Solange der Umstand, dass es für die Postulationsfähigkeit vor den Oberlandesgerichten keiner gesonderten Zulassung bedarf, für die angesprochenen Verkehrskreise keine Selbstverständlichkeit darstellt, verstößt ein Rechtsanwalt, dem vor dem 1. Juni 2007 eine solche Zulassung erteilt worden ist und der hierauf in einem Zusatz zur Namensleiste seines Briefkopfs hinweist, nicht gegen das Irreführungsverbot nach § 5 Abs. 1 UWG.

Die Klägerin in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ist eine aus zwei Rechtsanwältinnen bestehende Partnerschaftsgesellschaft mit Kanzleisitz in Köln. Der Beklagte ist ebenfalls Rechtsanwalt und betreibt seine Kanzlei in Wettenberg im Landgerichtsbezirk Gießen. Er ist vor dem 1.06.2007 – zu einer Zeit, als nur Rechtsanwälte, die an einem Oberlandesgericht zugelassen waren, vor den Oberlandesgerichten auftreten durften – beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main zugelassen worden.
Der Briefkopf des Beklagten enthält oben rechts unterhalb des Namens des Beklagten den deutlich kleiner geschriebenen Zusatz „Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG Frankfurt“. Die Klägerin hat den Hinweis auf die „OLG-Zulassung im Briefkopf“ als irreführend beanstandet und den Beklagten deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Beklagte ist diesem Begehren entgegengetreten.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht hat die Klage abgewiesen1. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Köln2 den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, auf seinem zu anwaltlichen Zwecken genutzten Briefpapier die Bezeichnung „Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG“ zu verwenden.
Mit der vom Oberlandesgericht Köln zugelassenen Revision hat nun der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und das klageabweisende Urteil des Landgerichts Köln bestätigt.
Die Klägerin ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt, weil sie Mitbewerberin des Beklagten ist. Die Parteien sind auf demselben sachlichen und räumlichen Markt tätig und stehen damit in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zueinander3.
Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist jedoch nicht gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UWG begründet, weil der Beklagte – wettbewerbsrechtlich unzulässig – mit Selbstverständlichkeiten werbe.
Die Beurteilung des Oberlandesgerichts Köln, die Verwendung des in Rede stehenden Zusatzes im Briefkopf sei irreführend und daher gemäß § 5 Abs. 1 UWG zu verbieten, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung des Bundesgerichtshofs nicht stand. Es hat zu Unrecht angenommen, dass der Beklagte mit einer Selbstverständlichkeit wirbt und dadurch beim angesprochenen Verkehr den unzutreffenden Eindruck hervorruft, es sei etwas Besonderes, nicht nur bei anderen Land- und (Amts-)Gerichten, sondern auch beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main auftreten zu dürfen.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es den potentiellen Mandanten, die der Beklagte mit den Angaben auf seinem Briefkopf anspricht, durchweg bekannt ist, dass heute jeder Rechtsanwalt an allen Oberlandesgerichten, mithin auch am Oberlandesgericht Frankfurt am Main, „zugelassen“ und damit postulationsfähig ist. Die Beschränkungen der Postulationsfähigkeit an den Oberlandesgerichten haben sich erst seit dem Jahre 2002 gelockert; erst im Jahre 2007 sind sie vollständig gefallen. Bis 2002 galt in Hessen die Singularzulassung mit der Folge, dass ein am Oberlandesgericht Frankfurt zugelassener Rechtsanwalt an keinem anderen Gericht zugelassen sein konnte und auch ein etwa am Landgericht Gießen zugelassener Rechtsanwalt nicht berechtigt war, vor dem Oberlandesgericht aufzutreten (§§ 25, 226 Abs. 2 BRAO aF). Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Bestimmung des § 25 BRAO aF, in der die Singularzulassung geregelt war, für verfassungswidrig erklärt hatte4, galt in Hessen bis 2007 die Simultanzulassung; nunmehr konnten Rechtsanwälte, die seit mindestens fünf Jahren beim Landgericht zugelassen waren, gleichzeitig beim Oberlandesgericht zugelassen werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 BRAO aF), wobei seit dem 1.08.2002 die Zulassung an einem Oberlandesgericht die Postulationsfähigkeit an allen anderen Oberlandesgerichten eröffnete. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft am 1.06.2007 ist auch die gesonderte Zulassung an einem Oberlandesgericht entfallen; seitdem kann jeder zugelassene Rechtsanwalt vor allen Oberlandesgerichten auftreten.
Diese wechselvolle Geschichte wird – davon ist auszugehen – den wenigsten bekannt sein, die einen Rechtsanwalt mandatieren wollen. Gerade für die Teile des Verkehrs, die nicht ständig Rechtsstreitigkeiten führen, ist es deshalb keineswegs selbstverständlich, dass ein mit der landgerichtlichen Vertretung betrauter Rechtsanwalt die Sache auch vor dem Oberlandesgericht vertreten kann. Dies gilt insbesondere in den Ländern, in denen bis 2002 die Singularzulassung galt und in denen zwischen den Instanzen daher stets ein Anwaltswechsel erforderlich war.
Der Beklagte hat sich mit dem Hinweis auf die Zulassung am OLG Frankfurt auch keine besondere Qualifikation angemaßt. Der Hinweis besagt vielmehr lediglich, dass der Beklagte berechtigt ist, Mandanten vor dem Oberlandesgericht Frankfurt zu vertreten. Diesem Hinweis kommt damit vor dem Hintergrund der verschiedenen Regelungen, die in der Vergangenheit gegolten haben, ein Informationswert zu, an dem sowohl ein potentieller Mandant als auch der Beklagte ein berechtigtes Interesse haben.
Der Hinweis ist schließlich auch nicht unrichtig, da dem Beklagte tatsächlich eine Zulassung beim Oberlandesgericht Frankfurt erteilt worden ist, auch wenn diese Zulassung inzwischen gegenstandslos geworden ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Februar 2013 – I ZR 146/12