Auch wenn ein Strafurteil nicht rechtskräftig ist, hindert das ein Gericht im Rahmen eines Eilverfahrens nicht an der Verwertung der darin enthaltenen Feststellungen bezüglich eines Arztes, weil der Widerruf einer Approbation der Gefahrenabwehr dient. Und dieses öffentliche Interesse an der sofortigen Abwehr von Gefahren zum Schutz der Allgemeinheit überwiegt das Interesse des Betreffenden, bis zum Vorliegen einer Entscheidung in der Hauptsache den Beruf des Arztes weiter auszuüben.

Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Minden in dem hier vorliegenden Eilverfahren, den Antrag eines Klinik-Arztes aus Bad Oeynhausen auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner ärztlichen Approbation abgelehnt.
Die Bezirksregierung Detmold teilte dem Antragsteller mit Bescheid vom 4. September 2020 mit, seine Approbation als Arzt werde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Maßnahme widerrufen. Durch die Medienberichterstattung sei bekannt geworden, dass gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Der Ermittlungsakte sei zu entnehmen, dass sich der Antragsteller gegenüber seinen Patientinnen sexuell übergriffig verhalten habe. Mit – nach wie vor nicht rechtskräftigem – Urteil des Amtsgerichts Herford sei der Antragsteller mittlerweile wegen drei Vorfällen zulasten zweier Patientinnen gemäß §§ 174 c Abs. 1, 53 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Der Antragsteller habe sich daher eines Verhaltens schuldig gemacht, das so schwerwiegend sei, dass sich daraus seine Unwürdigkeit zur weiteren Ausübung des Arztberufes ergebe. Dagegen hat der Antragsteller sich mit dem Eilantrag gewehrt.
In seiner Entscheidungsbegründung hat das Verwaltungsgericht Minden ausgeführt, der Antragsteller habe sich gegenüber den ihm anvertrauten Patientinnen im Rahmen seiner Tätigkeit als Arzt in einer Reha-Klinik unter Missbrauch des ihm als Arzt entgegen gebrachten Vertrauens sexuell übergriffig verhalten. Der Widerruf seiner Approbation sei daher nach Meinung des Verwaltungsgerichts Minden voraussichtlich rechtmäßig (§ 5 Abs. 2 Satz 1 der Bundesärzteordnung – BÄO -). Dabei habe das Verwaltungsgericht die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des gegen den Antragsteller ergangenen Urteils des Amtsgerichts Herford sowie die weiteren in den Ermittlungsakten vorzufindenden Erkenntnisse zugrunde gelegt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Minden handele es sich bei dem Verhalten des Antragstellers gegenüber seinen Patientinnen um ein außerordentlich schwerwiegendes Fehlverhalten. Die Übergriffe hätten nur aufgrund seiner Stellung als Arzt erfolgen können, da der Antragsteller die Patientinnen in dem Glauben gelassen habe, die Handlungen seien aus ärztlicher Sicht medizinisch notwendig. Die Geschädigten würden sich nach wie vor in psychologischer Behandlung befinden.
Weiter hat das Verwaltungsgericht Minden erklärt, dass ein nicht rechtskräftiges Strafurteil, das Gericht im Rahmen eines Eilverfahrens nicht an der Verwertung der darin enthaltenen Feststellungen hindere, weil der Widerruf einer Approbation der Gefahrenabwehr diene. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Abwehr von Gefahren zum Schutz der Allgemeinheit überwiege das Interesse des Antragstellers, bis zum Vorliegen einer Entscheidung in der Hauptsache den Beruf des Arztes weiter auszuüben.
Verwaltungsgericht Minden, Beschluss vom 1. Oktober 2020 – 7 L 762/20