Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde der Buchautorin und ehemaligen Tagesschau-Sprecherin Eva Herman nicht zur Entscheidung angenommen. Sie war gegen einen im Hamburger Abendblatt vom 7. September 2007 erschienenen Artikel vorgegangen. Der Artikel hatte sich mit Äußerungen der Beschwerdeführerin bei der Pressekonferenz zur Vorstellung ihres Buches beschäftigt. Mit der Begründung, es handle sich um ein Falschzitat, hatte sie die Axel Springer AG erfolglos auf Unterlassung und Richtigstellung sowie auf Geldentschädigung in Anspruch genommen.

Das Bundesverfassungsgericht befand jedoch, dass das klageabweisende Urteil des Bundesgerichtshofs die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten verletzt:
Im Rahmen einer Pressekonferenz am 6. September 2007 präsentierte die Beschwerdeführerin das von ihr verfasste Buch „Das Prinzip Arche Noah – Warum wir die Familie retten müssen“. Bei dieser Gelegenheit äußerte sie sich gegenüber den anwesenden Journalisten unter anderem wie folgt: „Wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles das – alles was wir an Werten hatten – es war ´ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle – aber es ist eben auch das, was gut war – das sind die Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben.“
Ein Artikel im Hamburger Abendblatt vom 7. September 2007 setzte sich anlässlich der Buchvorstellung mit dem Frauenbild der Beschwerdeführerin auseinander. Der im Ausgangsverfahren angegriffene Absatz des Zeitungsartikels lautet: „In diesem Zusammenhang machte die Autorin einen Schlenker zum Dritten Reich. Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter. Die hätten die 68er abgeschafft, und deshalb habe man nun den gesellschaftlichen Salat. Kurz danach war diese Buchvorstellung Gott sei Dank zu Ende.“
Der Bundesgerichtshof hat die Klage der Beschwerdeführerin – anders als zuvor das Landgericht und das Oberlandesgericht – letztinstanzlich abgewiesen1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil ihr weder eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt noch ihre Annahme zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg2, weil die angegriffenen Entscheidungen Grundrechte der Beschwerdeführerin nicht verletzen:
Der Bundesgerichtshof hat die verfassungsrechtlichen Grundsätze zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts3 und der Meinungsäußerungsfreiheit4, insbesondere zur Wiedergabe von Zitaten5, explizit in seine Erwägungen eingestellt. Er hat nicht verkannt, dass der Zitierende – um Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Möglichkeit auszuschließen – verpflichtet ist, die eigene Deutung einer Äußerung, die womöglich mehrere Interpretationen zulässt, durch einen Interpretationsvorbehalt als solche kenntlich zu machen5.
Dass der Bundesgerichtshof die streitgegenständliche Passage in dem Artikel der Beklagten vorliegend nicht für ein Falschzitat hält, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch schon unabhängig von der Frage, ob die Äußerung der Beschwerdeführerin auf der Pressekonferenz eindeutig oder mehrdeutig ist. Denn die streitgegenständliche Passage im „Hamburger Abendblatt“ genügt im konkreten Kontext in jedem Fall den Anforderungen an die Wiedergabe eines – auch eventuell mehrdeutigen – Zitats. Denn diese Textpassage ist gleichfalls im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Der Zeitungsartikel im „Hamburger Abendblatt“ ist schon überschrieben mit „Eine Ansichtssache“ und insgesamt in einem süffisanten Ton geschrieben. So heißt es dort zum Beispiel, dass die Ex-Tagesschau-Sprecherin ihre Ideen von einer heilen Welt mit allem garniere, was ihr zufällig in die Finger komme: „Mal ist es Aristoteles, mal Astrid Lindgren, mal der Papst, mal Gorbatschow. … War es vor einem Jahr noch H. Anliegen, dem Mann das Heim mit Blumen und Apfelkuchen so gemütlich wie möglich zu gestalten, … so geht es ihr heute um den Mann an sich. …“. In dieser Weise ist auch die streitgegenständliche Passage zu lesen, der geforderte Interpretationsvorbehalt ergibt sich gleichsam aus der Süffisanz. Hinzu kommt, dass es sich bei der Passage auch nicht um ein wörtliches Zitat handelt, sondern um eine ironisch pointierte Zusammenfassung der Äußerung der Beschwerdeführerin. So kommt die Formulierung „gesellschaftlicher Salat“ in der Äußerung der Beschwerdeführerin überhaupt nicht vor. Schließlich zeigt der letzte Satz des Artikels „Kurz danach war diese Buchvorstellung Gott sei Dank zu Ende“ noch einmal, dass die Autorin ihre Meinung über die Beschwerdeführerin und deren Ansichten niedergeschrieben hat. Der Leser erkennt, dass es sich hier um eine verkürzende und verschärfende Zusammenfassung der Buchvorstellung handelt. Vor diesem Hintergrund ist das Recht der Beschwerdeführerin am eigenen Wort gewahrt, ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht hat hinter die Meinungsfreiheit der Beklagten zurückzutreten. Die Beschwerdeführerin, der es nicht gelungen war, sich unmissverständlich auszudrücken, muss die streitgegenständliche Passage als zum „Meinungskampf“ gehörig hinnehmen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 1 BvR 2720/11