Das zunächst gesperrte und dann wieder freigeschaltete Social-Media-Konto – und die Prozesskosten

Gegen Kontosperren durch Social-Media-Konzerne kann eine mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgegangen werden. War die Kontensperre rechtswidrig, trägt der Social-Media-Konzern die Prozesskosten; dies gilt auch, wenn das Profil schon freigegeben wird bevor das Gericht entscheidet.

Das zunächst gesperrte und dann wieder freigeschaltete Social-Media-Konto – und die Prozesskosten

In dem vom Landgericht Lübeck entschiedenen Fall hatte ein Social-Media-Konzern das Konto einer Nutzerin wegen angeblich unzulässiger Inhalte deaktiviert. Eine Vorwarnung gab es nicht. Die Nutzerin beantragte eine Überprüfung durch das Unternehmen, erhielt aber keine Antwort. Sie suchte dann Hilfe bei einem Rechtsanwalt. Auch das half nicht. Der Anwalt erhielt auf sein Schreiben nur eine Standard-E-Mail, in der stand, dass das Unternehmen möglicherweise antworten wird – möglicherweise aber auch nicht. Hierauf rief der Anwalt das Landgericht Lübeck an und beantragte eiligen Rechtsschutz. Das Gericht solle dem Unternehmen schnellstmöglich verbieten, das Konto endgültig zu löschen. Noch bevor das Gericht hierüber entscheiden konnte, gab das Unternehmen das Konto wieder frei.

Gerichts- und Anwaltskosten waren jetzt aber schon entstanden. Das Unternehmen sah keinen Grund, die Kosten zu bezahlen. Es habe u.a. gar nicht beabsichtigt, das Konto endgültig zu löschen. Es sei nicht nötig gewesen, vor Gericht zu gehen.

Das Gericht hat das nicht überzeugt. Es hat das Unternehmen dazu verurteilt, die Prozesskosten zu tragen. Die Nutzerin habe wegen des intransparenten Verfahrens allen Grund gehabt, den endgültigen Verlust ihres Kontos samt aller Daten zu befürchten. Ob das Unternehmen „in Wirklichkeit“ gar nicht vorhatte, das Konto endgültig zu löschen, sei unwichtig. Es handle sich hierbei um rein interne Absichten und Prozesse, die für die Nutzerin nicht erkennbar gewesen seien.

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Hinsichtlich der Frage, wann der richtige Zeitpunkt sei, um gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, hätten die Nutzer zudem einen gewissen Spielraum. Dies folgt aus dem Umstand, dass der Plattformbetreiber zwar einerseits vorgerichtliche Abhilfemöglichkeiten anbietet, die Nutzerinnen und Nutzer dann jedoch sehr weitgehend im Unklaren lässt, wie, wann und ob überhaupt hierauf reagiert wird. Hinzukommt zudem, dass keine nachvollziehbaren Informationen vorgehalten werden, wie lange die persönlichen Daten nach einer Deaktivierung des Kontos noch vor einer Löschung „sicher“ sind und wann der Löschungsprozess eingeleitet wird.

Landgericht Lübeck, Beschluss vom 2. Juni 2023 – 15 O 2/23

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