§ 80 Abs. 7 VwGO verdrängt als lec spezialis die allgemeinen Vorschriften zur Wiederaufnahme rechtskräftig beendeter Verfahren und schließt eine Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens nach § 153 VwGO, §§ 578 ff ZPO aus.

Der auf Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens gemäß § 153 VwGO gerichtete Antrag ist nicht statthaft und daher entsprechend § 153 VwGO i.V.m. § 589 Abs. 1 ZPO zu verwerfen. Denn für die Wiederaufnahme von unanfechtbar abgeschlossenen Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO stellt § 80 Abs. 7 VwGO eine spezialgesetzliche Regelung dar, die die allgemeinen Vorschriften zur Wiederaufnahme rechtskräftig beendeter Verfahren (§ 153 VwGO i.V. m. §§ 578 ff. ZPO) verdrängt. § 80 Abs. 7 VwGO eröffnet einerseits die Möglichkeit, aufgrund veränderter oder ohne Verschulden im ursprünglichen Verfahren nicht geltend gemachter Umstände und ohne die Beschränkung auf die in § 580 ZPO aufgezählten Gründe eine Änderung oder Aufhebung des nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschlusses zu beantragen. Andererseits ermöglicht § 80 Abs. 7 VwGO eine Änderung oder Aufhebung des ergangenen Beschlusses durch das Gericht der Hauptsache von Amts wegen insbesondere auf Anregung eines der Beteiligten. Damit gibt § 80 Abs. 7 VwGO in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wegen der dort nur möglichen überschlägigen und vorläufigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage in größerem Umfange und unter gegenüber § 153 VwGO vereinfachten Voraussetzungen die Möglichkeit zur Wiederaufnahme des unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens. Ein eigenständiger Anwendungsbereich des § 153 VwGO für derartige Verfahren verbleibt daneben nicht. Die in § 580 ZPO aufgeführten Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens sind gleichzeitig neue Umstände i.S. des § 80 Abs. 7 VwGO und damit von seinem Anwendungsbereich umfasst.1
Das beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht angebrachte Begehren, das Beschwerdeverfahren wieder aufzugreifen, kann nicht als Antrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO ausgelegt oder umgedeutet werden. Der anwaltlich vertretene Antragesteller hat mit der Adressierung des Antrages an das Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, der Antragsfassung und mit der Antragsbegründung unmissverständlich deutlich gemacht, dass sein Begehren auf eine Wiederaufnahme des unter dem Aktenzeichen 1 Bs 198/10 abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens gemäß § 153 VwGO gerichtet ist. Dieses Rechtsschutzziel unterscheidet sich deutlich von einem Antrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO, der auf Aufhebung oder Änderung des unanfechtbaren Beschlusses des Verwaltungsgerichts zielt und an das Verwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache zu richten wäre. Für eine Auslegung oder Umdeutung des Antrages ist daher kein Raum.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. Dezember 2010 – 1 E 8/10
- vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 17.10.1983, BVerwGE 76, 127; Guckelberger in Sodan/Zieckow, VwGO, 3. Aufl. § 153, Rn. 12-14 m.w. Nachw.[↩]