Ein Versammlungsverbot ist dann nicht nach § 15 Abs 1 VersG gerechtfertigt, wenn Hinweise auf eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit fehlen.

Es ist grundsätzlich unzulässig, aus der ablehnenden Haltung des Versammlungsanmelders den Erlass eines Versammlungsverbots herzuleiten.
Die Verbotsverfügung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die Zahl der
Versammlungsteilnehmer unklar ist, da man von den Anmeldern regelmäßig kaum verlässliche Angaben zur Zahl der Teilnehmer erwarten kann.
Mit dieser Begründung hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines privaten Anmelders gegen eine versammlungsrechtliche Verbotsverfügung des Landkreises Schmalkalden-Meiningen wiederhergestellt und einen entgegenstehenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen1 abgeändert. Unter dem Motto „Volkstod stoppen!“ ist für den 9. Juni 2012 in Meiningen eine Veranstaltung geplant worden, die der Landkreis verboten hatte. Hiergegen hat sich der private Anmelder gewehrt.
Im Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts wird die angefochtene Verfügung als grob rechtswidrig bezeichnet. Es gebe keine Hinweise auf eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die das verhängte Versammlungsverbot nach § 15 Abs. 1 VersG rechtfertigen könnte. Sämtliche von der Versammlungsbehörde angeführten Umstände, aus denen sie Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung herleiten wolle, vermöchten allenfalls die Erteilung von Auflagen zu begründen. Das Oberverwaltungsgericht vermochte sich der Einschätzung der Versammlungsbehörde, dass der Erlass einer Auflage in Bezug auf die Einhaltung von Immissionsrichtwerten vorliegend nicht erfolgversprechend sei, nicht anzuschließen. „Was immer mit dieser Aussage, eine Auflage sei nicht „erfolgversprechend“, gemeint sein mag ? eine tragfähige Begründung für ein Versammlungsverbot kann darin nicht erblickt werden“, so das Oberverwaltungsgericht in seiner Begründung. Es sei grundsätzlich unzulässig, aus der ablehnenden Haltung des Anmelders den Erlass eines Versammlungsverbots herzuleiten. Vielmehr müsse die Versammlungsbehörde zunächst einen Auflagenbescheid erlassen, der es dem Veranstalter ermögliche, unter Einhaltung dieser Auflagen seine grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit auszuüben.
Im konkreten Fall habe der Veranstalter sich insbesondere gegen die angekündigte Auflage gewandt, ein Lärmgutachten einzuholen. Eine solche Auflage sei rechtswidrig. Die Behörde müsse von Amts wegen eine Gefahrenprognose erstellen und entsprechende Auflagen erlassen.
Die Verbotsverfügung könne auch nicht darauf gestützt werden, dass die Zahl der Versammlungsteilnehmer noch unklar und auch nicht geklärt sei, inwieweit diese und eine weitere angemeldete Veranstaltung zusammengehörten. Von den Anmeldern könne man regelmäßig kaum verlässliche Angaben zur Zahl der Teilnehmer erwarten; ggf. müsse in Zusammenarbeit mit der Vollzugspolizei dafür gesorgt werden, dass bei Überschreiten einer bestimmten „ungefährlichen“ Teilnehmerzahl weiteren Demonstrationswilligen der Zugang verwehrt oder eine andere Route gewählt werde. Es sei irrelevant, ob die angemeldete Veranstaltung im tatsächlichen Zusammenhang mit einer weiteren Demonstration in Meiningen am gleichen Tage stehe, weil für jede Veranstaltung die von ihr ausgehenden versammlungsrechtlichen Gefahren zu prüfen seien.
Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 31. Mai 2012 – 3 EO 317/12
- VG Meiningen, Beschluss v. 24.05.2012 – 2 E 235/12 Me[↩]