar, weil der Gesetzgeber die wesentlichen Regelungen nicht selbst getroffen hat. Im Übrigen blieben die Verfassungsbeschwerden ohne Erfolg.

Uni-Fusion, Wissenschaftsfreiheit und der Gründungsbeauftragte – der Fall der BTU Cottbus-Senftenberg

Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG begründet keine Beteiligungsrechte der Hochschulen, Fakultäten oder einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beim Zustandekommen eines Gesetzes zur Fusion zweier Hochschulen.

Die staatliche Einsetzung eines Leitungsorgans im Zuge einer Hochschulfusion genügt den Anforderungen des Grundgesetzes an eine wissenschaftsadäquate Organisation umso weniger, je länger diese Leitung ohne ein universitäres Selbstverwaltungsorgan tätig ist und je weniger Befugnisse auf Notkompetenzen für reversible Entscheidungen beschränkt sind.

Die Hochschullandschaft in der Lausitz: TU Cottbus und FH Senftenberg[↑]

Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz vom 11.02.2013 (Art. 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz1 (GWHL) wurde die Brandenburgische Technische Universität Cottbus mit der Fachhochschule Lausitz zur Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg fusioniert. Die Universität Cottbus ging im Jahr 1991 aus der 1953 eröffneten Hochschule für Bauwesen der DDR hervor, ist die einzige Technische Universität Brandenburgs und bietet neben dem Bauingenieurwesen weitere naturwissenschaftliche, technische und kulturwissenschaftliche Studiengänge an. Sie hatte vier Fakultäten mit 123 Professorinnen und Professoren, von denen nach Angaben der Landesregierung 47 % nicht habilitiert waren, und im Wintersemester 2011/2012 etwa 6.700 Studierende. Die Fachhochschule Lausitz ging 1991 aus der 1947 gegründeten Bergingenieurschule Senftenberg hervor und bezeichnete sich seit 2009 als „Hochschule Lausitz, University of Applied Science“; sie hatte 108 Professorinnen und Professoren an vier Fakultäten, von denen zum Zeitpunkt der Fusion zwölf habilitiert waren, und etwa 3.400 Studierende2.

Dem Gesetzgebungsverfahren zur Fusion waren Bewertungen und Empfehlungen zu den beiden Hochschulen durch den Wissenschaftsrat und den Landeshochschulrat Brandenburg, ein die Landesregierung und die Hochschulen beratendes Expertengremium, durch die im Mai 2010 von der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur eingesetzte Kommission für die Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz („Lausitz-Kommission“) sowie durch die im März 2011 vom Ministerpräsidenten berufene Hochschulstrukturkommission für das Land Brandenburg vorausgegangen.

Der Wissenschaftsrat hatte bereits im Jahr 1993 dazu aufgerufen, dass die Universität Cottbus und die Fachhochschule Lausitz intensiv kooperieren müssten; er forderte auch im Jahr 2002 eine deutlich engere Kooperation zwischen der Universität und der Fachhochschule, da deren Verhältnis durch beiderseitige Abschottung geprägt sei3. Auch der Landeshochschulrat hielt eine Neugestaltung des Hochschulraums Lausitz für dringend erforderlich, wobei für die Universität Cottbus und die Fachhochschule Lausitz unterschiedliche Formen der Kooperation bis hin zur Fusion denkbar seien4. Die Lausitz-Kommission schlug im Januar 2012 vor, „die Kooperation beider Hochschulen deutlich auszubauen, gleichzeitig aber beide Hochschulen zu erhalten“5. Die Hochschulstrukturkommission schloss sich im Juni 2012 den Empfehlungen der Lausitz-Kommission an und schlug für die Universität Cottbus und die Fachhochschule Lausitz eine Organisation als Holding vor6.

Aus den Stellungnahmen der Landesregierung zu diesem Verfahren ergibt sich, dass der Bericht der Lausitz-Kommission in zahlreichen Gesprächen mit Abgeordneten, mit Angehörigen der betroffenen Hochschulen und mit der regionalen Wirtschaft diskutiert wurde. Der politische Prozess war allerdings, was die Anlagen zu den Stellungnahmen in diesem Verfahren belegen, von Spannungen geprägt. So scheiterte die Einrichtung einer Steuerungsgruppe des Ministeriums zur Hochschullandschaft Lausitz, weil der Präsident der Universität Cottbus keinen Bedarf für eine solche Institution sah und sich daher an ihr nicht beteiligen wollte. Auf das Schreiben des im April 2012 vom Ministerium eingesetzten Beauftragten für die Hochschulregion Lausitz vom 31.05.2012 teilte der Präsident der Universität Cottbus mit, dass er zwar weiter keinen Bedarf sehe, aber in Umsetzung einer fachaufsichtlichen Weisung als Mitglied der Steuerungsgruppe zur Verfügung stehe. Das Ministerium etablierte schließlich einen wissenschaftlichen Beirat, dem Mitglieder der Universität Cottbus nicht angehörten; der Präsident der Universität Cottbus lehnte die Mitarbeit weiterhin ab, weil es in Brandenburg bereits einen Landeshochschulrat gebe. Solange es keine Entscheidung des Gesetzgebers zur Fusion oder Schließung der Hochschulen gebe, werde die BTU stattdessen weiter an ihrem eigenen Konzept arbeiten.

Seit Mitte 2010 beschäftigte sich eine interne Arbeitsgruppe des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur mit neuen Strukturen für die Hochschullandschaft Brandenburgs und prüfte verschiedene Modelle der Hochschulentwicklung. Im Juni 2012 legte das Ministerium den Referentenentwurf eines Fusionsgesetzes vor. Er zielte auf die Errichtung der „Technischen Universität Lausitz-Holding“, regelte die Überführung der Fakultäten, Einrichtungen und Studiengänge der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz in diese und sah vor, dass die beiden Hochschulen in der Holding als ihrer Rechtsnachfolgerin aufgehen. Das Ministerium bat auch die Universität Cottbus mit einer Frist von sieben Wochen um eine Stellungnahme.

Der zuständige Ausschuss des Landtags hatte sich seit Januar 2012 mit dem Reformprozess befasst, unter anderem in einer öffentlichen Ausschusssitzung am 15.02.2012 mit der zuständigen Ministerin und den Präsidenten der Hochschulen. Im Oktober 2012 wurde der Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz in den Landtag eingebracht7, der sich vom Referentenentwurf an einigen Stellen unterschied. Dies betraf nicht die Fusion der Hochschulen, sondern die Regeln zur Übertragung einer Universitätsprofessur auf Angehörige der Fachhochschule, die Schwerpunktprofessuren, die Lehrverpflichtung und die Konstituierung der künftigen Leitung – nun im Einvernehmen und nicht nur nach Anhörung des erweiterten Gründungssenats – und deren Abwahl. Zum Gesetzentwurf führte der Ausschuss am 5.12 2012 eine öffentliche Anhörung durch. Dazu wurden die beiden Hochschulen mit Schreiben vom 16.11.2012 geladen und zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 28.11.2012 aufgefordert. In der Anhörung äußerten sich die Präsidenten der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz sowie die Bundesverfassungsgerichtsvorsitzende der Universität Cottbus8. Der Ausschuss verabschiedete am 21.01.2013 eine Beschlussempfehlung9. Das Gesetz wurde am 23.01.2013 in zweiter Lesung nach kontroverser Beratung verabschiedet und der Antrag der Oppositionsfraktionen, „dem Prozess mehr Zeit“ zu geben10, abgelehnt. Am 11.02.2013 wurde das Gesetz ausgefertigt und am 12.02.2013 im Gesetzblatt verkündet11. Es trat am 1.07.2013 in Kraft; die Vorschrift zur Findung des Gründungspräsidenten oder der Gründungspräsidentin (§ 9 GWHL) galt bereits am Tag nach der Verkündung.

Die gesetzliche Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz[↑]

Das Gesetz zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz hat mit dem in Artikel 1 enthaltenen Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz (GWHL) mit Wirkung zum 1.07.2013 die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTUCS) errichtet. Die Fakultäten, Einrichtungen und Studiengänge der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz wurden solche dieser neuen Universität; die Hochschulverwaltung wurde von den bisherigen Verwaltungen gebildet (§ 1 GWHL). Die Universität Cottbus-Senftenberg wurde Rechtsnachfolgerin der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 GWHL) und anstelle der Universität Cottbus in die Liste der staatlichen Hochschulen des Landes Brandenburg aufgenommen (Art. 2 Nr. 1 Buchstabe a des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz). Alle Mitglieder der alten Hochschulen wurden in die neue Universität übernommen (§ 5 GWHL).

Das Gesetz enthält Strukturvorgaben für die fusionierte Hochschule und regelt die übergangsweise Leitung der Hochschule bis zur Ernennung des Gründungspräsidenten. Es regelt die Auflösung der zentralen Selbstverwaltungsgremien der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz und die Zusammensetzung der neuen zentralen Selbstverwaltungsgremien der Universität Cottbus-Senftenberg, die Übertragung einer Universitätsprofessur auf Hochschullehrerinnen und -lehrer der Fachhochschule Lausitz, die Schwerpunktprofessuren und die Betreuung von Dissertationen, und es konkretisiert Mitwirkungsrechte bei Berufungen, Habilitationen und Bewährungen auf einer Juniorprofessur. Weitere Regelungen betreffen die dezentrale Selbstverwaltung, die angestrebte Neuordnung sowie die Möglichkeit der Ersatzvornahme durch das Ministerium.

Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz sieht in § 2 Abs. 1 vor, dass die Universität Cottbus-Senftenberg bei Einrichtung der organisatorischen Grundeinheiten für Lehre und Forschung die Empfehlungen der Lausitz-Kommission und der Hochschulstrukturkommission berücksichtigen soll, die dem Gesetz als Anhang beigefügt sind. Danach soll es eine doppelte Struktur mit Grundeinheiten für ein stärker anwendungsbezogenes und für ein stärker theoriegeleitetes Angebot in Forschung und Lehre sowie daneben Grundeinheiten für miteinander verschränkte Angebote geben. Die neue Universität hat nach § 2 Abs. 2 GWHL die Wahl, ob sie eine Fakultätsstruktur beibehält oder stattdessen vom Gesetzgeber als solche bezeichnete „Schools“ einrichtet, die dann die Aufgaben der Fakultäten übernehmen.

Als zentrale Einrichtungen werden nach § 3 GWHL drei „Schools“ errichtet: eine „Undergraduate School“, eine „Graduate Research School“ sowie eine „Professional School“ als Zentrum für Weiterbildung und daneben ein Zentrum für Studierendengewinnung und Studienvorbereitung als „College“. Die zentralen Einrichtungen sollen die Grundeinheiten mit fachübergreifenden Angeboten ergänzen, aber nicht ersetzen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GWHL). Sie unterliegen der Verantwortung des (Gründungs-)Präsidenten (§ 3 Abs. 6 Satz 2 GWHL). Die Schools und das College werden als zentrale wissenschaftliche Einrichtungen von Hochschullehrenden geleitet und von einem Beirat mit externer Expertise unterstützt (§ 3 Abs. 1 Satz 4 GWHL, § 74 Abs. 5 BbgHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Hochschulrechts des Landes Brandenburg vom 28.04.2014, GVBl I Nr. 18, S. 58, BbgHG 2014). Hochschullehrende müssen Lehre in mindestens zwei Schools wahrnehmen (§ 3 Abs. 1 Satz 6 GWHL).

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Die Universität Cottbus-Senftenberg wurde bis zur Ernennung des Gründungspräsidenten im Juli 2014 durch einen vom Ministerium eingesetzten Gründungsbeauftragten geleitet. Die Amtszeiten der alten Leitungen endeten nach § 8 Abs. 1 GWHL zum 1.07.2013.

Mit der Errichtung der Universität Cottbus-Senftenberg waren die bestehendas Bundesverfassungsgerichte der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz aufgelöst (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GWHL). Im Oktober 2013 wurden als zentrale Selbstverwaltungsorgane der Universität Cottbus-Senftenberg der Gründungssenat und der erweiterte Gründungssenat gewählt (§ 12 Abs. 1 Satz 2 GWHL), mit 14 beziehungsweise 31 Vertreterinnen oder Vertretern der in § 61 Abs. 1 Satz 3 BbgHG 2014 definierten Mitgliedergruppen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 12 Abs. 3 Satz 1 GWHL). Acht beziehungsweise 16 Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts gehören zur Mitgliedergruppe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer; von diesen werden je vier beziehungsweise acht von der Universität Cottbus respektive der Fachhochschule Lausitz gewählt (§ 12 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 GWHL). Je zwei Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts gehören zu den weiteren Mitgliedergruppen. Die Amtszeiten des Gründungssenats und des erweiterten Gründungssenats enden mit der Wahl und der Konstituierung der zentralen Organe der Universität Cottbus-Senftenberg nach Maßgabe einer neuen Grundordnung (§ 12 Abs. 7 GWHL).

Das Fusionsgesetz regelt, wie den in die Universität Cottbus-Senftenberg übergeleiteten Professorinnen und Professoren der Fachhochschule Lausitz dauerhaft eine Universitätsprofessur übertragen werden kann. Dazu bedarf es des Vorschlags des nach der Grundordnung zuständigen Organs; der Gründungspräsident oder die Gründungspräsidentin muss dann entscheiden, ob nach dem Struktur- und Entwicklungsplan Bedarf besteht, und die erforderliche Qualifikation muss durch mindestens zwei von der professoralen Mehrheit im nach der Grundordnung zuständigen Organ bestellten externe Gutachten nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 2 GWHL). Dieses zuständige Organ setzt sich aus dem Gründungssenat und weiteren Universitätsprofessoren oder -professorinnen sowie Juniorprofessorinnen und -professoren zusammen, die sich nach § 46 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BbgHG 2014 bewährt hatten (§ 12 Abs. 1 der vorläufigen Grundordnung). Zudem können an der Universität Cottbus-Senftenberg Schwerpunktprofessuren für die Lehre oder für die Forschung eingerichtet werden (§ 6 Abs. 4 GWHL). Unter bestimmten Voraussetzungen können Professorinnen und Professoren der ehemaligen Fachhochschule Lausitz Dissertationen und Habilitationen betreuen (§ 6 Abs. 5 GWHL).

uf die Universität Cottbus-Senftenberg finden die allgemeinen Grundsätze der Mitwirkung der Hochschullehrenden nach § 61 BbgHG 2014 Anwendung (§ 1 Abs. 4 GWHL). Für Berufungen war es in der bis zum 29.04.2014 geltenden Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz zunächst der Hochschule überlassen, in ihren Grundordnungen Regelungen zu treffen, wie die Mehrheit der Professorinnen und Professoren in den Organen und Gremien der Universität Cottbus-Senftenberg bei Entscheidungen über Habilitationen, Berufungen oder die Bewährung auf Juniorprofessuren (§ 61 Abs. 1 Satz 7 BbgHG 2014) sichergestellt wird. Seit der Änderung in Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Hochschulrechts des Landes Brandenburg vom 28.04.201412 gibt das Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz nunmehr die Mehrheit der Hochschullehrenden vor.

Die neu errichtete Universität Cottbus-Senftenberg sollte bis zum 31.12 2014 ihre organisatorischen Grundeinheiten, die Fächerstruktur, die zentralen wissenschaftlichen Einrichtungen und Studiengänge sowie die Hochschulverwaltung nach Maßgabe des Neustrukturierungsgesetzes und der staatlichen Zielsetzungen der Hochschulentwicklung neu ordnen (§ 14 GWHL) und eine neue Grundordnung erarbeiten (§ 15 Abs. 2 GWHL). Bis zu dieser bislang nicht vorgenommenen Neuordnung liegt die dezentrale Selbstverwaltung der neuen Universität grundsätzlich weiter bei den Gremien, Kommissionen und Funktionstragenden der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz, die solche der neuen Universität Cottbus-Senftenberg wurden (§ 17 Abs. 1 GWHL). Entscheidungen von Organen und Gremien bleiben nach § 17 Abs. 2 GWHL rechtswirksam, auch wenn rechtskräftig festgestellt eine fehlerhafte Wahl oder Besetzung vorliegt.

Das Ministerium hat die Möglichkeit der Ersatzvornahme, wenn Entscheidungen oder Maßnahmen der zuvor anzuhörenden zuständigen Organe, Gremien, Kommissionen oder Funktionsträgerinnen und Funktionsträger nicht oder nicht fristgemäß getroffen werden (§ 20 GWHL). Ansonsten stehen dem Ministerium die im brandenburgischen Hochschulrecht vorgesehenen Mittel der Rechtsaufsicht zur Verfügung, also Information, Bericht, Akteneinsicht und Beanstandung (§ 5 Abs. 5 Satz 1 bis 3 BbgHG 2014).

Die Übergangsverfassung der BTU Cottbus-Senftenberg[↑]

Seit 1.07.2013 gilt für die Universität Cottbus-Senftenberg eine vorläufige Grundordnung, die nach § 15 GWHL vom Wissenschaftsministerium erlassen wurde13. Diese vorläufige Grundordnung normiert bis zu der nach § 14 GWHL vorgesehenen Neuordnung durch die Hochschule selbst die wesentlichen Vorgaben des Gesetzes. Nach § 3 Abs. 2 dieser Grundordnung bleiben alle Ämter außer der Leitung besetzt; nach § 18 bestehen die Fakultäten der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz fort, nach §§ 21, 22 mit den Dekanaten und Fakultätsräten. In Teil 2 werden die zentralen Organe bestimmt, nach § 6 Abs. 2 je ein Vizepräsident oder eine Vizepräsidentin der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz sowie in § 7 ein Leitungsausschuss. In § 14 werden die nach dem Gesetz zu bildenden zentralen wissenschaftlichen Einrichtungen unter Leitung des Gründungspräsidenten oder der Gründungspräsidentin benannt. In § 17 Abs. 1 wird der oder die Gründungsbeauftragte mit den in § 5 geregelten Befugnissen des Gründungspräsidenten oder der Gründungspräsidentin nach Maßgabe des Gesetzes versehen.

Das Ministerium setzte zum 1.07.2013 einen Gründungsbeauftragten ein, der die Universität Cottbus-Senftenberg bis zur Ernennung des Gründungspräsidenten am 15.07.2014 leitete. Er erließ am 14.08.2013 die für die Wahl des Gründungssenats und des erweiterten Gründungssenats erforderlichen Regelungen (§ 12 Abs. 4 GWHL). Nach der Wahl am 17.10.2013 konstituierten sich der Gründungssenat und der erweiterte Gründungssenat am 20.11.2013. Der Gründungsbeauftragte handelte während seiner Amtszeit trotz der Bitte der Fakultäten um Aufschub der Verhandlungen auch den Hochschulvertrag für die Jahre 2014 bis 2018 zwischen dem Ministerium und der Universität Cottbus-Senftenberg aus; er unterzeichnete ihn, nachdem der Gründungssenat die Unterzeichnung am 4.12 2013 empfohlen hatte. Der Vertrag legt die wesentlichen Ziele der Hochschulentwicklung fest und regelt die Mittelzuweisung des Landes für die Jahre 2014 bis 2018.

Die Verfassungsbeschwerden und einstweilige Anordnung[↑]

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich zwei Fakultäten der Universität Cottbus gegen die Fusionsentscheidung des Gesetzgebers im Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz. Mit einer weiteren Verfassungsbeschwerde gegen einzelne Vorgaben des Gesetzes rügen drei Professoren die Verletzung ihrer Rechte als Professoren der Universität Cottbus.

Die Verfassungsbeschwerde eines der drei Professoren hat sich zwischenzeitlich dadurch erledigt, dass er mit Wirkung zum 1.10.2014 zum Universitätsprofessor an einer anderen Universität ernannt worden ist.

Den Antrag der Fakultäten auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Inkrafttreten des Fusionsgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht abgelehnt14.

Daneben hatten sich die Brandenburgische Technische Universität sowie deren Studierendenschaft an das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg gewandt, das deren Eilanträge zurückgewiesen15 und die Verfassungsbeschwerde der Studierendenschaft mangels Beteiligtenfähigkeit verworfen hatte16.

Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat mitgeteilt, das Normenkontrollverfahren von 19 Abgeordneten des Landtags Brandenburg und die Verfassungsbeschwerde von fünf weiteren Professoren seien in Anbetracht der am Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden ausgesetzt worden.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht[↑]

Die Verfassungsbeschwerde der Fakultäten ist nicht begründet. Die Fusionsentscheidung des Gesetzgebers steht formell und materiell mit der Verfassung in Einklang

Hingegen ist die Verfassungsbeschwerde der Professoren, soweit sie zulässig ist, teilweise begründet. Die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 GWHL zur Übergangsleitung durch einen vom Ministerium eingesetzten Gründungsbeauftragten verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Die Zusammensetzung der zentralen Selbstverwaltungsorgane ist für das Bundesverfassungsgericht nicht zu beanstanden.

§ 8 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz vom 11.02.2013 (Artikel 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz)17 ist mit Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 GG unvereinbar.

Im übrigen hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerden der Professoren und der Fakultäten zurückgewiesen:

Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden[↑]

Die Verfassungsbeschwerde des zwischenzeitlich an eine andere Universität berufenen Professors hat sich erledigt, denn er ist nicht mehr an der Universität Cottbus-Senftenberg tätig. Er hat auch kein fortdauerndes Rechtsschutzbedürfnis.

Die Fakultäten sind ebenso wie die beiden anderen beschwerdeführenden Professoren überwiegend beschwerdebefugt:

Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz, müssen die Beschwerdeführenden von der angegriffenen Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar in Grundrechten betroffen sein18.

Gegenüber Organisationsnormen für die Wissenschaft kann mit der Rüge, eine wissenschaftsinadäquate Organisation bewirke eine Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit, Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unmittelbar geltend gemacht werden19. Die Hochschulen und auch ihre Untergliederungen sind ebenso wie die Hochschullehrenden gegen hochschulorganisatorische Entscheidungen insoweit geschützt, als diese die Erfüllung ihrer Aufgabe, freie Wissenschaft zu ermöglichen, gefährden können20. Verändert der Gesetzgeber das die Tätigkeit der Fakultäten prägende wissenschaftsorganisatorische Umfeld maßgeblich, können damit unter Umständen für diese grundrechtsrelevante Gefährdungen einhergehen; die Fakultäten können sich insoweit gegenüber dem Staat auf die Wissenschaftsfreiheit berufen.

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Danach sind die Fakultäten insoweit beschwerdebefugt, als sie sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen Strukturveränderungen wenden, die mit der Fusionsentscheidung einhergehen, sofern sich aus ihnen eine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit durch eine wissenschaftsinadäquate Organisation ergeben kann. Die Fakultäten wenden sich als Untergliederungen der Hochschule nicht schlicht gegen eine Fusion zweier Hochschulen. Mit einer solchen Verfassungsbeschwerde könnte keine Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit geltend gemacht werden, weil eine Fakultät in ihrem Bestand ebenso wenig grundrechtlich geschützt ist wie eine Hochschule21. Soweit sich die Fakultäten gegen die mit der Fusion zugleich vorgenommene maßgebliche Umstrukturierung der Organisation wenden, innerhalb derer sie ebenso wie die einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Aufgaben wahrnehmen, ist eine solche Verletzung allerdings nicht ausgeschlossen. Zu diesen das Handeln der Fakultäten prägenden wissenschaftsorganisatorischen Vorgaben gehören Regelungen zur Einrichtung organisatorischer Grundeinheiten mit jeweils spezifischem Profil wie in § 2 Abs. 1 GWHL, zur Errichtung zentraler wissenschaftlicher Einrichtungen neben den Fakultäten wie nach § 3 GWHL, zu Veränderungen in der Zusammensetzung und den Aufgaben der hauptamtlichen Angehörigen der Fakultät wie in § 6 GWHL und zur Zusammensetzung der Selbstverwaltungsgremien nach § 12 Abs. 2 und 3 GWHL.

Die Professoren beschwerdebefugt, soweit sie sich gegen die Übergangsleitung durch den vom Ministerium eingesetzten Gründungsbeauftragten wenden (§ 12 Abs. 1 GWHL i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 2 GWHL). Sie sind von dieser hochschulorganisatorischen Entscheidung zwar selbst und unmittelbar, aber nicht mehr gegenwärtig betroffen, weil der Gründungsbeauftragte nicht mehr tätig ist, zwischenzeitlich ein zentrales Selbstverwaltungsorgan gewählt und im Einvernehmen mit diesem Organ auch ein Gründungspräsident ernannt worden ist. Doch besteht weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Ein solches ist insbesondere gegeben, wenn die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbleibt und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint22. Die von den Beschwerdeführern aufgeworfene verfassungsrechtliche Frage ihrer Mitwirkung als Professoren in der universitären Selbstverwaltung in einer Übergangszeit nach hochschulorganisatorischen Strukturänderungen hat grundsätzliche Bedeutung und ist auch klärungsbedürftig. Bislang hat sich das Bundesverfassungsgericht nur mit der Zusammensetzung des akademischen Bundesverfassungsgerichts in einer Übergangszeit nach einer Neugründung befasst23. Unbeantwortet ist damit die Frage, ob für eine Übergangszeit vollständig auf das zentrale Selbstverwaltungsorgan verzichtet und die Leitung der Hochschule einem ministerial bestellten Gründungsbeauftragten übertragen werden kann. Diese Frage stellt sich nicht nur bei der Neugründung einer Hochschule, wie sie der damaligen Entscheidung zugrunde lag, sondern auch bei einer hier in Rede stehenden Hochschulfusion. Die mögliche Grundrechtsbeeinträchtigung ist hier zudem von einigem Gewicht, weil Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gerade auf einen auch organisatorisch zu sichernden grundrechtlich geschützten Freiheitsraum zur Entfaltung wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit zielt24.

Die Beschwerdeführer sind als Professoren der Universität Cottbus auch insoweit beschwerdebefugt, als sie die Zusammensetzung des Gründungssenats und des erweiterten Gründungssenats der Universität Cottbus-Senftenberg nach § 12 Abs. 2 und 3 GWHL rügen. Die gleichrangige Vertretung der Professorinnen und Professoren der Universität Cottbus einerseits und der Fachhochschule Lausitz andererseits in den zentralen Selbstverwaltungsorganen sowie deren identische Anzahl von Vertreterinnen und Vertretern in diesen, obwohl deren Anzahl in der Universität Cottbus größer ist als jene in der Fachhochschule Lausitz, betrifft die Beschwerdeführer selbst, unmittelbar und gegenwärtig. Nach ihren Darlegungen erscheint es möglich, dass die angegriffenen Vorschriften ein organisatorisches Gesamtgefüge schaffen, das ihre Wissenschaftsfreiheit strukturell gefährdet, da die Hochschullehrenden im materiellen Sinne nicht die nach Auffassung der Beschwerdeführer von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geforderte Mehrheit im Gründungssenat und erweiterten Gründungssenat haben. Dies ist auch keine nur hypothetische Gefahr25, denn der Gründungssenat und der erweiterte Gründungssenat, auf deren Zusammensetzung die Rüge zielt, sind die zentralen Selbstverwaltungsgremien der Universität Cottbus-Senftenberg, deren Entscheidungen den Kernbereich wissenschaftlicher Betätigung regelmäßig unmittelbar berühren. Als pluralistisch zusammengesetzte Vertretungsorgane der selbst wissenschaftlich Tätigen dienen sie gerade dazu, Gefährdungen der Wissenschaftsfreiheit abzuwehren und die erforderliche fachliche Kompetenz zur Verwirklichung der Wissenschaftsfreiheit in die Organisation einzubringen. Daher müssen ihre Entscheidungsbefugnisse und Rechte der Mitwirkung, Einflussnahme, Information und Kontrolle so beschaffen sein, dass Gefahren für die Freiheit von Lehre und Forschung vermieden werden26. Hätten die Beschwerdeführer daran keine hinreichende Mitwirkungsmöglichkeit, wäre ihre Wissenschaftsfreiheit gefährdet.

Die Verfassungsbeschwerde der Professoren ist jedoch unzulässig, soweit sie sich gegen die Fehlerfolgenregelung in § 17 Abs. 2 GWHL richtet. Es ist nicht ersichtlich, dass damit gegenwärtig eine Verletzung von Grundrechten verbunden ist. Es sind hier keine Fehler bei der Wahl oder Zusammensetzung von Organen und Gremien dargelegt oder sonst ersichtlich, auf welche diese Norm Anwendung fände. Dabei könnte es sich nur um Fehler in der Anwendung einfachen Rechts handeln. Denn der Gesetzgeber kann durch eine einfachgesetzliche Fehlerfolgenregelung nicht ausschließen, dass Gefährdungen der Wissenschaftsfreiheit, die selbst auf der normativen Ausgestaltung der Regeln über Wahlen oder die Zusammensetzung der Gremien beruhen, einer gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs zielt § 17 Abs. 2 GWHL nur darauf, die Handlungsfähigkeit von Hochschulorganen und -gremien trotz einfachrechtlich fehlerhafter Wahlen zu sichern27. Die Auffassung der Beschwerdeführer, die Vorschrift setze die aus der Wissenschaftsfreiheit abgeleiteten verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zusammensetzung der Gruppe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer im Akademischen Bundesverfassungsgericht einfachrechtlich aus, findet damit in der gesetzlichen Regelung keine Stütze. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Vorschrift nicht im Einklang mit verfassungsrechtlichen Anforderungen ausgelegt werden kann, wonach eine Wiederholungs- oder Neuwahl unverzüglich anzusetzen wäre und die fehlerhaft gewählten oder besetzten Hochschulorgane und -gremien bis zu ihrer ordnungsgemäßen Konstituierung nur in unaufschiebbaren Angelegenheiten tätig werden dürften.

Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz – und der Subsidiaritätsgrundsatz[↑]

Die Verfassungsbeschwerden genügen dem Grundsatz der Subsidiarität. Insbesondere wenden sie sich nicht gegen Einzelmaßnahmen, gegen die zunächst fachgerichtlicher Rechtsschutz zu erlangen wäre. Vielmehr zielen die Rügen auf eine grundlegende strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit, was umfassend im Rahmen einer auf das gesetzliche Organisationsgefüge gerichteten Gesamtschau durch das Bundesverfassungsgericht zu prüfen ist28. Insofern steht den Fakultäten und den Professoren gegen die durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz herbeigeführten Strukturveränderungen weder fachgerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung noch ist ihnen ein Abwarten konkreter Maßnahmen, gegen die fachgerichtlicher Rechtsschutz zu erlangen wäre, zumutbar.

Formelle Rechtmäßigkeit des Fusionsgesetzes[↑]

In formeller Hinsicht begegnet das angegriffene Gesetz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesverfassungsgerichts:

Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG begründet keine gesonderten Beteiligungsrechte der Hochschulen, Fakultäten oder einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beim Zustandekommen eines Gesetzes zur Fusion zweier Hochschulen. Das Verfahren der parlamentarischen Gesetzgebung dient dazu, die Belange aller Betroffenen in öffentlicher Debatte, unter Einschluss der Opposition und begleitet durch die Medien, zur Geltung kommen zu lassen. Weitere verfahrensrechtliche Vorgaben für den Gesetzgeber sind zum Schutz der Wissenschaftsfreiheit nicht geboten. Zudem hatte im Vorfeld dieser Fusion eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit und der Hochschulen stattgefunden. Die Hochschulen waren am Gesetzgebungsverfahren beteiligt; sie hatten zu dem Referentenentwurf Stellung genommen und sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren geäußert. Insgesamt fehlt es an Anhaltspunkten für die Auffassung der Fakultäten, sie seien von dem Gesetz „überrumpelt“ worden.

Die Rüge, das angegriffene Gesetz sei nicht ausreichend begründet worden, greift nicht durch. Die sich aus der Verfassung ergebenden Anforderungen beziehen sich grundsätzlich nicht auf die Begründung eines Gesetzes, sondern auf die Ergebnisse eines Gesetzgebungsverfahrens.

Der Staat ist grundsätzlich befugt, Universitäten zu gründen oder aber aufzulösen29, zusammenzulegen oder auch zu privatisieren30. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten allerdings den Gesetzgeber dazu, die insoweit für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen31. Das erfasst die Hochschulfusion, denn damit werden für die Verwirklichung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 und von Art. 12 Abs. 1 GG wesentliche Entscheidungen getroffen. Hochschulorganisatorische Strukturveränderungen stellen den Gesetzgeber vor die Aufgabe, durch eine wissenschaftsadäquate Organisation des Gesamtgefüges der wissenschaftlichen Einrichtung für die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierte Wissenschaftsfreiheit einen geeigneten Rahmen zu schaffen19. Im Rahmen einer Fusion muss die Hochschulorganisation dem für die Aufgaben der Berufsausbildung bedeutsamen Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG gerecht werden32; sie muss bei der Zusammenlegung oder Auflösung von Studiengängen oder einer Veränderung von „anwendungsorientierter“ zu „forschungsorientierter“ Lehre auch die Interessen der Studierenden und die Ziele der Berufsausbildung beachten. Bestimmte Hochschulen nehmen darüber hinaus weitere Aufgaben wahr, die grundrechtliche Belange berühren33, deren wesentliche Ausgestaltung ebenfalls durch den Gesetzgeber erfolgen muss.

Die Fusion der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz zur Errichtung der Universität Cottbus-Senftenberg ist mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz durch den Gesetzgeber vorgenommen worden. Einfachrechtlich hatte sich der Gesetzgeber die Regelung dieser Frage in § 2 Abs. 2 BbgHG vorbehalten; damit ist sichergestellt, dass alle im grundrechtlichen Sinne wesentlichen Entscheidungen im Parlament getroffen werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber selbst über die neue Rechtsform und die Rechtsnachfolge (§§ 1, 21 GWHL) entschieden, die Grundstruktur (§ 2 GWHL) geregelt, die Überleitung der Angehörigen, Stellen und Mittel der Hochschulen, der Untergliederungen und der Gremien (§§ 5, 6, 7, 16, § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Satz 1, § 19 GWHL) sowie die Auflösung der zentralen Gremien (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GWHL) und deren künftige Gestalt (§ 12 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 bis 7 GWHL) bestimmt sowie die Übergangsleitung normiert (§§ 8, 9, 10, 11 GWHL).

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Die Entscheidung des Gesetzgebers im Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz allein zur Regelung der Fusion von zwei konkreten Hochschulen verstößt nicht gegen das Verbot des Einzelfallgesetzes aus Art.19 Abs. 1 Satz 1 GG. Zwar handelt es sich nicht um ein Gesetz über die Fusionen von Hochschulen, mit dem der Gesetzgeber allgemein geltende Vorgaben für derartige Prozesse macht. Art.19 Abs. 1 Satz 1 GG verbietet aber dem Gesetzgeber nur, aus einer Reihe gleichartiger Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregelung zu machen34. Das ist hier nicht ersichtlich.

Das angegriffene Gesetz wurde im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Verfahren der Gesetzgebung verabschiedet. Die Fakultäten mussten nicht in förmlicher Weise gesondert gehört werden. Weder das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit noch die Heranziehung der Grundsätze zur Anhörung betroffener Gemeinden im Rahmen kommunaler Neugliederungen begründen in einem solchen Gesetzgebungsverfahren über die tatsächlich eröffneten Möglichkeiten hinausgehende Sonderbeteiligungsrechte der Fakultäten oder einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen der durch die Verfassung vorgegebenen Regeln ist Sache der gesetzgebenden Organe. Welche Verbände und Sachverständige bei einem nicht in der Verfassung vorgeschriebenen Anhörungsverfahren in welcher Form zu Wort kommen sollen, ist grundsätzlich dem Ermessen der Gesetzgebungsorgane und ihrer Ausschüsse überlassen35. Eine individuelle Beteiligung an solchen Verfahren ist verfassungsrechtlich nicht garantiert. Im parlamentarischen Verfahren vertreten vielmehr Abgeordnete die Interessen des ganzen Volkes (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Das parlamentarische Verfahren ermöglicht es zudem mit der ihm eigenen Öffentlichkeitsfunktion36 und den folglich grundsätzlich öffentlichen Beratungen gerade durch seine Transparenz, dass Entscheidungen auch in der breiteren Öffentlichkeit diskutiert und damit die Voraussetzungen für eine Kontrolle auch der Gesetzgebung durch die Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden37. Schon deshalb geht Entscheidungen von erheblicher Tragweite grundsätzlich ein Verfahren voraus, welches der Öffentlichkeit auch durch die Berichterstattung durch die Medien38 hinreichend Gelegenheit bietet, Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Umfang der zu beschließenden Maßnahmen in öffentlicher Debatte zu klären39.

Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG begründet keine gesonderten Beteiligungsrechte der Hochschulen, Fakultäten oder einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beim Zustandekommen eines Gesetzes zur Fusion zweier Hochschulen. Die Interessen der wissenschaftlich Tätigen ebenso wie die der betroffenen Einrichtungen können in einem öffentlichen Gesetzgebungsverfahren, dessen Ergebnis sich auf ihre Wissenschaftsfreiheit auswirkt, hinreichend zur Geltung gebracht werden40. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vermittelt wissenschaftlichen Einrichtungen und wissenschaftlich Tätigen insoweit keine Sonderrolle im Gesetzgebungsverfahren. Zwar ist eine Fakultät im Verfahren zur Aufhebung eines Studienganges durch die Verwaltung – der Hochschule selbst oder der staatlichen Exekutive – angemessen zu beteiligen41. Doch dient das Verfahren der parlamentarischen Gesetzgebung gerade dazu, die grundrechtlich wesentlichen Belange aller Betroffenen und damit hier auch der Fakultäten in öffentlicher Debatte, unter Einschluss der Opposition und begleitet durch die Medien, zur Geltung kommen zu lassen. Weitere verfahrensrechtliche Vorgaben für den Gesetzgeber sind zum Schutz der Wissenschaftsfreiheit nicht geboten.

Im Vorfeld der Fusion von Universität Cottbus und Fachhochschule Lausitz hat im Übrigen eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit und der Hochschulen stattgefunden. Es sind keine Besonderheiten ersichtlich, die darüber hinausgehende Beteiligungsrechte der Hochschulen oder der beschwerdeführenden Fakultäten erfordert hätten. So ist nicht erkennbar, dass die Interessen der Fakultäten oder auch der Professorinnen und Professoren nicht hinreichend hätten eingebracht werden können. Die sachverständigen Empfehlungen zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz und der politische Wille des Ministeriums wurden seit Beginn des Jahres 2012, als der Bericht der Lausitz-Kommission vorlag, öffentlich erörtert. Dazu gehörten Diskussionen der zuständigen Ministerin mit den Mitgliedern der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz und des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur (AWFK) im Februar 2012 über die Empfehlungen der Lausitz-Kommission, eine Unterrichtung des Landtags in einer Aktuellen Stunde über die „Energieuniversität Lausitz“ am 23.02.2012, Gespräche der Ministerin an der Universität Cottbus mit 32 Professoren – den „Erstunterzeichnern“ eines Protestbriefes – und den Studierendenräten der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz im März 2012, eine Podiumsdiskussion und eine Sitzung des Präsidialkollegiums an der Universität Cottbus mit der Dekanin und den Dekanen – auch der hier beschwerdeführenden Fakultäten – sowie Vertretern des Akademischen Bundesverfassungsgerichts, Gespräche des Staatssekretärs mit dem Präsidenten der Universität Cottbus und ein Runder Tisch an der Universität Cottbus zur Weiterentwicklung der Hochschulstrukturen in der Lausitz. Daneben führte der vom Ministerium eingesetzte Lausitz-Beauftragte vier große Diskussionsveranstaltungen als „Lausitz-Dialoge“ und zahlreiche weitere Gespräche durch. Auf Anregung der Stadtverordnetenversammlung Cottbus wurde schließlich ein Runder Tisch eingerichtet, der im August und September 2012 auch mit Vertretern der Landesregierung zusammenkam.

Auch am Gesetzgebungsverfahren selbst waren die Hochschulen beteiligt. Sie haben zu dem Referentenentwurf selbst Stellung genommen und sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren geäußert. Die betroffenen Hochschulen – und damit auch die Fakultäten als ihre Untergliederungen – waren nicht auf die sehr kurze Stellungnahmefrist zum Gesetzentwurf angewiesen, sondern waren über den hochschulpolitischen Meinungsbildungsprozess einschließlich des Referentenentwurfs zum Fusionsgesetz umfänglich informiert und an ihm auch vielfach beteiligt. Insgesamt fehlt es damit an Anhaltspunkten für die Auffassung der Fakultäten, sie seien mit dem Gesetz „überrumpelt“ worden.

Besondere Anhörungsrechte vor der Verabschiedung eines Gesetzes zur Fusion zweier Hochschulen ergeben sich für die Fakultäten auch nicht aus einer Heranziehung der Grundsätze, die im Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung für kommunale Neugliederungen gelten (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG)42. Danach sind für die Gemeinden konstitutive Entscheidungen nur aus Gründen des öffentlichen Wohls und nach Anhörung der betroffenen Körperschaft zulässig43. Daraus wird in Teilen von Rechtsprechung und Literatur gefolgert, dass auch vor für die Hochschulen konstitutiven Entscheidungen diese selbst „authentisch“ angehört werden müssten44. Die Grundsätze zur Neugliederung von Gemeinden sind jedoch wegen der Unterschiede zwischen Hochschulen und Kommunen nicht auf Hochschulfusionen übertragbar. Die Verbürgung kommunaler Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist als Einrichtungsgarantie gefasst, die sich zudem grundsätzlich auf alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft erstreckt und damit unmittelbar sämtliche Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde einschließt; demgegenüber erfüllt die Hochschule einen inhaltlich umgrenzten, eigenständigen Sachauftrag durch und für einen durch die Hochschulmitgliedschaft beschränkten Personenkreis45.

Was sich aus einem Recht auf universitäre Selbstverwaltung nach der Landesverfassung ergibt (vgl. Art. 32 Abs. 1 BbgLV), ist nicht durch das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden.

Die Rüge, das angegriffene Gesetz sei nicht ausreichend begründet worden, greift nicht durch. Die sich aus der Verfassung ergebenden Anforderungen beziehen sich grundsätzlich nicht auf die Begründung eines Gesetzes, sondern auf die Ergebnisse eines Gesetzgebungsverfahrens. Das Grundgesetz enthält in den Art. 76 ff. GG Vorgaben für das Gesetzgebungsverfahren, die auch die Transparenz der Entscheidungen des Gesetzgebers sichern. Das Grundgesetz schreibt jedoch grundsätzlich nicht vor, was, wie und wann genau im Gesetzgebungsverfahren zu begründen und berechnen ist. Es lässt Raum für Verhandlungen und für den politischen Kompromiss. Entscheidend ist, dass im Ergebnis die Anforderungen des Grundgesetzes nicht verfehlt werden46.

Grundrechte der Fakultäten?[↑]

In materieller Hinsicht verletzt das angegriffene Gesetz keine Grundrechte der Fakultäten.

Aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ergibt sich kein Recht auf Fortbestand einer konkreten wissenschaftlichen Einrichtung; ein Grundrecht auf Schaffung oder gegen Abschaffung einer bestimmten Einrichtung enthält das Grundgesetz nicht21. Die Garantie der Wissenschaftsfreiheit in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verpflichtet den Staat lediglich, für funktionsfähige Institutionen eines freien universitären Wissenschaftsbetriebs zu sorgen47. Daher steht den Fakultäten auch kein Recht auf Erhaltung „ihrer“ Hochschule zu.

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz hat der brandenburgische Gesetzgeber eine hochschulpolitische Strukturentscheidung getroffen. Diese gestaltet die Rahmenbedingungen von Wissenschaft in einer mit dem Grundgesetz zu vereinbarenden Weise aus.

Der Gesetzgeber war insbesondere nicht gehindert, sich für die Errichtung der Universität Cottbus-Senftenberg im Wege der Fusion einer Universität mit einer Fachhochschule zu entscheiden, denn die Verfassung gibt keine bestimmte Hochschulorganisation vor48. Solange der Gesetzgeber ein hinreichendes Maß an organisatorischer Selbstbestimmung sicherstellt, darf er den Wissenschaftsbetrieb nach seinem Ermessen regeln, um die unterschiedlichen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und die Interessen aller daran Beteiligten in Wahrnehmung seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung in angemessenen Ausgleich zu bringen49. Er ist dabei weder an überkommene hochschulorganisatorische Strukturen noch an deren einzelne Elemente gebunden, sondern vielmehr verpflichtet, Organisationsformen kritisch zu beobachten und zeitgemäß zu reformieren50. Dem Gesetzgeber steht gerade hinsichtlich der Eignung neuer Organisationsformen ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu51; ihm bleibt bei der Hochschulorganisation ein breiter Raum, um seine hochschulpolitischen Auffassungen zu verwirklichen und die Hochschulen den gesellschaftlichen und wissenschaftssoziologischen Gegebenheiten anzupassen52. Diese Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers wird durch das Freiheitsrecht des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bestimmt und begrenzt53. Das Bundesverfassungsgericht überprüft jedoch nicht, ob der Gesetzgeber mit einer solchen Organisationsentscheidung die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat54.

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Befristung - bei Hochschulprofessoren

Der staatlich eingesetzte Gründungsbeauftragte[↑]

Die Übergangsleitung der Universität Cottbus-Senftenberg durch einen vom Ministerium eingesetzten Gründungsbeauftragten ist mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren. Diesem durften insbesondere nicht in einer durch das Ministerium erlassenen vorläufigen Grundordnung ohne nähere gesetzliche Begrenzungen wissenschaftsrelevante Befugnisse zugewiesen werden.

Die in § 8 Abs. 2 GWHL eingerichtete übergangsweise Leitung der Universität Cottbus-Senftenberg durch einen vom Ministerium eingesetzten Gründungsbeauftragten verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Dagegen greifen ihre Rügen nicht durch, die Wissenschaftsfreiheit werde durch den Gleichrang mit den Professorinnen und Professoren der Fachhochschule Lausitz in den zentralen Selbstverwaltungsorganen sowie durch die gleiche Anzahl von Vertreterinnen und Vertretern in diesen Organen trotz unterschiedlicher Gruppengröße verletzt.

Die Übergangsleitung der Universität Cottbus-Senftenberg durch einen vom Ministerium eingesetzten Gründungsbeauftragten ist, wie dies in § 8 Abs. 2 GWHL geregelt ist, mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren.

Wissenschaft ist ein grundsätzlich von Fremdbestimmung freier Bereich autonomer Verantwortung55. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verpflichtet den Staat zu Schutz und Förderung wissenschaftlicher Betätigung und garantiert den in der Wissenschaft Tätigen zugleich die Teilhabe am Wissenschaftsbetrieb; diese Mitwirkung ist kein Selbstzweck, sondern dient dem Schutz vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen56, denn im Kern wissenschaftliche Entscheidungen sind der Wissenschaft selbst überlassen. Der Staat muss danach für funktionsfähige Institutionen eines freien universitären Wissenschaftsbetriebs sorgen und durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass das individuelle Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung so weit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist57. Zur Organisation der Wissenschaftsfreiheit bedarf es daher eines Gesamtgefüges, in dem Entscheidungsbefugnisse und Mitwirkungsrechte, Einflussnahme, Information und Kontrolle durch die wissenschaftlich Tätigen so beschaffen sind, dass Gefahren für die Freiheit von Lehre und Forschung vermieden werden49. Bei wissenschaftsorganisatorischen Entscheidungen verfügt der Gesetzgeber allerdings über einen weiten Gestaltungsspielraum, um den Wissenschaftsbetrieb mit Blick auf die unterschiedlichen Aufgaben von wissenschaftlichen Einrichtungen und auf die Interessen aller daran Beteiligten in Wahrnehmung seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung zu regeln; Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten ihn dabei, alle für die Grundrechtsverwirklichung wesentlichen Regelungen selbst zu treffen58. Je mehr, je grundlegender und je substantieller wissenschaftsrelevante personelle und sachliche Entscheidungsbefugnisse in diesem Gefüge einem Leitungsorgan zugewiesen werden, desto stärker müssen zudem die Mitwirkungsrechte des Selbstverwaltungsorgans ausgestaltet sein, in dem auch die innerhalb der Wissenschaft bestehenden Unterschiede sachverständig eingebracht werden können59.

Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Gesetzgebers, die Leitung der Universität Cottbus-Senftenberg in der Übergangsphase der Gründung nach Fusion gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 GWHL durch einen vom zuständigen Ministerium eingesetzten Beauftragten zu ersetzen, nicht vereinbar. Grundsätzlich ist die staatliche Einsetzung eines Leitungsorgans einer Hochschule nur zu rechtfertigen, wenn dies unabweisbar geboten erscheint, um die Funktionsfähigkeit einer wissenschaftlichen Einrichtung zu sichern. Dabei hat der Gesetzgeber die Mitwirkung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an wissenschaftsrelevanten Entscheidungen soweit wie möglich vorzusehen und die Befugnisse einer staatlich eingesetzten Leitung zu begrenzen. Die staatliche Einsetzung eines Leitungsorgans gefährdet die Wissenschaftsfreiheit strukturell umso stärker, je länger es an der Mitwirkung eines Selbstverwaltungsorgans an der Aufgabenwahrnehmung fehlt, je höher die Wissenschaftsrelevanz der vom Leitungsorgan zu treffenden Entscheidungen sein kann, je weniger reversibel diese sind und je eher die Aufgabenwahrnehmung Aufschub gestattet. Ob dies der Fall ist, kann letztlich offen bleiben; der Gesetzgeber hat jedenfalls die hier wesentlichen Regelungen nicht selbst getroffen.

Eine staatlich eingesetzte Hochschulleitung steht im Gegensatz zu dem Gedanken wissenschaftlicher Eigenverantwortung und dem daraus folgenden Prinzip universitärer Autonomie. Sie ist daher vom gesetzgeberischen Spielraum zur Ausgestaltung der Wissenschaftsfreiheit nur in Ausnahmesituationen umfasst und nur unter strengen Voraussetzungen zu rechtfertigen. Dabei kommt die Bestellung von Beauftragten grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Funktionsfähigkeit der wissenschaftlichen Einrichtung sonst nicht gewährleistet werden kann60.

Zwar kann eine staatlich eingesetzte Übergangsleitung einer Wissenschaftseinrichtung bei einer Neugründung für eine gewisse Zeit erforderlich sein. In einem solchen Fall existiert zunächst keine funktionsfähige Selbstverwaltung, denn der Wissenschaftsbetrieb muss zuerst aufgenommen und Hochschullehrende wie auch sonstige Hochschulangehörige, die dann ihre Rechte selbst wahrnehmen können, müssen für die Organisation erst noch gewonnen werden. Dies ist für eine Übergangszeit bei einer Fusion in der Regel jedoch nicht der Fall. Denn wenn funktionierende Wissenschaftsbetriebe miteinander verbunden werden, sind die Träger der Wissenschaftsfreiheit bereits vor Ort, so dass auf Leitungs- und Selbstverwaltungsorgane zurückgegriffen werden kann, die regelmäßig im Einklang mit den Mitwirkungsanforderungen des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG konstituiert sind. Diese können dann die zur Umsetzung der hochschulpolitischen Entscheidungen des Gesetzgebers notwendigen Maßnahmen ergreifen, womit auch in einer Übergangssituation gewährleistet ist, dass die genuin wissenschaftlichen Belange hinreichend zum Tragen kommen.

Im Fall einer Fusion gehört es deshalb zur Ausgestaltungsaufgabe des Gesetzgebers, die zur Sicherung der Wissenschaftsfreiheit erforderlichen Mitwirkungsrechte der wissenschaftlich Tätigen möglichst zu schonen. So kann der Gesetzgeber Vorgaben für die Wahl einer Leitung der neuen Organisation machen, ohne eine solche Leitung zwischenzeitlich selbst staatlich zu installieren, und die bestehenden Gremien etwa auch verpflichten, die zur Umsetzung seiner Vorgaben erforderlichen Schritte in einem bestimmten Zeitraum zu gehen, also insbesondere eine Wahlordnung für die dann gemeinsamen Gremien und auch für die neue Leitung zu erlassen, die Wahlen durchzuführen und die Selbstverwaltungsgremien und Leitungsorgane zu konstituieren. Anders kann es liegen, wenn die Zusammenführung der Hochschulen nachweisbar ernsthaft gefährdet ist. Lässt sich dabei eine nachhaltige Störung des Lehr- und Forschungsbetriebs anders nicht abwenden und versprechen insoweit auch die Mittel der staatlichen Aufsicht keinen Erfolg (vgl. § 5 Abs. 5 Satz 1 bis 3 BbgHG; siehe auch § 68 Abs. 1 bis 4 LHG BW; Art. 75 Abs. 1 und 2 BayHSchG; § 89 Abs. 1 Satz 3 BerlHG und §§ 10 bis 13 AZG; § 111 Abs. 2 bis 5 BremHG; § 107 Abs. 1 bis 4 HmbHG; § 76 Abs. 2 und 4 HG NRW; § 7 Abs. 1 und 2 SächsHSFG), kann ausnahmsweise für eine Übergangszeit sogar die Bestellung eines staatlichen Beauftragten gerechtfertigt sein. Hingegen können hochschulpolitisch divergierende Auffassungen und selbst Protest gegen eine hochschulpolitische Entscheidung eine vom Grundsatz der universitären Selbstverwaltung abweichende Gestaltung für sich genommen nicht rechtfertigen.

Die staatliche Einsetzung eines Leitungsorgans im Zuge einer Hochschulfusion genügt den Anforderungen des Grundgesetzes an eine wissenschaftsadäquate Organisation umso weniger, je länger diese Leitung zeitweise ganz ohne ein universitäres Selbstverwaltungsorgan tätig ist, ohne dass diese Phase zeitlich auf das Erforderliche begrenzt und Befugnisse auf Notkompetenzen für reversible Entscheidungen beschränkt wären. Die Mitwirkungsrechte der Grundrechtsträger waren hier für eine Übergangszeit von fünf Monaten – von Juli 2013 bis zur Konstituierung des Gründungssenats im November – gänzlich ausgesetzt. Insofern fehlte den wissenschaftlich Tätigen jede Möglichkeit zur Mitwirkung bei der Bestellung und auch bei der Abberufung der Übergangsleitung und damit ein zentrales und effektives Einfluss- und Kontrollinstrument auf die Organisation61 sowie bis zur Konstituierung des Gründungssenats jede institutionalisierte Mitwirkung an Entscheidungen. Das ist von besonderem Gewicht, wenn gerade in der konstitutiven Phase der Neuordnung weitreichende und nachhaltig wirkende, kaum reversible Weichenstellungen vorgenommen werden.

Die Wissenschaftsfreiheit ist strukturell stärker gefährdet, wenn – unabhängig von den tatsächlichen Bemühungen eines Beauftragten – in dieser sensiblen Situation ein Leitungsorgan nicht nur ohne Mitwirkung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingesetzt wird und nicht abgewählt werden kann, sondern auch ohne jede Mitwirkung der Träger der Wissenschaftsfreiheit – und damit potentiell auch gegen ihre Interessen gerichtet – zu handeln befugt ist. Auch in einer fusionsbedingten Übergangsphase müssen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch ihre Vertretung in Hochschulorganen ihre fachliche Kompetenz zu deren Verwirklichung in die Organisation einbringen können62. In der Universität Cottbus-Senftenberg fehlte es auch in der Folgezeit von November 2013 bis Juli 2014 an derartigen Sicherungen. Zwar war der Gründungssenat im November konstituiert worden und stand diesem ein umfassendes Informationsrecht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GWHL zu. Doch hatte der Gründungssenat dem Gründungsbeauftragten gegenüber insgesamt sogar weniger Mitwirkungsrechte als gegenüber dem späteren Gründungspräsidenten. Auch das Erfordernis eines für den Abschluss des Hochschulvertrages notwendigen Einvernehmens des Gründungssenats lässt sich dem Gesetz – unabhängig vom tatsächlichen Bemühen des Gründungsbeauftragten, ein solches zu erzielen – nicht entnehmen.

Ob die Einsetzung des Beauftragten durch die Landesregierung hier angesichts der konkreten Umstände gerechtfertigt war und ob die näheren Umstände seiner Einsetzung hier den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, kann letztlich offen bleiben, denn die angegriffene Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 GWHL genügt den grundgesetzlichen Anforderungen jedenfalls deshalb nicht, weil der Gesetzgeber die bei Einsetzung eines Beauftragten wesentlichen Regelungen zur Ausgestaltung der Wissenschaftsfreiheit nicht selbst getroffen hat63. Dem tragen etwa diejenigen Landeshochschulgesetze Rechnung, die die Einsetzung von Beauftragten ermöglichen, deren Befugnisse aber selbst ausdrücklich auf das Erforderliche beschränken (§ 68 Abs. 5 LHG BW; Art. 75 Abs. 3 Satz 1 BayHSchG; § 76 Abs. 3 HG NRW; § 7 Abs. 3 SächsHSFG) und zur schonenden Ausübung verpflichten (§ 111 Abs. 7 BremHG; § 107 Abs. 6 HmbHG). Dem Gründungsbeauftragten der Universität Cottbus-Senftenberg wurden wissenschaftsrelevante Befugnisse dagegen im Wesentlichen überhaupt nicht durch Gesetz, sondern durch die vom Ministerium erlassene vorläufige Grundordnung zugewiesen. Das Gesetz unterscheidet zwischen Gründungspräsident und Gründungsbeauftragtem, der in § 12 Abs. 4 GWHL lediglich die Befugnis zum Erlass der ersten Wahlordnung erhält, wohingegen dem Gründungspräsidenten beispielsweise in § 3 Abs. 6 Satz 2, § 6 Abs. 2 oder § 17 Abs. 1 GWHL weitere Befugnisse zugewiesen sind. Nicht das Gesetz, sondern erst die von der zuständigen obersten Landesbehörde nach § 15 Abs. 1 GWHL erlassene vorläufige Grundordnung setzt dann in ihrem § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 den Gründungsbeauftragten mit dem Gründungspräsidenten gleich und konkretisiert dessen Befugnisse – sowie aufgrund der Regelungssystematik damit gleichzeitig die Befugnisse des Gründungsbeauftragten – weiter. Jedenfalls in dieser Weise durfte die Leitung der Hochschule nicht unter Zurückdrängung der akademischen Mitwirkungsrechte der Professoren und Professorinnen in die Hände eines staatlich eingesetzten Beauftragten gelegt werden.

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Die Lehrkraft für besondere Aufgaben an einer niedersächsischen Universität - und ihre Eingruppierung

Zusammensetzung des (erweiterten) Gründungssenats[↑]

Die Zusammensetzung des Gründungssenats und des erweiterten Gründungssenats, in denen die Professoren von der Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz gleichrangig vertreten sind, ist hingegen mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar.

Die Professoren der Fachhochschule Lausitz können sich ebenso wie die der Universität Cottbus auf die Wissenschaftsfreiheit berufen. Unterschiede wie beim Lehrdeputat wiegen nicht so schwer, dass die Zusammenfassung in einer Gruppe durch den Gesetzgeber sachwidrig wäre. Auch das Argument der Tradition zwingt nicht dazu, kategorial zwischen Universität und Fachhochschule zu unterscheiden. Der Gesetzgeber ist nicht an überkommene Vorstellungen gebunden. Mit Blick auf bestimmte Entscheidungen hat der Gesetzgeber die verschiedenen Qualifikationen im Übrigen berücksichtigt, denn bei unmittelbar forschungsrelevanten Entscheidungen haben die Universitätsprofessorinnen und ?professoren ein ausschlaggebendes Gewicht.

Die Wissenschaftsfreiheit der Professoren ist auch nicht dadurch verletzt, dass die Hochschullehrenden der Universität Cottbus trotz ihrer größeren Anzahl mit ebenso vielen Personen in den zentralen Selbstverwaltungsorganen vertreten sind wie die Fachhochschulprofessorinnen und ?professoren. Bei einer gemeinsamen Wahl hätte die Gefahr bestanden, dass überwiegend Hochschullehrende der Universität Cottbus gewählt worden wären, weil diese in der Mehrzahl waren. Damit hätten Gesichtspunkte der universitären Forschung und Lehre von vornherein ein Übergewicht gegenüber der anwendungsbezogenen Forschung und Lehre aus der Fachhochschule Lausitz. Da die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG für beide gilt, ist es legitim, wenn der Gesetzgeber beide im Gründungssenat und im erweiterten Gründungssenat gleich stark repräsentiert sehen will.

Zum Schutz der freien wissenschaftlichen Betätigung der Hochschullehrer und -lehrerinnen in der Gruppenuniversität wird aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG ein Homogenitätsgebot für die Zusammensetzung dieser Gruppe hergeleitet. Bei der Bestimmung der Gruppen muss sich der Gesetzgeber an eindeutige konstitutive Merkmale halten. Dabei darf er, an der typischen Interessenlage als Unterscheidungsmerkmal orientiert, in sachlich unterscheidbare Gruppen sortieren und kann das Bild der Gruppen formen. Die Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen entbehrt erst dann eines hinreichenden sachlichen Grundes, wenn es für die formierte Gruppe keine typische Interessenlage mehr gibt64.

Hochschullehrer sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Personen, die akademisch forschen und lehren und aufgrund der Habilitation oder eines anderen Qualifikationsnachweises mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Fachs in Forschung und Lehre betraut sind65. Sie prägen die Hochschule als wissenschaftliche Einrichtung, tragen erhöhte Verantwortung für die Funktionsfähigkeit und den wissenschaftlichen Rang der Universität und sind mit der Wissenschaft besonders eng verbunden; sie besetzen Schlüsselfunktionen des wissenschaftlichen Lebens und werden wegen ihrer regelmäßig längeren Zugehörigkeit zur Universität durch langfristig wirkende Entscheidungen der Hochschulorgane stärker betroffen als die Gruppen der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Studierenden66. Sie sind daher besonders geeignet, für die Wissenschaftsadäquanz von hochschulorganisatorischen Entscheidungen zu sorgen. Diese Eignung ergibt sich aus ihrer besonderen Qualifikation, Funktion, Verantwortung und Betroffenheit und ihrer damit besonders engen Verbundenheit mit der in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Wissenschaftsfreiheit67, nicht hingegen aus einem bestimmten Mandat ihrer Gruppe. Dieses materielle Verständnis des Typus ist entwicklungsoffen68, um strukturellen, organisatorischen und auf die Anforderungen und Aufgaben von Hochschullehrenden bezogenen Veränderungen im Hochschulwesen Rechnung tragen zu können69.

Die mit den angegriffenen Vorschriften ausgestaltete Zusammensetzung der zentralen Selbstverwaltungsorgane, die der Gesetzgeber mit einer Vorgabe für Entscheidungen über unmittelbar forschungsrelevante Angelegenheiten (§ 15 Abs. 3 GWHL) verbindet, genügt diesen Anforderungen. Der Gesetzgeber trägt damit Unterschieden zwischen Professoren und Professorinnen der Universität einerseits und der Fachhochschule andererseits mit Blick auf bestimmte Entscheidungen Rechnung, fasst sie aber grundsätzlich in einer Gruppe zusammen. Hiergegen bestehen verfassungsrechtlich keine Bedenken.

Der Gesetzgeber musste bei der Gruppenbildung die Professorinnen und Professoren der Universität nicht von denen der Fachhochschule getrennt einordnen. Hinsichtlich ihrer Qualifikation, Funktion, Verantwortlichkeit und Betroffenheit70 liegt eine gleichermaßen typische Interessenlage in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten vor. Fachhochschullehrende sind ebenso für wissenschaftsrelevante Entscheidungen verantwortlich und von ihnen betroffen wie Hochschullehrende. Professuren an Universitäten wie auch an Fachhochschulen sind auf Dauer besetzt; wer sie besetzt, trägt die volle wissenschaftliche Verantwortung für das vertretene Fach.

Die Hochschullehrenden der Fachhochschule Lausitz können sich demnach ebenso wie die der Universität Cottbus auf die Wissenschaftsfreiheit berufen, betreiben akademische Lehre und tragen Verantwortung für das Profil der Organisation; sie sind nach einer Berufung längerfristig an der Universität Cottbus-Senftenberg und damit von wissenschaftsrelevanten Entscheidungen ebenso betroffen wie die der Universität Cottbus. Die unterschiedliche Qualifikation der einzelnen Hochschullehrenden, die auch schon an der Universität Cottbus gegeben war, schließt eine typische Interessenlage nicht aus; ein formeller Qualifikationsnachweis wie etwa die Habilitation ist nicht Voraussetzung, um zur Gruppe der Professoren und Professorinnen zu gehören71. Auch Unterschiede wie beim Lehrdeputat wiegen nicht so schwer, dass die Zusammenfassung in einer Gruppe durch den Gesetzgeber sachwidrig wäre. Insbesondere können aus der höheren zeitlichen Belastung durch Lehrveranstaltungen keine Folgerungen gegen eine ebenfalls wissenschaftliche Funktion der Fachhochschulprofessorinnen und -professoren abgeleitet werden72. Vielmehr sieht das Brandenburgische Hochschulgesetz in § 47 BbgHG 2014 auch die Möglichkeit vor, an Universitäten Professuren mit dem Schwerpunkt Lehre einzurichten und umgekehrt an Fachhochschulen Professuren mit dem Schwerpunkt Forschung, was es nach dem Willen des Gesetzgebers nach § 6 Abs. 4 GWHL auch in der Universität Cottbus-Senftenberg geben soll.

Auch das Argument der Tradition zwingt nicht dazu, kategorial zwischen Universität und Fachhochschule bei der Vertretung in den Gremien der Universität Cottbus-Senftenberg zu unterscheiden. Der Gesetzgeber ist nicht an überkommene Vorstellungen gebunden; zudem hat sich die Hochschullandschaft in den letzten Jahren stark verändert. Eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Universitäten und Fachhochschulen ist heute schwer möglich73. Die Freiheit von Forschung und Lehre wird für Fachhochschulen ebenso garantiert wie für Universitäten74.

Der Gesetzgeber hat die verschiedenen Qualifikationen der in einer Gruppe zusammengefassten Hochschullehrer und -lehrerinnen im Übrigen in § 15 Abs. 3 GWHL mit Blick auf bestimmte Entscheidungen berücksichtigt.

Das Homogenitätsgebot reicht nicht so weit, dass innerhalb dieser Gruppe der Hochschullehrenden der wissenschaftliche Werdegang der einzelnen Mitglieder bedeutungslos ist und von der Sache her gerechtfertigte unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen für die Wahrnehmung bestimmter akademischer Aufgaben sowie unterschiedliche Regelungen über die Ausübung der Hochschullehrertätigkeit schlechthin verboten sind75 und ihnen für einzelne Entscheidungen nicht Rechnung getragen werden kann.

Mit § 15 Abs. 3 GWHL in der durch das Gesetz vom 28.04.2014 geänderten Fassung12 haben die Universitätsprofessorinnen und -professoren bei gewissen, unmittelbar forschungsrelevanten Entscheidungen ein ausschlaggebendes Gewicht. So müssen sie bei Entscheidungen über Habilitationen, Berufungen von Hochschullehrenden, die zusätzliche wissenschaftliche Leistungen erbracht haben (§ 41 Abs. 1 Nr. 4a BbgHG 2014), und die Bewährung von Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren über die Mehrheit der Stimmen verfügen; eine solche Regelung wird nun nicht mehr der Grundordnung überlassen. Damit ist in dem Bereich, der bereits 1973 vom Bundesverfassungsgericht explizit als „mit der Garantie der Wissenschaftsfreiheit besonders eng verknüpft“76 hervorgehoben wurde, auch weiterhin der ausschlaggebende Einfluss der Universitätsprofessorinnen und -professoren gesichert. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 3 und 4 GWHL ebenso für die Übertragung der Funktion einer Universitätsprofessur auf Angehörige der Fachhochschule. Auch bei der Betreuung von Dissertationen und Habilitationen differenziert das Gesetz in § 6 Abs. 5 GWHL entsprechend.

Gleichstarke Vertretungen von Universitäts- und Fachhochschulprofessoren[↑]

Die Wissenschaftsfreiheit der Beschwerdeführer ist auch nicht dadurch verletzt, dass die Hochschullehrenden der Universität Cottbus trotz ihrer größeren Anzahl mit ebenso vielen Vertreterinnen und Vertretern in den zentralen Selbstverwaltungsorganen vertreten sind wie die Fachhochschulprofessorinnen und -professoren.

Wahlen in den Hochschulen dienen nicht einer demokratisch-egalitären Repräsentation. Sie sollen die Hochschulorgane vielmehr nach den Maßstäben „der Qualifikation, Funktion, Verantwortung und Betroffenheit der Mitglieder“ (§ 37 Abs. 1 Satz 2 HRG; § 61 Abs. 1 Satz 2 BbgHG 2014) organisieren77. Die Organisationsform der sogenannten Gruppenuniversität knüpft an die typischerweise vorhandenen Gruppierungen an und gliedert die Angehörigen der Hochschule nach ihren verschiedenen Funktionen und Interessen in einzelne Gruppen (Hochschullehrende, wissenschaftliche Mitarbeiter, Studierende, sonstige – nicht wissenschaftliche – Mitarbeiter). Den von diesen Gruppen gewählten Vertretern werden Stimmrechte in den kollegialen Beschlussorganen der Hochschulselbstverwaltung zugeteilt78. Dieser funktionalen Verankerung der Mitwirkungsrechte entspricht es, dass der Erfolgswert der Einzelstimme je nach der Größe der Gruppe verschieden groß sein kann79.

Weiterlesen:
Neues Wahlrecht für Mecklenburg-Vorpommern

Die Bestimmung und Abgrenzung der einzelnen Gruppen im System der Gruppenuniversität nach Maßgabe der verschiedenen Funktionen und Interessen ist grundsätzlich der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers anheimgegeben79. Auch wenn es innerhalb einer Gruppe erhebliche Interessenkonflikte gibt und die gegensätzlichen Auffassungen in der Gruppenvertretung nicht hinreichend zum Zuge kommen, so dass der Gesetzgeber befürchten kann, hierdurch werde die Funktionsfähigkeit der Gruppenuniversität beeinträchtigt, kann er dem durch eine sachgemäße Untergliederung der betroffenen Gruppe Rechnung tragen. Solche Differenzierungen sind grundsätzlich zulässig80.

Danach verstoßen die Regelungen des § 12 Abs. 2 Satz 2 und des § 12 Abs. 3 Satz 2 GWHL nicht gegen das Grundgesetz. Ein unterschiedliches Stimmengewicht ist für eine Übergangszeit auch im Rahmen einer Hochschulfusion zu rechtfertigen. Für die vorgenommene Differenzierung gibt es sachliche Gründe, die der Wissenschaftsfreiheit hinreichend Rechnung tragen. Der Gesetzgeber darf bei der Ausgestaltung der Mitwirkungsrechte in der Gruppenuniversität innerhalb der Gruppe der Hochschullehrerinnen und -lehrer sachgerecht differenzieren81.

Die angegriffenen Regelungen zielen auf die unterschiedlichen Interessenlagen der aus zwei fusionierten Hochschulen stammenden Mitglieder einer Gruppe; sie sollen durch die Schaffung von zwei Wahlgruppen diese ausgleichen und dafür sorgen, „dass die besonderen Stärken, Qualitäten und Charakteristika der beiden in der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg aufgehenden Hochschulen sich in dieser gleichrangig gerade in der Start- und Gründungsphase wiederfinden“82. Bei einer gemeinsamen Wahl aller Hochschullehrerinnen und -lehrer hätte demgegenüber die Gefahr bestanden, dass die Mitglieder dieser Gruppe in den zentralen Selbstverwaltungsorganen überwiegend von der Universität Cottbus gewählt und gestellt worden wären, weil diese in der Mehrzahl waren. Damit hätten Gesichtspunkte der universitären Forschung und Lehre von vornherein ein Übergewicht gegenüber der anwendungsbezogenen Forschung und Lehre aus der Fachhochschule Lausitz. Da die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG für beide gilt, ist es legitim, wenn der Gesetzgeber beide im Gründungssenat und erweiterten Gründungssenat gleich stark repräsentiert sehen will. Etwas anderes ergibt sich nicht aus den konkreten Mehrheitsverhältnissen. Die Beeinträchtigung des Erfolgswerts der Stimmen der einzelnen Wahlberechtigten hält sich in einem zumutbaren Rahmen.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2015 – 1 BvR 1501/13 – 1 BvR 1682/13

  1. GVBl I Nr. 4; zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Hochschulrechts des Landes Brandenburg vom 28.04.2014, GVBl I Nr. 18, S. 58[]
  2. Lausitz-Kommission, Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz [Kurzfassung], 2012, S. 5[]
  3. Wissenschaftsrat, Stellungnahme zur Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus, Drs. 5101/02, S. 83 ff.[]
  4. Landeshochschulrat, Tätigkeitsbericht für die Jahre 2008/2009, S. 5 f. und Anlage 4[]
  5. Lausitz-Kommission, Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz [Kurzfassung], 2012, S. 11[]
  6. Hochschulstrukturkommission, Abschlussbericht, 2012, S.192 f.[]
  7. LTDrucks 5/6180[]
  8. LTBbg, P-AWFK 5/36[]
  9. LTDrucks 5/6692[]
  10. LTDrucks 5/6697[]
  11. GVBl I Nr. 4[]
  12. GVBl I Nr. 18, S. 58[][]
  13. Vorläufige Grundordnung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg vom 16.07.2013, Amtsblatt für Brandenburg 2013, Nr. 33, S.2066, vorlGO[]
  14. BVerfG, Beschluss vom 27.06.2013 – 1 BvR 1501/13[]
  15. VfGBbg, Beschlüsse vom 19.06.2013 – 3/13 EA und 5/13 EA[]
  16. VfGBbg, Beschluss vom 18.10.2013 – VfGBbg 25/13[]
  17. GVBl. Brandenburg Teil 1 Nummer 4 vom 12.02.2013; zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Hochschulrechts des Landes Brandenburg vom 28.04.2014, GVBL. Brandenburg Teil 1 Nummer 18, S. 58[]
  18. vgl. BVerfGE 1, 97, 101 ff.; 115, 118, 137; stRspr[]
  19. vgl. BVerfGE 35, 79, 108; 111, 333, 352; 127, 87, 113; BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 44[][]
  20. vgl. BVerfGE 111, 333, 354 f.[]
  21. vgl. BVerfGE 85, 360, 384 f.[][]
  22. vgl. BVerfGE 81, 138, 140; 99, 129, 138; 119, 309, 317[]
  23. vgl. BVerfGE 39, 247, 254 ff.[]
  24. vgl. BVerfGE 127, 87, 114 ff.[]
  25. vgl. BVerfGE 111, 333, 355[]
  26. vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 57[]
  27. vgl. LTDrucks 5/6180, S. 45[]
  28. vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 51 ff. m.w.N.[]
  29. vgl. BVerfGE 85, 360, 382, 384 f.[]
  30. vgl. BVerfGE 128, 157, 179[]
  31. vgl. BVerfGE 49, 89, 126 f.; 134, 141, 184 Rn. 126 m.w.N.[]
  32. vgl. BVerfGE 35, 79, 121[]
  33. vgl. zu medizinischen Hochschulen und Universitätskliniken BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 55; BVerfG, Beschluss vom 22.12 2014 – 1 BvR 1553/14 -, Rn. 12[]
  34. vgl. BVerfGE 85, 360, 374[]
  35. BVerfGE 36, 321, 330 m.w.N.[]
  36. vgl. BVerfGE 119, 96, 128[]
  37. vgl. BVerfGE 70, 324, 355; 130, 318, 344; 131, 152, 205; siehe auch BVerfG, Urteil vom 10.06.2014 – 2 BvE 2/09, 2 BvE 2/10, Rn. 100 ff.[]
  38. vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 -, Rn . 77 ff.[]
  39. vgl. BVerfGE 130, 318, 344 m.w.N.[]
  40. anders aber BerlVerfGH, Urteil vom 22.10.1996 – VerfGH 44/96 25, zur Aufhebung eines Studienganges[]
  41. in diese Richtung bereits BVerfGK 5, 135, 141[]
  42. vgl. BVerfGE 50, 50; 50, 195, 202 f.; 86, 90; siehe auch NdsStGH, Urteil vom 22.10.2010 – StGH 6/09 28[]
  43. vgl. dazu BVerfGE 86, 90, 107; BVerfG, Beschluss vom 07.10.2014 – 2 BvR 1641/11, Rn. 111 f.[]
  44. BerlVerfGH, Urteil vom 22.10.1996 – VerfGH 44/96 25; siehe auch Isensee, WissR 1994 [Sonderheft], S. 148, 176 ff., 179; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Aufl.2004, S. 162; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 6. Aufl.2010, Art. 5 Abs. 3 Rn. 381; Geis, in: Merten/Papier, HGRe, Bd. IV, 1. Aufl.2011, § 100 Rn.20 ff.; dagegen StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.08.1981 – GR 1/81, NVwZ 1982, S. 32, 33; Haug, NVwZ 1997, S. 754, 755; Krausnick, Staat und Hochschule im Gewährleistungsstaat, 2012, S. 178; Pitschas, WissR 1982, S. 229, 254 ff.[]
  45. vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.08.1981 – GR 1/81, NVwZ 1982, S. 32, 33[]
  46. vgl. BVerfGE 132, 134, 162 Rn. 70; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13, Rn. 77; für den Fall der Höhe der Besoldung anders BVerfGE 130, 263, 301 f.; BVerfG, Urteil vom 05.05.2015 – 2 BvL 17/09 u.a., Rn. 129 f.[]
  47. vgl. BVerfGE 35, 79, 115; zuletzt BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 55[]
  48. vgl. BVerfGE 35, 79, 116; 127, 87, 116; BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 57; stRspr[]
  49. vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 57 m.w.N.[][]
  50. so schon BVerfGE 35, 79, 117; 127, 87, 116[]
  51. vgl. BVerfGE 127, 87, 116 m.w.N.[]
  52. vgl. BVerfGE 35, 79, 116, 120[]
  53. vgl. BVerfGE 35, 79, 120[]
  54. vgl. BVerfGE 36, 174, 189; stRspr[]
  55. vgl. BVerfGE 35, 79, 113; 47, 327, 367; 90, 1, 12; 111, 333, 354; 127, 87, 115[]
  56. vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 56 m.w.N.[]
  57. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 55 m.w.N.; stRspr[]
  58. vgl. BVerfGE 49, 89, 126; 134, 141, 184 Rn. 126 m.w.N.[]
  59. vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07 59 f. und 92[]
  60. so auch § 68 Abs. 5 LHG BW; Art. 75 Abs. 3 Satz 1 BayHSchG; § 111 Abs. 6 BremHG; § 7 Abs. 3 SächsHSFG[]
  61. vgl. BVerfGE 127, 87, 130 f.; BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 60[]
  62. vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 – 1 BvR 3217/07, Rn. 57 ff. m.w.N.[]
  63. so auf den Eilantrag im vorliegenden Verfahren: BVerfG, Beschluss vom 27.06.2013 – 1 BvR 1501/13, Rn. 34[]
  64. vgl. BVerfGE 35, 79, 134 f.[]
  65. vgl. BVerfGE 35, 79, 126 f.[]
  66. vgl. BVerfGE 35, 79, 127[]
  67. vgl. BVerfGE 43, 242, 272; 47, 327, 389; 61, 210, 240[]
  68. vgl. BVerfGE 35, 79, 126[]
  69. vgl. BVerfGE 47, 327, 392; 126, 1, 20[]
  70. vgl. BVerfGE 61, 210, 240 m.w.N.[]
  71. vgl. BVerfGE 51, 369, 380[]
  72. vgl. BVerfGE 61, 210, 246[]
  73. vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlung zur Differenzierung der Hochschulen, Drs. 10387-10, S. 22; Empfehlungen zur Rolle der Fachhochschulen im Hochschulsystem, Drs. 10031-10, S.20 f.[]
  74. vgl. BVerfGE 126, 1, 20 mit Nachweisen aus den Landeshochschulgesetzen[]
  75. vgl. BVerfGE 88, 129, 137 unter Verweis auf BVerfGE 54, 363, 387; 57, 70, 92 f.[]
  76. BVerfGE 35, 79, 133[]
  77. vgl. BVerfGE 66, 270, 291[]
  78. BVerfGE 35, 79, 124 f.[]
  79. vgl. BVerfGE 39, 247, 255[][]
  80. vgl. BVerfGE 35, 79, 135, 138; 39, 247, 255 f.; 66, 270, 290[]
  81. vgl. BVerfGE 39, 247, 256[]
  82. LTDrucks 5/6180, S. 42[]