Bildungsreise zur documenta nach Kassel

Veranstalter von Bildungsreisen haben keinen Anspruch auf Durchführung von eigenen Führungen auf der „documenta“ in Kassel. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat jetzt per Urteil festgestellt, dass die Trägergesellschaft der „documenta“ in Kassel kommerziellen Veranstaltern von Bildungsreisen untersagen darf, mit deren Reiseleitern eigene Führungen von Reisegruppen durch „documenta“-Ausstellungen durchzuführen.

Bildungsreise zur documenta nach Kassel

Geklagt hatte eine Veranstalterin von Studienreisen, zu deren Angebot auch Reisen zu in- und ausländischen Kulturereignissen gehört. Im Jahr 2007 bot sie Reisen zur „documenta 12“ an und beabsichtigte, für die Reiseteilnehmer Führungen durch die Ausstellung durch ihre Reiseleiter vornehmen zu lassen. Weil die Trägergesellschaft der „documenta“ hierzu ihre Zustimmung verweigerte, klagte die Reiseveranstalterin gegen die Trägergesellschaft.

Wie schon das erstinstanzlich mit dieser Klage befasste Landgericht Kassel wies auch das Oberlandesgericht Frankfurt die Klage als unbegründet ab, der Reiseveranstalterin stehe der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

So mangele es an einem Verstoß der Beklagten gegen ein kartellrechtliches Verbot. Zwar nehme die beklagte Trägergesellschaft im Hinblick auf die „documenta“ eine marktbeherrschende Stellung ein; es liege aber keine missbräuchliche Ausnutzung dieser Stellung vor. Die Beklagte könne sich nämlich auf einen sachlichen Grund für das Verbot berufen. Dies ergebe eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien. Dabei gebühre dem Interesse der Beklagten, die Kosten ihrer eigenen Ausstellung durch Einnahme aus eigenen Führungen zu decken, und ihrem Recht, über die Vermarktung ihrer Ausstellung frei zu bestimmen, der Vorrang vor dem Interesse der Reiseveranstalterin, ihren Kunden die gesamte Reise unter einheitlicher fachlicher Leitung anzubieten. Die damit einhergehende Beeinträchtigung müsse die Reiseveranstalterin auch deshalb hinnehmen, weil die Beklagte keine Einwände gegen die Teilnahme von Kunst- und Reiseführern der Reiseveranstalterin an den „offiziellen Führungen“ erhoben habe.

Weiterlesen:
Kartellrecht und die Europäische Grundrechtecharta

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 4. Mai 2010 – 11 U 70/09 (Kart)

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