Eine spezifische Verfassungstreue kann bei Bezirksschornsteinfegermeister nicht gefordert werden. Eine Unzuverlässigkeit eines Bezirksschornsteinfegermeisters kann daher nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt nicht allein durch Aktivitäten in der rechtsextremistischen Szene begründet werden.

Das Oberverwaltungsgericht stimmt dem erstinstanzlich mit dem Rechtsstreit befassten Verwaltungsgericht Halle 1 insoweit zu, dass in dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung die gesetzlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Nr. 1 Schornsteinfegergesetz für den Widerruf der Bestellung des Klägers nicht erfüllt gewesen seien. Danach ist die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister nach Anhörung des Vorstandes der Schornsteinfegerinnung zu widerrufen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Bezirksschornsteinfegermeister nicht die erforderliche persönliche oder fachliche Zuverlässigkeit für die Ausübung seines Berufs besitzt. Der Widerruf der Bestellung war vor allem mit den Aktivitäten des Klägers für die NPD und einer daraus zu folgernden fehlenden Zuverlässigkeit für die Ausübung des Berufs des Bezirksschornsteinfegermeisters begründet worden.
Zwar könne nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auch ein Verhalten im privaten Bereich die Unzuverlässigkeit des Bezirksschornsteinfegermeisters für seinen Beruf begründen. Insoweit müsse es sich aber um ein Verhalten handeln, welches Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit der Aufgabenwahrnehmung habe. Hierfür gebe es aber keine hinreichend konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte.
Die dem Kläger vorgeworfenen Aktivitäten in der rechtsextremistischen Szene seien für sich genommen nicht geeignet, die persönliche Zuverlässigkeit des Klägers für die Erfüllung seiner Aufgabe als Bezirksschornsteinfegermeister zu verneinen. Zwar zeigte sich das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger mit den Zielen der NPD identifiziere und sich aktiv für die Partei einsetze. Für die Entscheidung war aber letztlich ausschlaggebend, dass das hier maßgebliche Schornsteinfegergesetz aus dem Jahr 1969 eine spezifische Verfassungstreue des Bezirksschornsteinfegermeisters, wie sie etwa für Beamte gilt, nicht voraussetzt.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, damit der Rechtsbegriff der „persönlichen Zuverlässigkeit“ gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 Schornsteinfegergesetz höchstrichterlich geklärt werden kann.
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10. November 2011 – 1 L 103/10
- VG Halle, Urteil vom 29.04.2010 – 1 A 99/08 HAL[↩]