Formularmäßige Vereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Mastküken-Brüterei, durch die sich der Vertragspartner für eine Vertragslaufzeit von zehn Jahren und kündigungsabhängiger Verlängerung um jeweils ein Jahr verpflichtet, nach Erstellung eines entsprechenden Stalles den Bezug und den Verkauf der nach dem Vertrag zur Mast vorgesehenen Tiere sowie den Erwerb des für die Aufzucht benötigten Futters ausschließlich über solche Unternehmen abzuwickeln, die zum gleichen Nahrungsmittelkonzern wie die Brüterei gehören, sind nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Wirksame AGB-Klausel zur Vertragslaufzeit
Die in den streitigen Klauseln vereinbarte Vertragslaufzeit ist nicht schon gemäß § 309 Nr. 9 Buchst. a und c BGB unwirksam. § 309 BGB findet gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Anwendung auf Verträge zwischen Unternehmern im Sinne des § 14 BGB, zu denen als gewerblich tätiger Landwirt auch der Stallbetreiber gehört. § 309 Nr. 9 Buchst. a und c BGB enthält kein Indiz dafür, dass den dort niedergelegten Klauselverboten widersprechende formularmäßige Vereinbarungen im kaufmännischen Rechtsverkehr unwirksam seien [1].
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt eine Klausel, in der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ohne ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen, eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar [2].
Ob eine die Laufzeit eines Vertrages betreffende Klausel den Vertragspartner des Verwenders gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, ist mit Hilfe einer umfassenden Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien im Einzelfall festzustellen [3]. Bei dieser Abwägung sind nicht nur die auf Seiten des Verwenders getätigten Investitionen, sondern es ist der gesamte Vertragsinhalt zu berücksichtigen; notwendig ist eine Gegenüberstellung der insgesamt begründeten gegenseitigen Rechte und Pflichten [4].
Bei der im Rahmen der Angemessenheitsprüfung vorzunehmenden Interessenabwägung ist auf die Besonderheiten des Geschäftsfeldes abzustellen, in dem beide Vertragsparteien tätig sind. Die massenhafte Produktion, Aufzucht und Verwertung von Geflügel zum Zwecke der Nahrungsmittelherstellung findet, wie sich aus der Natur der Sache ergibt, in einem eng umgrenzten Markt statt, in dem der Stallbetreiber als Geflügelmäster fortlaufend auf den Bezug und späteren Absatz von jeweils mehreren zehntausend Hähnchen angewiesen sind. Die Anzahl der in dieser Größenordnung mit dem Vertrieb von Geflügelprodukten befassten Nahrungsmittelhersteller ist, auch das ist offenkundig, jedenfalls überschaubar. Ähnliches gilt für Betriebe, die sich mit dem Ausbrüten von Küken in solch großer Zahl beschäftigen, allerdings nicht notwendig einem der wenigen im Geschäftsbereich der Geflügelverwertung tätigen Nahrungsmittelkonzerne angehören müssen.
Insbesondere darin unterscheidet sich die vorliegend zu beurteilende Vertragskonstellation von denjenigen, in denen der Anbieter frei auf dem Markt verfügbarer Verbrauchsgüter, etwa Mineralöl oder Bier, durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen auf lange Zeit an einen bestimmten Hersteller solcher Produkte gebunden wird. In diesen Fällen, in denen dem Vertragspartner des Klauselverwenders allein durch langfristige vertragliche Bezugsbindungen die Möglichkeit genommen wird, die von ihm vertriebenen Waren auf dem freien Markt zu beziehen, wird das Interesse des Vertragspartners an einer langfristigen vertraglichen Bindung an den Hersteller regelmäßig auch damit begründet, von diesem Unterstützung für die Eröffnung bzw. die Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebes zu erhalten. Deshalb hat der Bundesgerichtshof die Angemessenheit derartiger formularmäßiger Laufzeitklauseln stets auch vom Umfang solcher Gegenleistungen abhängig gemacht und maßgeblich auf den Gesichtspunkt abgestellt, in welchem Verhältnis die Dauer der Vertragsbindung zu der Amortisierung des vom Hersteller – etwa durch die Gewährung von Darlehen oder die Zurverfügungstellung der erforderlichen Technologie oder Betriebsausstattung – zur Durchführung des Vertrages eingesetzten Kapitals steht [5].
Dieser Amortisationsgesichtspunkt hat für die rechtliche Beurteilung der hier in Rede stehenden Vertragsklauseln nicht in gleicher Weise entscheidende Bedeutung. Er wird überlagert von dem sich aus der Natur ihres Geschäftsbetriebes ergebenden eigenen Interesse des Stallbetreibers an der langfristigen Sicherung der Bezugs- und Absatzmöglichkeiten für das von ihm in großer Zahl aufgezogene Geflügel. Dieses Interesse bestand für den Stallbetreiber bei Abschluss der beiden Mastverträge in besonderem Maße. Aus den Laufzeitklauseln in beiden Verträgen geht hervor, dass die mit dem Lieferanten vereinbarte Hähnchenmast in neu zu errichtenden Ställen erfolgen sollte. Die hierfür erforderlichen Investitionen, zu deren Absicherung der Lieferant im Übrigen durch Zahlung eines in Zusatzverträgen vereinbarten Zinszuschusses von 2.000 DM jährlich beigetragen hat, stehen folglich in unmittelbarem Zusammenhang mit der dem Stallbetreiber erst durch die Verträge mit dem Lieferanten eröffneten Möglichkeit, während eines längeren, für die Amortisierung seiner Investitionen benötigten Zeitraums, massenhaft Geflügel nicht nur beziehen, sondern vor allem nach der Aufzucht gesichert wieder absetzen zu können. Beide Mastverträge tragen diesem Gesichtspunkt durch entsprechende Zusagen dem Lieferanten Rechnung, den Stallbetreibern die erforderliche Anzahl an Geflügel eben nicht nur aus eigener Produktion zu liefern, sondern auch zur Schlachtung in einem Schwesterunternehmen des W.Konzerns gegen Bezahlung wieder abzunehmen.
In Erwägung dessen unterliegen die Verwender durch die Vereinbarung einer langfristigen Bezugs- und Abnahmebindung an Betriebe aus dem W.Konzern nicht in gleicher Weise einer überwiegend den Interessen ihres Vertragspartners dienenden Beschränkung ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit, wie sie den Anbietern frei am Markt verfügbarer Verbrauchsgüter durch langfristige Bezugsbindungen an die Produzenten solcher Güter auferlegt wird. Das gilt erst recht, weil die Stallbetreiber keinen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegen und durch die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Lieferanten nicht gehindert sind, ihren Geschäftsbetrieb auszuweiten und die Geflügelmast, gegebenenfalls nach Errichtung weiterer Ställe, auch für andere Auftraggeber zu betreiben. Diese Umstände können nicht ohne Auswirkung auf die Beantwortung der Frage bleiben, welche berechtigten Interessen dem Lieferanten es abseits der nach den Zusatzverträgen durch Zinszuschüsse in relativ geringem Umfang gewährten finanziellen Unterstützung zu rechtfertigen vermögen, die Stallbetreiber durch formularmäßige Vertragsklauseln für die Dauer von mindestens zehn Jahre in das Produktions- und Verwertungssystem des W.Konzerns einzubinden.
Die sich aus der von ihr vorgegebenen Vertragskonstellation für der Lieferant ergebenden Vorteile liegen auf der Hand. Sie bestehen zunächst darin, langfristig einen Abnehmer für eine große Zahl der von ihr produzierten Küken zu den üblichen, von ihr regelmäßig eingeräumten Bedingungen zu haben. Darüber hinaus hat der Lieferant, ohne hierdurch unmittelbar einen eigenen Vorteil zu erlangen, zugunsten des W.Konzerns, dem sie allerdings angehört, sichergestellt, dass zu dem Konzern gehörende Firmen die von dem Stallbetreibern aufgezogenen Tiere – ebenfalls zu üblichen Bedingungen – zur weiteren Verwertung erhalten. Schließlich sieht der zweite Mastvertrag zum Vorteil eines weiteren Unternehmens des W.Konzerns vor, dass die Stallbetreiber das für die Tieraufzucht benötigte Futter von jenem Unternehmen zu handelsüblichen Konditionen beziehen müssen. Die in dieser Vertragskonstruktion verankerten, an einer langfristigen Sicherung von Absatz- und Bezugsquellen orientierten Interessen dem Lieferanten korrelieren, wie ausgeführt, weitgehend mit denen der Stallbetreiber. Sie finden dort allerdings keine Entsprechung und führen deshalb zu einer den Belangen der Stallbetreiber entgegenstehenden Beschränkung ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit, soweit ihnen durch den im zweiten Mastvertrag vorgeschriebenen Futtermittelbezug die Möglichkeit genommen ist, sich dieserhalb auf dem freien Markt zu bedienen.
Soweit sich aus diesen Umständen Bedenken gegen die Angemessenheit der in Rede stehenden Vertragsklauseln ergeben können, sind diese durch die gebotene Berücksichtigung weiterer berechtigter Interessen dem Lieferanten ausgeräumt. Bereits das Berufungsgericht hat mit Recht Aspekte der Qualitätssicherung in die Gesamtabwägung der maßgeblichen Umstände einbezogen. Es hat zutreffend herausgearbeitet, dass die massenhafte Tierproduktion und verwertung zum Zwecke der Nahrungsmittelherstellung es erfordert, besondere Anforderungen an eine taugliche Qualitätssicherung zu stellen. Es ist allgemein bekannt, dass der erfolgreiche Vertrieb industriell produzierter tierischer Nahrungsmittel nicht zuletzt von dem Vertrauen der Endverbraucher in die Qualität und die medizinisch sowie nahrungsmitteltechnisch unbedenkliche Beschaffenheit dieser Produkte abhängt. Für den Hersteller solcher Nahrungsmittel ist es deshalb von großer, wenn nicht überragender Bedeutung, deren Qualität und Unbedenklichkeit nicht nur gewährleisten, sondern gegebenenfalls auch dokumentieren zu können. Dem trägt das Bezugs- und Vertriebssystem des W.Konzerns, in das der Lieferant als dessen Tochterfirma eingebunden ist und zu dessen Verwirklichung sie zur Wahrung auch ihrer eigenen berechtigten Geschäftsinteressen durch den Abschluss der vorliegend zu beurteilenden Verträge beigetragen hat, in angemessener Weise Rechnung. Denn es liegt auf der Hand, dass sich die vom W.Konzern nach dem Prinzip des sogenannten „fünffachen D“ (Elterntiere aus Deutschland, Küken geboren in Deutschland, Hähnchen aufgezogen in Deutschland, Hähnchen geschlachtet in Deutschland, Tiernahrung aus Deutschland) organisierte Qualitätssicherung gerade dadurch besonders wirkungsvoll durchführen lässt, möglichst viele der fünf genannten Produktionsschritte in eigenen Tochterunternehmen ausführen und überwachen zu lassen. Soweit – wie hier – die Aufzucht des Geflügels Unternehmen außerhalb des Konzerns übertragen wird, erfordert es die zweckentsprechende Aufrechterhaltung des Qualitätssicherungssystems, auch diese Unternehmen so weit wie möglich in die konzerneigene Produktionskette einzubeziehen. Das betrifft über den Bezug der Küken und die Lieferung des aufgezogenen Geflügels hinaus auch und gerade den Erwerb des Tierfutters von einem dem W.Konzern angehörenden Tierfutterproduzenten.
Die vertragliche Durchsetzung der nach alledem berechtigten Interessen dem Lieferanten durch eine langfristige Bindung des Stallbetreibers an Unternehmen des W.Konzerns erweist sich auch nicht durch eine unangemessene Gestaltung und Festlegung der den Stallbetreibern gewährten Bezugs- und Absatzpreise als missbräuchlich. Der Stallbetreiber ist, keinem vertraglichen Preisdiktat des W.Konzerns unterworfen. Ihm werden für den Futtermittelbezug handelsübliche, mithin den allgemein geltenden Marktpreisen entsprechende Konditionen eingeräumt, die im Streitfall gerichtlich überprüfbar sind und schon deshalb keine unangemessene Preisbindung bedingen. Der Erwerb der Küken und der Verkauf der Masthähnchen erfolgt zu den allgemein für Junggeflügelzüchter im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehungen zum Lieferanten üblichen Bedingungen. Diese Preise sind verhandelbar; sie werden, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, auch tatsächlich mit den Geflügelmästern verhandelt. Dass der W.Konzern eine Marktstellung innehat, die es ihm ermöglicht, letztlich entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der Preise für den Bezug und die Lieferung des Mastgeflügels zu nehmen, verkennt das Berufungsgericht nicht. Allein darin liegt allerdings kein Umstand, der über marktmachtbedingte Einflussnahmemöglichkeiten eines Großkonzerns hinaus den Vorwurf eines vertraglich organisierten Preisdiktats rechtfertigen könnte.
Der von der Revision in anderem Zusammenhang vorgebrachte Einwand, die im ersten Mastvertrag vereinbarte Kündigungsfrist von zehn Monaten zum Jahresablauf sei unangemessen lang und in Ansehung der für den zweiten Mastvertrag auf drei Monate verkürzten Frist erkennbar nicht durch berechtigten Interessen der Beklagen gerechtfertigt, verfängt nicht. Die Einhaltung der Kündigungsfrist belastet die Stallbetreiber, denen als Betreiber eines auf Massenproduktion ausgerichteten landwirtschaftlichen Mastbetriebes die verständige Wahrnehmung ihrer geschäftlichen Interessen zugetraut werden muss, nicht in einer Weise, die geeignet sein könnte, die Angemessenheit der formularmäßig vereinbarten Vertragsbindung insgesamt in Zweifel zu ziehen.
Keine Nichtigkeit des Vertrages
Eine Nichtigkeit der in Rede stehenden Verträge gemäß § 138 Abs. 1 BGB ergibt sich nach obigen Erwägungen ebenfalls nicht. § 138 Abs. 1 BGB stellt bereits im objektiven Bereich höhere Anforderungen an die eine Nichtigkeit des Vertrages begründenden Umstände als sie für die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben sein müssen. § 138 Abs. 1 BGB setzt überdies eine grobe Interessenverletzung von erheblicher Stärke voraus [6], die hier nicht vorliegt.
Kein Verstoß gegen ein Kartellverbot
Anknüpfungspunkte für einen Verstoß gegen ein Kartellverbot im Sinne des § 1 GWB sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht geltend gemacht. Daraus folgt auch, worauf ergänzend hinzuweisen ist, dass sich entgegen der Auffassung der Revision aus den kartellrechtlichen Regelungen und den damit in Zusammenhang stehenden Gruppenfreistellungsverordnungen kein gesetzliches Leitbild im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für die Beurteilung der Vertragsdauer der vorliegenden Mastverträge ergibt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Dezember 2011 – VII ZR 111/11
- BGH, Urteil vom 17.12.2002 – X ZR 220/01, NJW 2003, 886, 887 – zu § 11 Nr. 12 Buchst. a AGBG[↩]
- BGH, Urteil vom 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 113 m.w.N.; Urteil vom 25.04.2001 – VIII ZR 135/00, BGHZ 147, 279, 282; Urteil vom 17.12.2002 – X ZR 220/01, NJW 2003, 886, 887 m.w.N. jeweils zu § 9 Abs. 1 AGBG[↩]
- BGH, Urteil vom 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 113 m.w.N.[↩]
- BGH, Urteil vom 17.12.2002 – X ZR 220/01, NJW 2003, 886, 887 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 115 f. – Tankstelle; Urteil vom 25.04.2001 – VIII ZR 135/00, BGHZ 147, 279, 286 – Bierbezug; Urteil vom 04.07.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023 Telekommunikationsanlage[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2001 – VIII ZR 135/00, BGHZ 147, 279, 287 m.w.N.[↩]