Die Annahme, der Verbraucher werde die Einschränkung einer blickfangmäßig herausgestellten Werbeaussage durch eine andere Aussage in der Werbung erkennen, zu der er nicht durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis an der blickfangmäßig herausgestellten Aussage hingeführt wird, ist nur unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt1.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall bewarb ein Mobilfunkprovider in einer doppelseitig bedruckten Beilage zu der Zeitschrift „ADAC Motorwelt“ unter anderem eine „All Net Flat“ zum Preis von „19,90 €/Monat statt regulär 29,90 €“ sowie ein „Samsung Galaxy Y Smartphone“ mit der Angabe „im Wert von 229, – €1) für einmalig 1, – €*„. Auf der einen Seite des Werbeblattes wurde der Leistungsumfang der „All Net Flat“ in den beiden ersten Absätzen des laufenden Textes wie folgt beschrieben:
… Für nur 19,90 € statt 29,90 € im Monat telefonieren und surfen Sie ab sofort so lange und wann Sie wollen.
Alle Gespräche ins nationale Festnetz und in alle deutschen Handy-Netze sind inklusive. Damit haben Sie die Garantie nie mehr als 19,90 € im Monat zu bezahlen – ganz gleich, wie viel Sie telefonieren oder auch mit Ihrem Smartphone im Internet surfen.
Am Ende der anderen Seite des Werbeblattes wurde der auf beiden Seiten des Werbeblattes an insgesamt zehn Stellen in teilweise schwarzer und teilweise roter Farbe gegebene Sternchenhinweis für mehrere Werbeaussagen, darunter die Angaben „All Net Flat … 19,90 €/Monat“ und „Samsung … Smartphone … für … einmalig 1, €“ unter anderem mit dem Text
Nationale Standardgespräche (ins dt. Festnetz, in alle dt. Handy-Netze und zur Mailbox) sind inklusive (ausgenommen Service- und Sonderrufnummern sowie Auskunftsdienste).
und
Startpaketpreis einmalig 29,90 €.
aufgelöst.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe2 hat der hiergegen gerichteten Unterlassungsklage eines Verbraucherverbandes stattgegeben, der Bundesgerichtshof bestätigte dies nun und wies die Revision des Mobilfunkproviders zurück:
Dies betrifft zunächst die Werbeaussage hinsichtlich der All-Net-Flat:
Das Oberlandesgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Werbung der Mobilfunkproviderin unwahreund damit irreführende und deshalb nach §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG zu unterlassende Angaben über den Umfang der von der Mobilfunkproviderin zum Preis von 19,90 € angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen enthält. Die Dienstleistungen werden entgegen der beanstandeten Werbeaussage der Mobilfunkproviderin nicht uneingeschränkt, sondern nur insoweit erbracht, als weder Service- oder Sonderrufnummern noch Auskunftsdienste betroffen sind. Das ergibt sich aus der Fußnote am Ende der Rückseite des Werbeblattes, in der die zuvor gegebenen Sternchenhinweise aufgelöst werden.
Die von der Mobilfunkproviderin verwendete Formulierung „Alle Gespräche ins nationale Festnetz … sind inklusive.“ lässt schon von ihrem Wortsinn her keinen Zweifel daran, dass mit dem monatlich zu zahlenden Festbetrag von 19,90 € alle Gesprächsgebühren abgegolten sein sollen, die der Kunde ohne eine solche Festpreisvereinbarung für Gespräche in das deutsche Festnetz zu zahlen hätte. Der insoweit erweckte Eindruck wird dadurch verstärkt, dass diese Aussage durch Fettdruck hervorgehoben ist. Er wird weiter dadurch bekräftigt, dass die Aussage an eine Passage in dem Werbeschreiben anschließt, in der in ebenfalls durch teilweisen Fettdruck herausgestellter Form mit der Wendung „Für nur 19,90 € … im Monat telefonieren … Sie … so lange und wann Sie wollen.“ auf die in zeitlicher Hinsicht gegebene Unbeschränktheit des Angebots hingewiesen wird. Die danach allenfalls verbleibenden letzten Zweifel werden jedenfalls durch die anschließend gebrauchte Formulierung „Damit haben Sie die Garantie nie mehr als 19,90 € im Monat zu bezahlen – ganz gleich, wie viel Sie telefonieren oder auch mit Ihrem Smartphone im Internet surfen.“ endgültig ausgeräumt.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat angenommen, der von der Mobilfunkproviderin geltend gemachte Umstand, dass Service- und Sonderrufnummern bei Tarifangeboten der vorliegenden Art allgemein ausgenommen würden, sei unerheblich, weil er dem Durchschnittsverbraucher nicht bekannt sei. Diese Beurteilung lässt ebenso wenig einen Rechtsfehler erkennen wie die weitere Annahme des Oberlandesgerichts, der Hinweis am Ende des Werbeblattes beseitige die durch die Werbung mit einer Preisgarantie für alle Gespräche ins nationale Festnetz hervorgerufene Irreführung nicht. Das Oberlandesgericht hat insoweit darauf abgestellt, dass sich neben der Werbung der Mobilfunkproviderin kein Sternchen befindet. Es hat hieraus in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts geschlossen, dass die Aufmerksamkeit des Verbrauchers damit in diesem Zusammenhang nicht in ausreichendem Maße auf den Hinweis in der Fußnote am Ende des Textes gelenkt wird und damit die Gefahr besteht, dass sich bei einer beträchtlichen Zahl der Verbraucher bereits an dieser Stelle die Vorstellung verfestigt, für garantiert nicht mehr als 19,90 € im Monat ins nationale Festnetz telefonieren zu können.
Der Bundesgerichtshof sieht in der Werbung aber auch eine irreführende Werbung über den Preis gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 UWG.
Das OLG Karlsruhe ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Mobilfunkproviderin den Preis für die „All Net Flat“ in ihrer Werbung blickfangmäßig herausgestellt hat. Mit Recht hat es auch angenommen, dass die Angabe des Preises für das Startpaket in der Fußnote im untersten Bereich der einen Seite des Werbeblattes, in der vier auf dieser Seite und sechs auf der anderen Seite des Werbeblattes angebrachte Sternchenhinweise aufgelöst wurden, die durch die Werbung mit einer „All Net Flat“ für 19,90 € bewirkte Irreführung über den Preis der angebotenen Leistung nicht ausgeräumt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann in Fällen, in denen eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe in einer Werbung bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, der dadurch veranlasste Irrtum regelmäßig nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat3.
Das Oberlandesgericht hat angenommen, durch den Sternchenhinweis bei der Werbeaussage „All Net Flat … 19,90 €/Monat*“ würden die Aktivierungskosten in Höhe von 29,90 € als weiterer Preisbestandteil des Netzkartenvertrags nicht hinreichend herausgestellt. Das Sternchen befinde sich zwar neben dem blickfangmäßig herausgestellten günstigen Preis von 19,90 € pro Monat. Es habe aber eine leicht zu übersehende Schriftgröße. Der zum Sternchen gehörende Hinweis befinde sich erst am Ende der anderen Seite der doppelseitigen Werbung. Er sei zudem in einer schwer lesbaren Schriftgröße abgefasst. Der Hinweis auf den „Startpaketpreis“ befinde sich erst am Ende des Textes. Er kläre nicht ausdrücklich auf, dass diese Kosten dem Angebotspreis von 19,90 €/Monat hinzuzurechnen seien. Durch diese Gestaltung sei nicht gewährleistet, dass ein Durchschnittsverbraucher alle Preisbestandteile zur Kenntnis nehme, bevor er sich für das Angebot der Mobilfunkproviderin entscheide. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist allerdings nicht in jedem Fall ein Sternchenhinweis oder ein anderer klarstellender Hinweis an bei isolierter Betrachtung irreführenden blickfangmäßigen Angaben in einer Werbung erforderlich, um einen Irrtum der Verbraucher auszuschließen. Ein Irrtum kann vielmehr auch dann ausgeschlossen sein, wenn es sich um eine Werbung etwa für langlebige und kostspielige Güter handelt, mit der sich der Verbraucher nach der Lebenserfahrung eingehend befasst, und die Werbung dabei so kurz und übersichtlich gestaltet ist, dass angenommen werden kann, der Verbraucher werde sie insgesamt zur Kenntnis nehmen4. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der hauptsächliche Zweck der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und damit ebenso der Bestimmungen des insoweit richtlinienkonform auszulegenden deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, soweit es der Umsetzung dieser Richtlinie in deutsches Recht dient darin besteht, den Verbraucher in seiner Fähigkeit zu einer freien und informationsgeleiteten Entscheidung zu schützen5. Dementsprechend ist die Annahme, der Verbraucher werde die Einschränkung einer blickfangmäßig herausgestellten Werbeaussage durch eine andere Aussage in der Werbung erkennen, zu der er nicht durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis an der blickfangmäßig herausgestellten Aussage hingeführt wird, nur unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt.
Nach diesen Maßstäben kann nicht angenommen werden, der Verbraucher werde im Streitfall die das Werbeblatt der Mobilfunkproviderin auf der einen Seite unten abschließende Fußnote voraussichtlich zur Kenntnis nehmen und ihr insbesondere entnehmen, dass die dort in der drittletzten von insgesamt neun Aussagen enthaltene Wendung „Startpaketpreis einmalig 29,90 €“ der Sache nach eine Einschränkung der auf dem Werbeblatt zuvor mehrfach erfolgten und auf beiden Seiten jeweils auch blickfangmäßig herausgestellten Werbung für eine „All Net Flat“ zum Preis von nur 19,90 € monatlich darstellte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Angebot der Mobilfunkproviderin in dem persönlich gehaltenen Anschreiben auf der einen Seite des Werbeblattes („Sehr geehrte Leserinnen und Leser“) in den ersten drei Absätzen in seinen Grundzügen vorgestellt wurde, danach seine einzelnen Vorteile herausgestellt und sodann der Aktionszeitraum („Diese limitierte Treue-Aktion ist nur für kurze Zeit gültig!“) sowie die Möglichkeiten mitgeteilt wurden, um das Angebot in Anspruch zu nehmen. Die bereits durch diese Gestaltung eingeschränkte Übersichtlichkeit der Werbung der Mobilfunkproviderin wurde weiter dadurch beeinträchtigt, dass die einzelnen Vorteile des Angebots auf der Vorderseite rechts nochmals in modifizierter Form und auf der Rückseite dann erneut in abgewandelter und durch die Angabe verschiedener technischer Details ergänzter Form dargestellt wurden.
Ebenso wenig war die Fußnote am unteren Rand der einen Seite des Werbeblattes übersichtlich gestaltet, zu der zudem insgesamt zehn Sternchenhinweise zu drei unterschiedlichen Werbeaussagen hinführten. Bei den insgesamt neun einzelnen Angaben in der Fußnote, die überdies teilweise ihrerseits mehrere Aussagen enthielten, handelte es sich teilweise um Pflichtangaben, teilweise um Allgemeine Geschäftsbedingungen sowie im Übrigen um Wiederholungen, Ergänzungen, Konkretisierungen oder wie der Hinweis auf Zusatzkosten durch Service- und Sonderrufnummern sowie Auskunftsdienste und den Startpaketpreis um Einschränkungen der zuvor gemachten Werbeaussagen. Die Angaben in der Fußnote waren überdies nicht auf die zehn einzelnen Sternchenhinweise, die zu ihr hinführen sollten, oder immerhin auf die drei unterschiedlichen Werbeaussagen bezogen, denen die Sternchenhinweise zugeordnet waren.
Danach bestand im Streitfall anders als nach den Umständen, die im der BGH-Entscheidung „Schlafzimmer komplett“ zugrunde liegenden Fall gegeben waren6 keine Gewähr, dass die Angabe in der Fußnote „Startpaketpreis einmalig 29,90 €“ den zuvor durch die mehrmalige und dabei teilweise blickfangmäßig herausgestellte Angabe eines Preises von 19,90 € im Monat für die angebotene „All Net Flat“ beim Verbraucher erweckten falschen Eindruck beseitigte, das Angebot der Mobilfunkproviderin bereits zu diesem Preis nutzen zu können.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Oktober 2015 – I ZR 260/14
- Ergänzung zu BGH, Urteil vom 18.12 2014 – I ZR 129/13, GRUR 2015, 698 Rn. 16 = WRP 2015, 851 Schlafzimmer komplett[↩]
- OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.11.2014 – 4 U 80/14[↩]
- vgl. nur Urteil vom 10.12 2009 – I ZR 149/07, GRUR 2010, 744 Rn. 43 = WRP 2010, 1023 Sondernewsletter; Urteil vom 18.12 2014 – I ZR 129/13, GRUR 2015, 698 Rn. 16 = WRP 2015, 851 Schlafzimmer komplett, jeweils mwN[↩]
- BGH, GRUR 2015, 698 Rn.19 – Schlafzimmer komplett, mwN[↩]
- Köhler, WRP 2015, 1037, 1038[↩]
- vgl. BGH, GRUR 2015, 698 Rn.19[↩]