Die gescheiterte Telefonnummermitnahme beim Anbieterwechsel

Ein Kunde kann einen DSL-Anschlussvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn bei einem Wechsel des Anbieters eines DSL-Anschlusses der neue Vertragspartner verspricht, die Rufnummermitnahme zu erledigen, und der bisherige Anbieter es versäumt, die Teilnehmerdatenbank zu aktualisieren, so dass der Kunde nach dem Wechsel nicht aus allen Netzen erreichbar ist.

Die gescheiterte Telefonnummermitnahme beim Anbieterwechsel

Für die zwischenzeitliche Nutzung schuldet der Kunde nicht den vereinbarten Pauschaltarif, sondern nur ein Entgelt für die tatsächlich genutzten Leistungen: Auch wenn Nutzungen primärer Bereicherungsgegenstand und nicht nach § 818 Abs. 1 BGB herauszugeben sind, ist der Kondiktionsschuldner lediglich zum Ersatz der tatsächlich gezogenen Nutzungen verpflichtet. Hat der Anbieter von Telekommunikationsleistungen nach dem Wirksamwerden der Kündigung eines Pauschaltarifvertrags einen Kondiktionsanspruch gegen seinen früheren Kunden auf Ersatz der nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gezogenen tatsächlichen Nutzungen, benötigt er zur Begründung seines Anspruchs die Verkehrsdaten und ist nach § 97 Abs. 1 TKG zu deren Verwendung berechtigt.

Kündigung des Telefon/Internetvertrages

Der Bundesgerichtshof neigt dazu, den Vertrag, durch den sich der Anbieter von Telekommunikationsleistungen verpflichtet, einem Kunden den Zugang zum Telefonfestnetz und Internet herzustellen, als Dienstvertrag zu qualifizieren1. Er hat die Frage bisher offen lassen können. Auch jetzt muss sie nicht entschieden werden. Ob sich das Recht des Kunden zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags mit der Telefonnetzbetreiberin nach § 626 BGB oder nach § 314 BGB richtet, kann auf sich beruhen. Denn die Anforderungen an einen wichtigen Grund zur Kündigung des Rechtsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs. 1 und des § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB sind, wie sich aus dem Wortlaut der beiden Vorschriften ergibt, inhaltlich im Wesentlichen gleich2.

Für die Kündigungsfristen gelten zwar unterschiedliche Regelungen (§ 314 Abs. 3 BGB und § 626 Abs. 2 BGB). Sie führen im vorliegenden Fall aber nicht zu verschiedenen Ergebnissen.

Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann3. Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen4. Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung5. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen6.

Nach diesen Maßstäben billigt der Bundesgerichtshof dem Kunden einen wichtigen Grund zur Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zu:

Das von der Telefonnetzbetreiberin behauptete Versäumnis des früheren Teilnehmernetzbetreibers des Kunden bei der Aktualisierung der Portierungsdatenbanken fällt nach dem Vertrag in den Risikobereich der Telefonnetzbetreiberin. Zutreffend hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung die Darstellung der Telefonnetzbetreiberin in ihrer Internetanzeige über den Ablauf des Anbieterwechsels berücksichtigt. Zwar mag deren Inhalt nicht ausdrücklich in die zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen einbezogen worden seien. Insoweit fehlen Vortrag der Parteien und dementsprechend Feststellungen der Vorinstanz. Jedoch auch wenn die Erläuterung der Telefonnetzbetreiberin nur Bestandteil einer invitatio ad offerendum gewesen sein sollte, sind die darin enthaltenen Angaben bei der Bestimmung der Risikobereiche zu berücksichtigen, da die Telefonnetzbetreiberin davon ausgehen musste, dass der Kunde seine Erklärung auf der Grundlage ihrer Darstellung des Verfahrensablaufs abgab7.

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Die Telefonnetzbetreiberin übernahm damit nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die gesamte Abwicklung des Anbieterwechsels, einschließlich der Mitnahme der bisherigen Rufnummer für den Kunden. Darin enthalten war auch die Auseinandersetzung mit dem bisherigen Anbieter. Dies folgt daraus, dass sich die Telefonnetzbetreiberin berühmte, nach Beauftragung eines von ihr angebotenen DSL-Produkts „alles Weitere“ für den Kunden zu erledigen. Aus dieser sämtliche erforderlichen Maßnahmen erfassenden Wendung folgt, dass die Telefonnetzbetreiberin es auch übernahm, die Verwendbarkeit der bisherigen Rufnummer zu gewährleisten und die dafür notwendigen Schritte gegenüber dem vormaligen Teilnehmernetzbetreiber zu ergreifen. Unterstrichen wird dies dadurch, dass die Telefonnetzbetreiberin ihre Kunden auch von der Kündigung gegenüber dem bisherigen Anbieter entlastete. Mit der Übernahme all dessen, was zur Rufnummernmitnahme zu veranlassen war – und zwar auch im Verhältnis zum bisherigen Diensteanbieter , trat die Telefonnetzbetreiberin in das Risiko von Versäumnissen des vormaligen Anbieters bei diesem Vorgang ein.

Unbeachtlich ist, ob, wie die Telefonnetzbetreiberin geltend macht, in technischer Hinsicht zwischen der Übertragung der Rufnummer des Kunden von dem alten auf den neuen Anschluss (Portierung) und dem so genannten Routing, das heißt der Festlegung der Wege für die Nachrichtenübermittlung, zu unterscheiden ist. Es mag auch sein, dass das Routing zu dem neuen Teilnehmernetzbetreiber von dem bisherigen Anbieter durch eine Aktualisierung der Rufnummerndatenbanken zu veranlassen ist. Diese, von der Telefonnetzbetreiberin behauptete technische Unterscheidung zwischen Portierung und Routing ist nicht in den Vertrag zwischen den Parteien eingeflossen. Diese Differenzierung ist einem durchschnittlichen Kunden, der nicht über fernmeldetechnisches Spezialwissen verfügt, nicht geläufig. Sie findet in dem von der Telefonnetzbetreiberin verwendeten Begriff der „Rufnummernmitnahme“, die sie für ihre Anschlussnehmer zu erledigen versprach, auch keinen Ausdruck. Der normal gebildete Anschlussnehmer versteht diese Zusage dahin, dass die Telefonnetzbetreiberin für ihn sämtliche Maßnahmen – auch gegenüber dem bisherigen Anbieter – veranlasst, die notwendig sind, damit er seine gewohnte Rufnummer für abgehende und ankommende Verbindungen auch nach dem Wechsel zur Telefonnetzbetreiberin verwenden kann.

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Die mehrwöchige Nichterreichbarkeit des Anschlusses des Kunden aus den Netzen anderer Telekommunikationsdiensteanbieter als dem der Telefonnetzbetreiberin stellt einen wichtigen Grund zur Kündigung des Vertrags dar, da damit eine wesentliche Funktion des Telefons, mithin ein entscheidender Teil der von der Telefonnetzbetreiberin geschuldeten Leistung, ausfiel8. Im vorliegenden Fall tritt – ohne dass es hierauf noch ankommt – hinzu, dass die Telefonnetzbetreiberin ein vergleichsweise kleines Netz unterhält und insbesondere Anrufe aus dem Netz der D. AG, die nach wie vor mit Abstand der größte Teilnehmernetzbetreiber ist, den Kunden nicht erreichen konnten.

Im vorliegenden Fall hat der Kunde seine Kündigungserklärung auch rechtzeitig (§ 314 Abs. 3, § 626 Abs. 2 BGB) abgegeben. Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt, zu dem der Kunde Kenntnis davon erhielt, dass sein Anschluss aus Fremdnetzen nicht erreichbar war. Dieser Umstand allein hätte noch nicht einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dargestellt. Vielmehr war der Telefonnetzbetreiberin Gelegenheit zu geben, diesen Mangel binnen angemessener Frist abzustellen (§ 314 Abs. 2 BGB)9. Der wichtige Grund, der den Kunden zur fristlosen Kündigung berechtigte, war vielmehr das ergebnislose Verstreichen der der Telefonnetzbetreiberin gesetzten Frist zur Behebung des Fehlers. Der Kunde hatte der Telefonnetzbetreiberin bei seiner Vorsprache in deren Geschäftsstelle in B. S. am 15.12.2009 eine Woche Zeit gegeben, die umfassende Erreichbarkeit seines Anschlusses herzustellen. Die nach Ablauf dieser Frist am 22.12.2009 der Telefonnetzbetreiberin am 29.12.2009 zugegangene Kündigungserklärung des Kunden erfolgte sowohl innerhalb der in § 626 Abs. 2 BGB bestimmten zweiwöchigen als auch innerhalb einer angemessenen Frist gemäß § 314 Abs. 3 BGB.

Abrechnung bezogener Leistungen nach Kondiktionsrecht

Der Telefonnetzbetreiberin steht auf der Grundlage von § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., § 818 Abs. 2 BGB einen Wertersatz für die Nutzung des Anschlusses in der Zeit nach der Auflösung des Vertragsverhältnisses bis zum Umzug des Kunden zu.

Der Kunde erlangte durch die – nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch wahrgenommene – Möglichkeit, den von der Telefonnetzbetreiberin bereitgestellten Zugang zum Telekommunikationsnetz nach der wirksamen Kündigung des Vertrags weiterhin zu nutzen, Vorteile, für die ein Rechtsgrund nicht bestand. Maßgeblich sind die tatsächlich gezogenen Nutzungen10. Allerdings soll nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung, soweit die Nutzungen – wie im vorliegenden Sachverhalt – primärer Bereicherungsgegenstand und nicht nach § 818 Abs. 1 BGB herauszugeben sind, der Kondiktionsschuldner unabhängig vom Umfang der tatsächlich erlangten Nutzungen zur Erstattung des objektiven Werts der Nutzungsmöglichkeit verpflichtet sein11.

Dieser Ansicht ist jedoch nicht beizutreten. Sie widerspricht dem Zweck des Bereicherungsrechts, das – von den Ausnahmefällen der § 818 Abs. 4, § 819 BGB abgesehen – lediglich darauf gerichtet ist, eine tatsächlich erlangte rechtsgrundlose Bereicherung abzuschöpfen und sie demjenigen zuzuführen, dem sie nach der Rechtsordnung gebührt12. Danach kann von einer Bereicherung im Sinne der §§ 812 ff BGB in der Regel nur gesprochen werden, wenn und soweit der Bereicherte eine echte Vermögensvermehrung erfahren hat13. Deshalb gilt als allgemein anerkannter Grundsatz, dass die Herausgabepflicht des Bereicherten keinesfalls zu einer Verminderung seines Vermögens über den wirklichen Betrag der Bereicherung hinaus führen darf14. Damit wäre der von Teilen der Literatur befürwortete Bereicherungsausgleich von Nutzungen ohne Rücksicht auf die tatsächlich gezogenen Vorteile nicht zu vereinbaren. Überdies steht diese Auffassung im Widerspruch zu § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1, § 292 Abs. 2 und § 987 Abs. 2 BGB, nach denen Ersatz für nicht gezogene Nutzungen lediglich der bösgläubige oder verklagte Schuldner zu leisten hat und dies auch nur, soweit ihn ein Verschulden trifft.

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Da die Herausgabe der vom Kunden (tatsächlich) gezogenen Nutzungen in natura nicht möglich ist, hat er gemäß § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Dieser richtet sich nach dem objektiven Verkehrswert des Erlangten15. Dieser Wert findet in der am Markt üblichen oder – in Ermangelung einer solchen – in der angemessenen Vergütung seinen Ausdruck, die bei ordnungsgemäßer Inanspruchnahme des in Rede stehenden Rechtsguts zu entrichten ist16. Begrenzt wird der Anspruch jedoch durch das vereinbarte Entgelt17, hier den Pauschaltarif. Zur Bestimmung des danach von dem Kondiktionsschuldner zu leistenden Betrags sind der Umfang der tatsächlich gezogenen Nutzungen und die hierfür übliche beziehungsweise angemessene Vergütung festzustellen.

Das Gericht kann, so der Bundesgerichtshof weiter, zur Bemessung des Umfangs der Inanspruchnahme des Anschlusses durch den Kunden und des Werts dieser Nutzungen eine Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO vornehmen.

Bei der Schätzung des Werts der vom Kunden gezogenen Nutzungen kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs im Ausgangspunkt der vereinbarte Pauschaltarif zugrunde gelegt und hiervon aufgrund der getroffenen Feststellungen zum Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme des Anschlusses einen prozentualer Anteil in Ansatz gebracht werden. Diese Berechnungsmethode ist, da § 287 ZPO eine bestimmte Schätzungsgrundlage nicht vorgibt18, für den Bundesgerichtshof nicht zu beanstanden.

Das Telekommunikationsunternehmen ist dabei nicht entsprechend § 45i Abs. 2 TKG von der insoweit ihr obliegenden Darlegungslast befreit gewesen, weil sie wegen des vereinbarten Pauschaltarifs die Verkehrsdaten nicht hat speichern dürfen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kunde die Leistung des Diensteanbieters in Anspruch genommen hat, trägt Letzterer19. Ferner trägt er, obgleich dies nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist, nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die richtige Berechnung der Telekommunikationsdienstleistung, für die er das Entgelt beansprucht20. Gemäß § 45i Abs. 2 TKG entfällt die Nachweispflicht des Anbieters für die erbrachten Verbindungsleistungen, wenn aus technischen Gründen keine Verkehrsdaten gespeichert wurden, diese unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen rechtmäßig gelöscht wurden oder der Teilnehmer nach einem Hinweis auf den Fortfall der Nachweispflicht verlangt hat, die Verkehrsdaten zu löschen oder nicht zu speichern. Dies dürfte entsprechend gelten, wenn der Diensteanbieter zur Verwendung der angefallenen Verkehrsdaten nicht berechtigt ist (vgl. §§ 96, 97, 100 TKG). Es mag auch unterstellt werden, wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist, dass die Telefonnetzbetreiberin im Hinblick auf die mit dem Kunden getroffene Pauschaltarifvereinbarung zunächst nicht gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 TKG befugt war, die Verkehrsdaten zu verwenden, soweit sie sich auf Verbindungen bezogen, die unter diesen Tarif fielen21.

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Mit der wirksamen Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags durch den Kunden war jedoch die Flatrateabrede entfallen. Die Telefonnetzbetreiberin, die den Anschluss trotz der Kündigung nicht abschaltete, kann für dessen Nutzung deshalb ein Entgelt nur noch in Form des kondiktionsrechtlichen Wertersatzes (§ 818 Abs. 2 BGB) verlangen, welcher sich nach den von dem Kunden konkret gezogenen Nutzungen richtet, begrenzt durch den vereinbarten Pauschaltarif. Zur Ermittlung deren Umfangs und des daraus folgenden Entgeltanspruchs war die Telefonnetzbetreiberin auf die Erfassung der einzelnen Verbindungen, die vom Anschluss des Kunden aus hergestellt wurden, und deshalb auf die Erfassung und Speicherung der Verkehrsdaten angewiesen. Damit war sie gemäß § 97 Abs. 1 TKG zu deren Verwendung berechtigt, so dass eine entsprechende Anwendung von § 45i Abs. 2 TKG ausscheidet. Rechtlich unbeachtlich ist, ob die Telefonnetzbetreiberin davon ausging, die Pauschaltarifvereinbarung gelte wegen Unwirksamkeit der Kündigung des Kunden fort, so dass sie zu einer Speicherung der Verkehrsdaten nicht befugt sei. Eine solche Auffassung würde auf einem von der Telefonnetzbetreiberin selbst zu verantwortenden Rechtsirrtum beruhen, der in ihr Risiko fiele und nicht zu Lasten des Kunden gehen dürfte. Dementsprechend konnte sich die Telefonnetzbetreiberin entgegen ihrer Auffassung zum schlüssigen Vortrag ihrer Forderung nicht auf die Behauptung beschränken, der Kunde habe ihre sämtlichen Leistungen auch nach der Kündigung in Anspruch genommen.

Bei der Bemessung der Nutzungsvorteile ist neben dem Wert des einzelnen aktiven Nutzungsvorgangs, das heißt dem der Herstellung der einzelnen Verbindung durch den Teilnehmer, auch ein Betrag für die – im konkreten Fall im Laufe des Januars 2010 vollständig hergestellte – Erreichbarkeit des Telefonanschlusses mit zu berücksichtigen.

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Zumindest im Ergebnis unbegründet ist in diesem Zusammenhang die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht als unstreitig angesehen, dass der Kunde seinen Telefonanschluss seit der Kündigung nicht mehr benutzt hat. Zwar mag die von der Revision hierzu angeführte Formulierung im Berufungsurteil insoweit durch die Verwendung des Indikativs statt des Konjunktivs missverständlich sein. Wie sich aus der Differenzierung, die das Berufungsgericht zwischen Januar 2010 und den Folgemonaten in Bezug auf den zuerkannten Anteil an dem Pauschaltarif für das Telefon vorgenommen hat, ergibt, ist es jedoch auch von einer aktiven Nutzung des Telefonanschlusses durch den Kunden ausgegangen, die es mit 15 % bemessen hat.Die geschätzten Quoten von 25 % des Internettarifs und von 10 beziehungsweise 25 % für den Telefonfestnetztarif halten sich innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, so dass die Schätzung des Berufungsgerichts auch insoweit rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die aufgrund des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen vom 03.05.201222 in § 46 Abs. 2 Satz 2 TKG getroffene Regelung, dass bei nicht rechtzeitig vollzogenem Anbieterwechsel der bisherige Diensteanbieter einen Zahlungsanspruch in Höhe von 50 % des ursprünglich vereinbarten Anschlussentgelts hat, ist für den Streitfall noch nicht anwendbar, so dass sich auch eine Erörterung des Verhältnisses dieser Bestimmung zu den kondiktionsrechtlichen Anspruchsgrundlagen erübrigt.

Soweit die Telefonnetzbetreiberin die Auffassung vertreten hat, es müsse eine über die zugebilligte Summe hinaus gehende „Grundgebühr“ angesetzt werden, hat sie es versäumt, durch Vortrag dazu, in welcher Höhe eine solche Gebühr bei Fehlen einer Pauschaltarifabrede üblich ist, dem Berufungsgericht die Grundlage zur Schätzung eines höheren als des zuerkannten Betrags an die Hand zu geben.

Zutreffend hat das Berufungsgericht den Wertersatzanspruch der Telefonnetzbetreiberin auf die Zeit bis zum Umzug des Kunden von B. nach H. N. begrenzt, da er den Anschluss seither nicht mehr nutzen konnte. Zu Unrecht verweist die Revision für ihre gegenteilige Ansicht auf das BGH-Urteil vom 11. November 201023. Diese Entscheidung ist nicht einschlägig. Danach hat der Inhaber eines DSL-Anschlusses kein Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, wenn er an einen Ort umzieht, an dem keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSLTechnik zulassen. Im vorliegenden Sachverhalt war zum Zeitpunkt des Umzugs das Vertragsverhältnis bereits gelöst, so dass eine vereinbarte Laufzeit nicht mehr bestand.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. März 2013 – III ZR 231/12

  1. vgl. BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10, NJW-RR 2011, 916 Rn. 8; Beschluss vom 23.03.2005 – III ZR 338/04, NJW 2005, 2076[]
  2. BGH, Urteil vom 11.11.2010 aaO[]
  3. z.B. BGH, Urteil vom 11.11.2010 aaO Rn. 9 mwN; zu § 314 BGB z.B.: BGH, Urteil vom 09.03.2010 – VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 Rn. 15; siehe ferner zu § 313 BGB z.B.: BGH, Urteil vom 30.04.2009 – I ZR 42/07, BGHZ 181, 77 Rn. 72[]
  4. BGH, Urteil vom 11.11.2010 aaO und BGH, Urteil vom 09.03.2010 aaO mwN[]
  5. BGH aaO[]
  6. BGH aaO und BGH, Urteil vom 09.03.2010 aaO mwN[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2005 – VIII ZR 79/04, WM 2005, 659, 660 f[]
  8. siehe bereits BGH, Urteil vom 24.01.2013 – III ZR 98/12[]
  9. zur Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB siehe z.B. Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., § 626 Rn. 18[]
  10. vgl. z.B. BGH, Urteile vom 12.09.2006 – XI ZR 296/05, ZIP 2006, 2119 Rn. 25; vom 12.05.1998 – XI ZR 79/97, NJW 1998, 2529, 2530; vom 08.10.1991 – XI ZR 259/09, BGHZ 115, 268, 270 und vom 08.10.1987 – VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41, 47[]
  11. Erman/BuckHeeb, BGB, 13. Aufl., § 818 Rn. 10; MünchKomm- BGB/Lieb, 4. Aufl., § 812 Rn. 357 ff, 369, § 818 Rn. 12 ff, Staudinger/Lorenz, BGB [2007] § 818 Rn. 13 sowie Bamberger/Roth/Wendehorst, BGB, 3. Aufl., § 818 Rn. 18, die unabhängig davon, ob die Herausgabe von Nutzungen primär geschuldet wird oder als Folgeanspruch nach § 818 Abs. 1 BGB den Wert der Nutzungsmöglichkeit für maßgeblich hält; aA: MünchKomm-BGB/Schwab, 5. Aufl., § 818 Rn.20 ff, 27; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 818 Rn. 10; Prütting/Wegen/Weinreich/Leupertz, BGB, 7. Aufl., § 818 Rn. 5, 7[]
  12. z.B. Bamberger/Roth/Wendehorst aaO § 812 Rn. 4 f; Erman/BuckHeeb aaO Vor § 812 Rn. 2; Palandt/Sprau aaO Einf v § 812 Rn. 1[]
  13. BGH, Urteil vom 07.01.1971 – VII ZR 9/70, BGHZ 55, 128, 131[]
  14. BGH aaO mwN[]
  15. st. Rspr. z.B. BGH, Urteil vom 21.03.1996 – III ZR 245/94, BGHZ 132, 198, 207; BGH, Urteil vom 05.07.2006 – VIII ZR 172/05, BGHZ 168, 220 Rn. 39 jew. mwN[]
  16. BGH, aaO mwN[]
  17. BGH, Urteil vom 31.05.1990 – VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308, 314[]
  18. BGH, Versäumnisurteil vom 17.05.2011 aaO[]
  19. BGH, Urteil vom 24.06.2004 – III ZR 104/03, NJW 2004, 3183[]
  20. BGH, Urteil vom 07.02.2013 – III ZR 200/11, Rn. 26 mwN[]
  21. siehe jedoch BGH, Urteil vom 13.01.2011 – III ZR 146/10, NJW 2011, 1509 Rn. 17, 18, 23 ff[]
  22. BGBl. I S. 958[]
  23. BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10, NJW-RR 2011, 916 Rn. 12[]
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