Vorrangige Bestattungspflichten

Be­stat­tungs­pflich­tig sind nach den Bestattungsgesetzen der einzelnen Bundesländer die nächs­ten An­ge­hö­ri­gen, wobei von den Bestattungsgesetzen in aller Regel eine bestimmte Reihenfolge vorgesehen wird; so ist regelmäßig zunächst der Ehegatte des Verstorbenen bestattungspflichtig, danach dessen Kinder. Sor­gen die bestattungspflichtigen Angehörigen nicht für die Be­stat­tung, wird diese vom ört­li­chen Ord­nungs­amt ver­an­lasst und dabei an­fal­len­den Kos­ten so­dann den An­ge­hö­ri­gen in Rech­nung ge­stellt. Doch auch dabei ist, wie jetzt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht für das Niedersächsische Ge­set­z über das Lei­chen-?, Be­stat­tungs-? und Fried­hofs­we­sen entschieden hat, strikt die Reihenfolge der Bestattungspflichtigen zu berücksichtigen:

Vorrangige Bestattungspflichten

Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BestattG hat für die Bestattung des am 13. Dezember 2005 verstorbenen Vaters der Klägerin vorrangig dessen Ehefrau zu sorgen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 4 BestattG hat die Klägerin die ersatzweise von der beklagten Stadt übernommenen Bestattungskosten nur dann zu tragen, wenn diese Kosten von der Ehefrau als vorrangig Bestattungspflichtige nicht zu „erlangen“ sind. Dies setzt voraus, dass gegen die Ehefrau ein entsprechender Leistungsbescheid ergangen und eine Vollstreckung daraus erfolglos geblieben oder ersichtlich aussichtslos ist1. Diese Voraussetzungen für eine nachrangige Inanspruchnahme der Klägerin sah das OVG in dem von ihm im Rahmen einer PKH-Beschwerde zu beurteilenden Verfahren als sind bislang nicht gegeben an:

Offenbar wegen der Annahme die Ehefrau sei leistungsunfähig bzw. von ihr seien die Bestattungskosten nicht zu erlangen, ist ihr gegenüber zu Unrecht schon kein Leistungsbescheid erlassen worden. Außerdem steht nach dem bisherigen Verfahrensstand auch nicht fest, dass von ihr die Bestattungskosten nicht zu erlangen sind. Sie hat der Beklagten zwar eine Reihe von Unterlagen zu ihren Einkommensverhältnissen vorgelegt. Diese Unterlagen enthalten jedoch keine vollständigen Angaben über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse, wie sie etwa in einem Verzeichnis nach § 22 NVwVG oder § 807 ZPO enthalten sein müssen, und rechtfertigen deshalb nicht die Annahme, von der Ehefrau seien die streitigen Bestattungskosten nicht zu erlangen. Selbst wenn die Ehefrau aus ihrem eigenen laufenden Einkommen sowie aus ihrem Vermögen die Bestattungskosten nicht tragen könnte, stünde im Übrigen noch nicht fest, dass von ihr die Bestattungskosten nicht zu erlangen sind. Denn insoweit kommt grundsätzlich ein Anspruch nach § 74 SGB XII in Betracht. Dass ein solcher Anspruch durch den Bescheid des Landkreises Gifhorn vom 30. Juli 2006 abgelehnt worden ist, ändert hieran nichts. Nach der Begründung ist die Ablehnung nur vorläufig erfolgt. Im Übrigen erscheint sehr zweifelhaft, ob die Ehefrau insoweit auch nur vorläufig zu Recht die Beweislast dafür auferlegt worden ist, dass der Verstorbene nicht über Erben oder Unterhaltsverpflichtete verfüge, die zivilrechtlich vorrangig verpflichtet und in der Lage seien, die Bestattungskosten zu tragen2.

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Die Klägerin kann also gegenwärtig schon deshalb nicht in Anspruch genommen werden, weil bislang nicht feststeht, dass die Bestattungskosten nicht von der öffentlich-rechtlich vorrangig verpflichteten Ehefrau des Verstorbenen zu „erlangen“ sind.

Im Übrigen ist, so das OVG in einem Nachsatz, ohnehin unverständlich, warum die Beklagte die Ehefrau des Verstorbenen, die nach Aktenlage immerhin über Rentenleistungen in Höhe von wenigstens 1.250 € monatlich verfügt, für „leistungsunfähig“ hält und deshalb nicht in Anspruch nimmt, die Klägerin als Bezieherin von deutlich geringeren Leistungen nach dem SGB II hingegen in Anspruch genommen hat.

  1. vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2009 – 8 PA 88/09 -[]
  2. vgl. LSG Essen, Urt. v. 29.10.2008 – L 12 SO 3/08, – juris[]