Verfassungsbeschwerde – auch gegen die Entscheidung über die Anhörungsrüge?

Der Beschluss, mit dem über eine Anhörungsrüge entschieden wird, kann nur dann Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein, wenn mit ihm eine eigenständige Beschwer verbunden ist1

Verfassungsbeschwerde – auch gegen die Entscheidung über die Anhörungsrüge?

Unterbleibt im Anhörungsrügeverfahren lediglich die Korrektur des vom Beschwerdeführer gerügten Fehlers, wird also – aus seiner Sicht – der vorangegangene Anhörungsverstoß nicht korrigiert, so liegt in der durch den Anhörungsrügebeschluss bewirkten Fortdauer des vorher schon begründeten Grundrechtsverstoßes keine neue Beschwer.

In diesen Fällen besteht kein Interesse, im Wege der Verfassungsbeschwerde gegen den über die Anhörungsrüge gefassten Beschluss vorzugehen. Der ursprünglich gerügte Anhörungsmangel kann dann nur durch eine Verfassungsbeschwerde gegen die mit der Anhörungsrüge beanstandete Entscheidung geltend gemacht werden2.

Anderes gilt, wenn der Beschluss über die Anhörungsrüge dazu führt, dass bereits der Zugang zu dem Anhörungsrügeverfahren mit nicht tragfähiger Begründung versagt wird – zum Beispiel durch Ablehnung der Statthaftigkeit – und dieses Ergebnis bindend für den weiteren Prozess ist. Besteht eine andere fachgerichtliche Möglichkeit, die Korrektur des gerügten Gehörsverstoßes zu erreichen, nicht mehr, so liegt in dem Beschluss über die Anhörungsrüge eine eigenständige Beschwer3.

Vorliegend wurde der Zugang zu dem Anhörungsrügeverfahren nicht verkürzt. Das Amtsgericht betrachtete die Anhörungsrüge nicht als unzulässig, sondern legte in seiner Entscheidung dar, warum ein Gehörsverstoß aus seiner Sicht nicht vorlag. Dass das Amtsgericht dem hier festgestellten Gehörsverstoß nicht abhalf, begründet für sich genommen keine eigenständige Beschwer. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die die Annahme, der Beschluss vom 21.02.2020 enthielte eine eigenständige Beschwer, begründen könnte. Daher ist die Verfassungsbeschwerde diesbezüglich nicht zur Entscheidung anzunehmen.

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Denkmalschutz aus künstlerischen Gründen

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. Februar 2023 – 2 BvR 653/20

  1. vgl. BVerfGE 119, 292 <294 f.>[]
  2. vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.07.2007 – 2 BvR 496/07 2 f.; Beschluss vom 29.03.2007 – 2 BvR 547/07 8[]
  3. vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.02.2008 – 1 BvR 2327/07, Rn. 17; Beschluss vom 14.03.2007 – 1 BvR 2748/06, Rn. 11 f.[]

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