Ein Missbrauch im Sinne vom § 34 Abs. 2, 1. Alternative BVerfGG liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss1.

Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgaben, nämlich grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden und – wo nötig – die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch für jedermann erkennbar aussichtslose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann2.
Dies gilt in dem hier vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall auch gegenüber der Beschwerdeführerin und ihrer Bevollmächtigten als Rechtsanwältin. Von ihnen ist, auch wenn sie in eigener Sache tätig werden, zu erwarten, dass sie sich mit der verfassungsrechtlichen Materie und der hierzu ergangenen Rechtsprechung sowie den Zulässigkeitsvoraus-setzungen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzen, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs eingehend abwägen und sich den Ergebnissen seiner Prüfung entsprechend verhalten3.
Gemessen an diesen Grundsätzen spricht für die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr zunächst, dass sich die Beschwerdeführerin wegen einer Bagatellforderung an das Bundesverfassungsgericht gewandt hat und die Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, insbesondere keine verfassungsrechtliche Substanz erkennen lässt. Hinzu kommt, dass sowohl die Beschwerdeführerin selbst als auch ihre Bevollmächtigte bereits in der Vergangenheit wiederholt mit vergleichbar unzulässigen Verfassungsbeschwerden in Erscheinung getreten sind. Wegen einer von ihnen gemeinsam mit einer weiteren Rechtsanwältin erhobenen Verfassungsbeschwerde hat die Kammer mit Beschluss vom 30.09.2013 der Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin bereits einmal eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € auferlegt, weil sie die aus professioneller Sicht zu beachtenden Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde grob verkannt habe4. Dies hat sie nicht daran gehindert, drei weitere Verfassungsbeschwerden zu erheben, die ebenfalls offensichtlich nicht die aus §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BVerfGG folgenden Substantiierungsanforderungen erfüllt haben und daher von der Kammer nicht zur Entscheidung angenommen worden sind5. Der darin zum Ausdruck kommende Missbrauch des Beschwerderechts ist auch der Beschwerdeführerin zuzurechnen, die sich die Beschwerdebegründung vorbehaltlos zu eigen gemacht hat, und rechtfertigt es daher, auch sie mit einer Missbrauchsgebühr zu belegen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20. Oktober 2016 – 1 BvR 2302/16
- vgl. BVerfGK 6, 219; 10, 94, 97; 14, 468, 470; stRspr[↩]
- vgl. BVerfGK 3, 219, 222; 6, 219 f.; 10, 94, 97[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1996 – 2 BvR 725/96, NJW 1996, S. 2785; Beschluss vom 19.02.2009 – 2 BvR 191/09 4; Beschluss vom 24.08.2010 – 1 BvR 1584/10, NZS 2011, S. 257[↩]
- BVerfG – 1 BvR 2511/13[↩]
- BVerfG – 1 BvR 2990/14, 1 BvR 780/16 und 1 BvR 2101/16[↩]