Zu spät beim Verwaltungsgericht – zu früh beim Verfassungsgericht

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Allerdings gilt auch im verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG).

Zu spät beim Verwaltungsgericht – zu früh beim Verfassungsgericht

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat1. Ein Antragsteller hat regelmäßig vorzutragen, dass der Grundsatz der Subsidiarität dem verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz nicht entgegensteht2.

Daran fehlte es in dem hier vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall: Der Beschwerdeführer legt nicht substantiiert dar, dass er das ihm Zumutbare unternommen hat, um rechtzeitig vor dem heute, am 29.08.2020 um 10.30 Uhr, geplanten Beginn der von dem Antragsgegner des Ausgangsverfahrens mit Bescheid vom 26.08.2020 verbotenen Versammlung verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen. Er trägt vor, erst heute Morgen um 1.34 Uhr bzw.01.47 Uhr bei dem Verwaltungsgericht Berlin einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines ebenfalls erst heute erhobenen Widerspruchs gestellt zu haben. Gründe dafür, weshalb der Beschwerdeführer sich nicht früher um fachgerichtlichen Eilrechtsschutz bemüht hat oder dass ihm dies unmöglich oder unzumutbar gewesen sein könnte, legt er nicht dar. Insbesondere teilt er den Zeitpunkt der Zustellung der Verbotsverfügung nicht mit, sodass nicht angenommen werden kann, er sei aufgrund einer späten Bekanntgabe des Verbots an einem früheren Tätigwerden gehindert gewesen.

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Darüber hinaus fehlte es auch an Darlegungen dazu, dass der Beschwerdeführer es unternommen hätte, sich bei dem Verwaltungsgericht nach dem Stand des Verfahrens zu erkundigen.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. August 2020 – 1 BvR 2038/20

  1. vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.08.2019 – 1 BvQ 66/19, Rn. 2; Beschluss vom 04.12.2019 – 2 BvQ 91/19, Rn. 2; stRspr[]
  2. vgl. BVerfG, Beschluss des Erstens Bundesverfassungsgerichts vom 13.08.2019 – 1 BvQ 66/19, Rn. 3[]

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