Für die Berechnung von Wohngeld ist es ohne Belang, ob Schmerzensgeld wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers ausgezahlt worden ist. Das Schmerzensgeld ist nicht zum Gesamteinkommen desjenigen, der Wohngeld beansprucht, zu rechnen. Ebensowenig darf es als Vermögen berücksichtigt werden. Lediglich die Zinsen aus der Anlage des Schmerzensgeldes darf als Einkommen mit in die Berechnung des Wohngeldes einfließen.

Nach § 4 WoGG richtet sich das Wohngeld, das nach § 19 WoGG zu berechnen ist, nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder (§§ 5 bis 8 WoGG), der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung (§§ 9 bis 12 WoGG) und dem Gesamteinkommen (§§ 13 bis 18 WoGG).
Das dem Kläger wegen eines Behandlungsfehlers im Krankenhaus gezahlte Schmerzensgeld gehört nach Meinung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nicht zum Gesamteinkommen nach den §§ 13 bis 18 WoGG. Das Gesamteinkommen ist nach § 13 Abs. 1 WoGG die Summe der Jahreseinkommen (§ 14 WoGG) der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder abzüglich der Freibeträge (§ 17 WoGG) und der Abzugsbeträge für Unterhaltsleistungen (§ 18 WoGG). Das Jahreseinkommen eines zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieds ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG vorbehaltlich des § 14 Abs. 3 WoGG die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des EStG zuzüglich der Einnahmen nach § 14 Abs. 2 WoGG abzüglich der Abzugsbeträge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nach § 16 WoGG. Bei dem einmalig gezahlten Schmerzensgeld handelt es sich indessen weder um Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG noch um Einnahmen nach § 14 Abs. 2 WoGG.
Der Bundesfinanzhof hat ausdrücklich entschieden, dass Schadensersatzleistungen, die ihre Grundlage in den §§ 823 Abs. 1, 847 BGB haben, grundsätzlich einkommensteuerfrei sind1. Darüber hinaus hat der Bundesfinanzhof festgestellt, dass auch Schadensersatzleistungen als Einmalbetrag nicht der Einkommensteuer unterliegen2 . Da das dem Kläger gezahlte Schmerzensgeld damit nicht zu den der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG gehört, stellt es auch insoweit kein Einkommen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG dar. Darüber hinaus gehört das Schmerzensgeld auch nicht zu den Einnahmen nach § 14 Abs. 2 WoGG. Die Auffassung des Beklagten, das Schmerzensgeld falle unter § 14 Abs. 2 Nr. 4 d bzw. e WoGG, ist unzutreffend, da diese Bestimmungen lediglich die nach § 3 Nr. 3 EStG steuerfreien Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen, d. h. Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes betreffen, zu denen die Zahlung von Schmerzensgeld nach den §§ 823, 847 BGB ersichtlich nicht gehört. Das Schmerzensgeld stellt demnach kein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG zu berücksichtigendes Jahreseinkommen dar.
Das Schmerzensgeld kann auch nicht als Vermögen bei der Bemessung des Wohngeldes berücksichtigt werden. Da das Wohngeld sich nach § 4 WoGG nur nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder, der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung und dem Gesamteinkommen richtet, bleibt das Vermögen bei der Prüfung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Wohngeldanspruch besteht, grundsätzlich unberücksichtigt. Etwas anderes gilt nur, soweit die Inanspruchnahme von Wohngeld insbesondere wegen erheblichen Vermögens missbräuchlich wäre; insoweit besteht nach § 21 Nr. 3 WoGG kein Wohngeldanspruch.
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht vor. Zwar stellt das dem Kläger im Januar 2009 ausgezahlte Schmerzensgeld in Höhe von 107.500,- Euro ein erhebliches Vermögen dar; nach Nr. 21.35 Abs. 1 der Wohngeldverwaltungsvorschrift ist ein erhebliches Vermögen im Sinne des § 21 Nr. 3 WoGG in der Regel dann vorhanden, wenn die Summe des verwertbaren Vermögens der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder 60.000,- Euro übersteigt. Die Inanspruchnahme von Wohngeld durch den Kläger erweist sich aber trotz des erheblichen Vermögens nicht als rechtsmissbräuchlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass der Einsatz von Schmerzensgeld als Vermögen für einen Sozialhilfesuchenden grundsätzlich eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG darstellt, weil es ihm dann nicht mehr zu den Zwecken zur Verfügung stünde, für die es bestimmt sei, nämlich zum angemessenen Ausgleich des zugefügten immateriellen Schadens und zur Genugtuung für erlittenes Unrecht3. Ausgehend davon kann keine Rede davon sein, dass die Inanspruchnahme von Wohngeld, das nach § 1 Abs. 1 WoGG der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens dient, deshalb rechtsmissbräuchlich ist, weil der Antragsberechtigte aufgrund einer Schmerzensgeldzahlung über erhebliches Vermögen verfügt. Dient dieses nämlich zum angemessenen Ausgleich des zugefügten immateriellen Schadens und zur Genugtuung für erlittenes Unrecht, kann es nicht rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Antragsberechtigte es nicht zur Deckung seiner Mietkosten einsetzt, sondern Wohngeld beantragt. Das gilt auch dann, wenn das dem Antragsberechtigten zugeflossene Schmerzensgeld erheblich ist, weil ein hohes Schmerzensgeld demselben Zweck wie ein niedriges Schmerzensgeld dient und die Frage, ob die Inanspruchnahme von Wohngeld rechtsmissbräuchlich ist, bei einem hohen Schmerzensgeld nicht anders als bei einem niedrigen Schmerzensgeld zu beantworten ist. Außerdem ist die Höhe des Schmerzensgeldes grundsätzlich von der Schwere des immateriellen Schadens und des erlittenen Unrechts abhängig, so dass es auch deshalb nicht gerechtfertigt wäre, ein hohes Schmerzensgeld anders als ein geringes Schmerzensgeld bei der Bemessung des Wohngeldes ganz oder teilweise als Vermögen zu berücksichtigen4 .
Entgegen der Annahme des Klägers sind jedoch die Zinseinnahmen aus der verzinslichen Anlage des Schmerzensgeldes, die im Zeitpunkt der Antragstellung zu erwarten waren, als Einkommen bei der Berechnung des Wohngeldes zu berücksichtigen. Zinserträge gehören nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG grundsätzlich zum Jahreseinkommen, weil sie nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer unterliegen und nicht zu den in § 14 Abs. 3 WoGG aufgeführten Einkünften gehören. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen nicht nur die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG genannten Erträge, sondern auch Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ausgehend davon bestimmt § 14 Abs. 2 Nr. 15 WoGG, dass auch der nach § 20 Abs. 9 EStG steuerfreie Sparer-Pauschbetrag, der bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Werbungskosten in Höhe von 801,- Euro abzuziehen ist, zum Jahreseinkommen gehört, soweit die Kapitalerträge 100,- Euro übersteigen. Folglich sind die Zinserträge bei der Bemessung des Wohngeldes als Einkommen zu berücksichtigen. Dass diese Erträge aus der Anlage des dem Kläger gezahlten Schmerzensgeldes resultieren, ändert daran nichts. Der Kläger kann insoweit nicht mit Erfolg einwenden, dass die verzinsliche Anlage des Schmerzensgeldes dem Kapitalerhalt diene und auch hinsichtlich der Zinserträge der Rechtsgedanke des § 88 Abs. 3 BSHG konsequenterweise Anwendung finden müsse. Der Kläger übersieht dabei, dass zwar das Schmerzensgeld dem angemessenen Ausgleich des zugefügten immateriellen Schadens und der Genugtuung für erlittenes Unrecht dient, nicht aber der Zinsertrag aus der Anlage des Schmerzensgelds. Außerdem können das Schmerzensgeld als Vermögen und die Kapitalerträge aus der Anlage des Schmerzensgelds als Einkommen schon deshalb nicht gleichgestellt werden, weil Vermögen wohnungsgeldrechtlich nur ausnahmsweise, nämlich nur im Fall einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme von Wohngeld aufgrund erheblichen Vermögens, zu berücksichtigen ist, während Kapitalerträge als Einkommen grundsätzlich in Ansatz zu bringen sind.
Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 7. Februar 2011 – 4 LC 151/09
- BFH, Urteil v. 29.10.1963 – VI 290/62 U[↩]
- BFH, Urteil v. 25.10.1994 – VIII R 79/91; ebenso FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 05.07.2007 – 4 K 1535/05[↩]
- BVG, Urteil v. 18.05.1995 – 5 C 22.93, BVerwGE 98, 256[↩]
- vgl. zu diesem Gesichtspunkt in Bezug auf § 88 Abs. 3 BSHG: BVerwG, Urteil v. 18.05.1995 – 5 C 22.93 – a.a.O.[↩]