Verlust des Freizügigkeitsrechts bei Arbeitslosigkeit

Die förmliche Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts ist eine Ermessensentscheidung und muss daher einzelfallbezogen begründet werden. Der bloße Hinweis auf den materiellen Wegfall des Freizügigkeitsrechts genügt jedenfalls bei einem Unionsbürger, die sich seit über vierJahren ununterbrochen rechtmäßig in Deutschland aufhält und dessen Kinder hier die Schule besuchen , nicht.

Verlust des Freizügigkeitsrechts bei Arbeitslosigkeit

§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU kann nicht entnommen werden, dass ein nach mindestens einjähriger Berufstätigkeit unverschuldet arbeitslos gewordener Unionsbürger über das sozialrechtlich gebotene Maß hinaus überobligatorische Arbeitsbemühungen nachweisen muss, um im Genuss des Freizügigkeitsrechts zu bleiben.

Gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU bleibt das Freizügigkeitsrecht bei unfreiwilliger, durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit unberührt, wenn der Betroffene zuvor ein Jahr als Arbeitnehmer tätig gewesen ist. Für die Folgezeit fordern Rechtsprechung und Kommentarliteratur lediglich, dass der Betroffene sich bei der Arbeitsagentur als arbeitsuchend meldet, seinen sozialrechtlichen Obliegenheiten der Arbeitsagentur gegenüber nachkommt und eine ihm eventuell angebotene, zumutbare Beschäftigung annimmt ((vgl. z.B. Dienelt, in: Renner, AuslR, 9. Aufl., § 2 FreizügG/EU Rn. 93; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.02.2010 – L 13 AS 365/10 ER-B) (vgl. § 119 Abs. 1 SGB III). Demnach wird man sicherlich von einem unverschuldet arbeitslos gewordenen Unionsbürger verlangen können, dass er sich im sozialrechtlich gebotenen Maße darum bemüht, seine Arbeitslosigkeit zu beenden (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III), um auch weiterhin als „unverschuldet arbeitslos“ zu gelten. Es spricht aber nichts dafür, dass § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU überobligatorische Bemühungen fordert. Der systematische Vergleich mit § 2 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. und Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU deutet jedenfalls darauf hin, dass arbeitsuchende Unionsbürger, die vor der Arbeitslosigkeit mindestens ein Jahr lang in Deutschland beschäftigt waren, hinsichtlich der Voraussetzungen für einen weiteren Aufenthalt gegenüber solchen Arbeitssuchenden privilegiert werden sollen, die noch nie oder nur kurzfristig Arbeit gefunden haben, und dass daher an ihre Arbeitsbemühungen geringere Anforderungen zu stellen sind.

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Verwaltungsgericht Oldenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 – 11 A 2117/11