Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht.

Erforderlich sind Darlegungen
- zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht,
- zu den Abschiebungsvoraussetzungen,
- zur Erforderlichkeit der Haft,
- zur Durchführbarkeit der Abschiebung und
- zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG).
Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte ansprechen. Leerformeln und Textbausteine genügen nicht.
Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden1.
Die Durchführbarkeit der Abschiebung muss mit konkretem Bezug auf das Land, in das der Betroffene abgeschoben werden soll, dargelegt werden. Anzugeben ist dazu, ob und innerhalb welchen Zeitraums Abschiebungen in das betreffende Land üblicherweise möglich sind, von welchen Voraussetzungen dies abhängt und ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall vorliegen2.
Im hier entschiedenen Verfahren bedeutete dies: Die Haftverlängerung um acht Wochen hat die beteiligte Behörde im Haftantrag vom 16.08.2017 allein mit einer Auskunft der Zentralstelle für Flugabschiebungen begründet, wonach die erteilte Flugbuchung mit einer Vorlaufzeit von acht Wochen erfolgen könne, da nach dem vom Betroffenen gezeigten Verhalten ein Flug mit Sicherheitsbegleitung gebucht werden solle. Die in den Antrag auf Haftverlängerung weiter eingefügten Ausführungen aus dem ursprünglichen Haftantrag der Ausländerbehörde Krefeld vom 10.05.2017 begründen dagegen nur die ursprüngliche Haftanordnung vom 11.05.bis 16.08.2017. Insbesondere war dort für die Beschaffung eines Passersatzpapiers ein Zeitraum bis zum 5.07.2017 angesetzt. Nachdem das erforderliche Dokument aus Marokko am 14.07.eingegangen war, konnte dieser Zeitaufwand für die Haftverlängerung keine Rolle mehr spielen. Für die auf den Eingang des Passersatzes folgende Flugbuchung wurden im ursprünglichen Haftantrag nur sechs Wochen und nicht wie im Verlängerungsantrag acht Wochen Vorlaufzeit veranschlagt.
Diese Begründung ist unzureichend. In einem Antrag auf Anordnung von Sicherungshaft ist zwar eine nähere Erläuterung des für die Buchung eines Fluges mit Sicherheitsbegleitung erforderlichen Zeitaufwands in aller Regel dann nicht geboten, wenn sich die Behörde auf eine Auskunft der zuständigen Stelle beruft, wonach dieser Zeitraum bis zu sechs Wochen beträgt. Ist ein längerer Zeitraum für die Organisation der Rückführung des Betroffenen erforderlich, bedarf es aber einer auf den konkreten Fall bezogenen Begründung, die dies nachvollziehbar erklärt und Ausführungen etwa zur Art des Fluges, Buchungslage der in Betracht kommenden Fluggesellschaften, Anzahl der Begleitpersonen und zur Personalsituation enthält3. Daran fehlt es hier.
Dieser Mangel ist im vorliegenden Fall jedoch aufgrund der zusätzlichen Angaben der beteiligten Behörde im Schriftsatz vom 02.10.2017 und der erforderlichen Anhörung des Betroffenen mit der Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 06.10.2017 geheilt worden4.
Die beteiligte Behörde hat ihren Vortrag mit Schriftsatz vom 02.10.2017 ergänzt. Danach sei nach Scheitern der Abschiebung am 15.08.2018 umgehend die Flugbuchung mit Sicherheitsbegleitung eingeleitet worden. Mit Schreiben vom 01.09.2017 habe die ZFA Bielefeld Flugdaten für den 11.09.2017 mit Sicherheitsbegleitung bestätigt. Da die Fluggesellschaft kurzfristig Plätze gestrichen habe, sei eine Umbuchung auf den 18.09.2017 erforderlich geworden. Aufgrund sich selbst zugefügter Schnittverletzungen des Betroffenen und der Befürchtung, er könne eine Rasierklinge verschluckt haben, habe die Rückführungsmaßnahme am 18.09.2017 abgebrochen werden müssen. Eine weitere, für den 28.09.2017 geplante Abschiebung sei gescheitert, weil der Betroffene bereits bei seiner Abholung Griffe des Bestecks geschluckt gehabt habe und blutend und mit Krämpfen angetroffen worden sei.
Damit hat die beteiligte Behörde die ursprüngliche, unzureichende Angabe zur erforderlichen Dauer der Haft hinreichend präzisiert und den Antrag auf Haftverlängerung im erforderlichen Umfang ergänzt. Aufgrund des vom Betroffenen eingeräumten Widerstands gegen die beiden Abschiebungsversuche am 18. und 28.09.2017 und der vorherigen, nicht von der beteiligten Behörde zu vertretenden Umbuchung des ersten dieser Flüge vom 11. auf den 18.09.2017 hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass eine Verlängerung der Abschiebungshaft bis zum 11.10.2017 erforderlich war, um die Abschiebung des Betroffenen mit Sicherheitsbegleitung durch eine weitere Flugbuchung zu gewährleisten.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. November 2019 – XIII ZB 5/19
- st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 30.03.2017 – V ZB 128/16, FGPrax 2017, 185 Rn. 6 mwN; vom 25.01.2018 – V ZB 107/17, Asylmagazin 2018, 224 Rn. 3; und vom 04.07.2019 – V ZB 173/18 5[↩]
- st. Rspr., vgl. BGH, Asylmagazin 2018, 224 Rn. 3; Beschluss vom 04.07.2019 – V ZB 173/18[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2018 – V ZB 4/17, InfAuslR 2019, 23 Rn. 11; Beschluss vom 04.07.2019 – V ZB 173/18 8[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 11.02.2016 – V ZB 24/14 8 f.; Beschluss vom 16.07.2014 – V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384, Rn. 21 bis 24[↩]