Wenn der Nachbar das Bauvorhaben für überdimensioniert hält

Der durch Wohnnutzung in einem Wohngebiet verursachte Verkehr ist grundsätzlich hinzunehmen. Das Lärmmanagement während der Bauphase darf einem zugelassenen Ingenieurbüro überlassen werden, das vom Bauherrn finanziert wird. Damit sind keine Zweifel an der Objektivität einer anerkannten Messstelle begründet.

Wenn der Nachbar das Bauvorhaben für überdimensioniert hält

So das Verwaltungsgericht Hannover in dem hier vorliegenden Fall eines Nachbarn, der sich mit seinem Eilantrag gegen ein seiner Meinung nach überdimensioniertes Bauvorhaben mit zu befürchtendem lautem Kfz-Verkehr wehrt. Der Antragsteller ist Eigentümer einer Wohnung im achten Geschoss des Gebäudes in der Ellernstraße im Zooviertel Hannovers. Dieses Grundstück ist mit einem neungeschossigen, zur Ellernstraße hin orientierten „Hochhaus“, einem eingeschossigen Zwischengebäude und dem zweigeschossigen, zur Lönsstraße hin orientierten Wohngebäude bebaut. Im weiteren Verlauf der Lönsstraße grenzt das Baugrundstück an. Hier befand sich ein dreigeschossiger Luftschutzbunker, der im Verlaufe des Jahres 2012 vollständig abgerissenen wurde. Der für beide Grundstücke geltende Bebauungsplanes weist beide Grundstücke als Wohngebiet aus.

Die Beigeladene plant auf dem Baugrundstück die Errichtung einer dreieinhalbgeschossigen Wohnanlage mit insgesamt 30 Wohneinheiten und Tiefgarage, deren Zufahrt entlang der Grenze zum Grundstück Lönsstraße 21 vorgesehen ist. Nach Beendigung der Erdarbeiten hat die Antragsgegnerin nun den Hochbau unter Auflagen genehmigt. Danach hat die Beigeladene u. a. vor Baubeginn durch ein zugelassenes Ingenieursbüro ein Lärmschutzkonzept zu erstellen und die gesamte Bauphase messtechnisch zu überwachen. Die strikte Umsetzung und Überwachung des Lärmschutzkonzeptes sollen der Region Hannover auf Verlangen nachgewiesen werden. Zudem weist Nr. 17 der Nebenbestimmungen auf die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen nach dem BImSchG hin.

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Der Antragsteller hält das Vorhaben für überdimensioniert, den geplanten Kinderspielplatz aber für zu klein. Außerdem befürchtet er lauten Kfz-Verkehr, Rissbildungen an dem von ihm bewohnten Haus und unerträglichen Lärm während der Bauphase.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Hannover sind die rechtlichen Bestimmungen – soweit sich der Antragsteller gegen das Maß der baulicher Nutzung gewandt hat – nicht nachbarschützend. Dies gilt auch für die Vorschiften zur Größe von Kinderspielplätzen. Daher hat das Verwaltungsgericht diese Fragen in der Sache nicht geprüft.

Weiterhin hat das Verwaltungsgericht Hannover dargelegt, dass der durch Wohnnutzung im Wohngebiet verursachte Verkehr grundsätzlich hinzunehmen ist. Hier wird er besonders nachbarfreundlich durch eine Tiefgarage gemindert. Die Ausfahrt hält für die unmittelbar benachbarten Grundstücke die Lärmwerte für ein Allgemeines Wohngebiet ein, der Antragsteller wohnt über 100m Luftlinie weit entfernt. Rissbildungen sind nach der Aussage eines Prüfstatikers für sein Haus ausgeschlossen. Die Baulärmproblematik bewältige die Baugenehmigung in angemessener Weise. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Lärmmanagement während der Bauphase einem zugelassenen Ingenieurbüro überlassen werde, das letztlich die Beigeladene zu finanzieren habe. Das begründet nach der Entscheidung der Kammer keine Zweifel an der Objektivität einer anerkannten Messstelle.

Sollte es dennoch zu laut werden, bleibt der Antragsteller darauf verwiesen, die zuständige Immissionsschutzbehörde zum Einschreiten zu bewegen.

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Verwaltungsgericht Hannover, Beschluss vom 28. Januar 2013 – 4 B 6834/12