Auch ein Erbe, dem vom Erblasser zu Lebzeiten eine Generalvollmacht erteilt worden war, kann, so der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung, eine Verfügung, durch die die Aufsichtsbehörde anstelle des verstorbenen Beteiligten einen Notar von der Verschwiegenheitspflicht befreit, nicht mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechten1.

Die auf § 18 Abs. 2 BNotO gestützte Befreiung eines Notars von der Pflicht zur Verschwiegenheit ist ein Verwaltungsakt nach der Bundesnotarordnung, dessen Anfechtung sich nach § 111 BNotO richtet2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist aber unzulässig; die Erben sind nicht antragsberechtigt. Sie werden durch die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht nicht „in ihren Rechten beeinträchtigt“, wie § 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO es voraussetzt.
Das gilt zunächst für beide Antragsteller, soweit sie Erben der Verstorbenen sind. Aus der Erbenstellung ergibt sich keine eigene Befugnis zur Befreiung des vom Erblasser zugezogenen Notars von der Verschwiegenheitspflicht. Vielmehr tritt nach der eindeutigen Regelung des § 18 Abs. 2 BNotO an die Stelle eines verstorbenen Beteiligten allein die Aufsichtsbehörde des Notars3. Damit wird der etwaige Widerstreit der Interessen der Erben mit denen des Erblassers, aber auch der Interessen der Erben untereinander, von einer unparteiischen Stelle entschieden. § 18 BNotO schützt das Interesse des „Beteiligten“, hier der Verstorbenen, an der Geheimhaltung der dem Notar bei seiner Berufsausübung bekannt gewordenen Angelegenheiten, nicht hingegen das Interesse der Erben, Ansprüche Dritter auf den Nachlass von vornherein dadurch abzuwehren, dass die Aufklärung des Sachverhalts vereitelt wird4.
Eine Rechtsbeeinträchtigung des Antragstellers im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil er etwa auf Grund der ihm erteilten Generalvollmacht selbst „Beteiligter“ wäre, der nach § 18 Abs. 2 BNotO anstelle der Aufsichtsbehörde den Notar von der Verschwiegenheitspflicht hätte befreien müssen. Bei der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht handelt es sich nämlich um die Ausübung eines höchstpersönlichen Rechts (Kanzleiter aaO § 18 Rn. 52). Insoweit ist eine Vertretung im Willen unzulässig5, sei es aufgrund einer Prozessvollmacht6 oder – wie hier – aufgrund einer Generalvollmacht7. Wäre demnach eine entsprechende Vertretung seiner Mutter durch den Antragsteller schon zu Lebzeiten unzulässig gewesen, gilt dies erst recht nach deren Tode, zumal für diesen Fall § 18 Abs. 2 BNotO ausdrücklich und ausnahmslos der Aufsichtsbehörde die Befugnis zuweist, eine Befreiung zu erteilen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. April 2009 – NotZ 23/08
- Fortführung von BGH, Beschlusses vom 25. November 1974 – NotZ 4/74 – DNotZ 1975, 420[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 25. November 1974 – NotZ 4/74 – NJW 1975, 930 = DNotZ 1975, 420; vom 14. Juli 1986 – NotZ 4/86 – DNotZ 1987, 162 und vom 10. März 2003 – NotZ 23/02 – DNotZ 2003, 780[↩]
- BGH, Beschluss vom 25. November 1974 aaO; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 6. Aufl. § 18 Rn. 109; Eylmann in Eyl-mann/Vaasen, BNotO/BeurkG 2. Aufl. § 18 BNotO Rn. 41; Kanzleiter in Schippel/Bracker, BNotO 8. Aufl. § 18 Rn. 53[↩]
- BGH, Beschluss vom 25. November 1974 aaO[↩]
- Eylmann aaO § 18 BNotO Rn. 33; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 53 Rn. 48 m.w.N.[↩]
- Sandkühler aaO § 18 Rdn. 107[↩]
- MünchKommStGB/Cierniak § 203 Rn. 58[↩]