Der IHK-Beitrag und ein Ge­wer­be­steu­er­mess­be­tra­g von Null

In der Fest­set­zung des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­tra­ges auf Null liegt keine po­si­ti­ve Fest­stel­lung der Ge­wer­be­steu­er­pflicht, die nach § 2 Abs. 1 IHKG Tat­be­stands­wir­kung für die Fest­set­zung von Bei­trä­gen zur In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer hätte. Dazu wäre die Fest­set­zung eines po­si­ti­ven Mess­be­tra­ges er­for­der­lich1.

Der IHK-Beitrag und ein Ge­wer­be­steu­er­mess­be­tra­g von Null

Beiträge dürfen nach § 3 Abs. 3 Satz 1 IHKG nur von Kammerzugehörigen erhoben werden. Bei Handelsgesellschaften wie der als Kommanditgesellschaft geführten Klägerin (§ 161 HGB) setzt die Zugehörigkeit zur Kammer nach § 2 Abs. 1 IHKG unter anderem die Veranlagung zur Gewerbesteuer voraus. Dafür ist nicht die tatsächliche Heranziehung zur Gewerbesteuer maßgeblich, sondern allein die Gewerbesteuerpflicht dem Grunde nach2. Soweit durch Gewerbesteuermessbescheid nach § 14 GewStG i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 2 AO über die persönliche und sachliche Gewerbesteuerpflicht entschieden wird, hat dies nach § 2 Abs. 1 IHKG Tatbestandswirkung für die Festsetzung von Kammerbeiträgen3. Liegt keine solche Entscheidung vor, hat die Industrie- und Handelskammer die Gewerbesteuerpflicht dem Grunde nach selbst zu prüfen.

Dem auf Null lautenden Gewerbesteuermessbescheid ist keine die IHK bindende positive Feststellung der Gewerbesteuerpflicht der Klägerin zu entnehmen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass in der Festsetzung eines Null-Betrages keine positive Feststellung einer Gewerbesteuerpflicht liegt, die zur Vermeidung einer Bindungswirkung angefochten werden müsste. Dazu wäre vielmehr die Festsetzung eines positiven Messbetrages erforderlich4.

Die Annahme, schon der Erlass eines Gewerbesteuermessbescheides impliziere eine bindende positive Feststellung der Gewerbesteuerpflicht5, zeigt keine neuen Gesichtspunkte auf, die die bisherige Rechtsprechung grundsätzlich in Frage stellen könnten. Vielmehr wendet sie § 184 Abs. 1 Satz 2 AO unzutreffend an.

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Nach dieser Vorschrift wird mit der Festsetzung der Messbeträge über die sachliche und persönliche Steuerpflicht im jeweiligen Erhebungszeitraum entschieden. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Festsetzung positiver Messbeträge zwangsläufig auf der Annahme einer Steuerpflicht beruht, und erstreckt die Regelungs- und Bindungswirkung des Messbescheides auch auf diese Feststellung. Lautet ein Messbetragsbescheid dagegen auf Null (sogenannter Freistellungsbescheid), regelt er nur, dass ein Steuermessbetrag nicht festzusetzen ist6. Die Nullfestsetzung kann sich daraus ergeben, dass eine Steuerpflicht dem Grunde nach bejaht und der Messbetrag nur in – zutreffender oder fehlerhafter – Anwendung der Freibetragsregelung des § 11 GewStG mit Null beziffert wurde7. Sie kann aber ebenso darauf beruhen, dass die Finanzbehörde annahm, schon die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Steuerpflicht lägen dem Grunde nach nicht vor8. Daher enthält die Nullfestsetzung auch keine konkludente Feststellung einer Steuerpflicht, der Bindungswirkung zukommen könnte.

Aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergibt sich nichts anderes. Sie klärt lediglich, dass Steuerfestsetzungen auf Null angefochten werden können, soweit sie den Adressaten belastende Feststellungen enthalten. Sie beantwortet jedoch nicht die Frage, wann ein Steuermessbescheid eine bindende Feststellung der Steuerpflicht nach § 184 Abs. 1 AO enthält.

Ob aus dem Zusammenhang einer Nullfestsetzung mit weiteren Feststellungen des Gewerbesteuermessbescheides oder mit dessen Begründung nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen entsprechend §§ 133, 157 BGB eine bindende Feststellung der Steuerpflicht unabhängig von § 184 Abs. 1 Satz 2 AO herzuleiten sein könnte, hätte im Revisionsverfahren auch ohne das erledigende Ereignis nicht geklärt werden müssen. Selbst bei Zulässigkeit einer solchen Auslegung gäbe es dafür, dass eine Steuerpflicht dem Grunde nach bejaht und der Messbetrag nur wegen zu geringer Erträge auf Null festgesetzt worden wäre, keinerlei Anhaltspunkte. Die im Steuermessbescheid festgestellten Erträge lagen weit über der Freibetragsgrenze des § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG. Umgekehrt ließe die Feststellung solcher Erträge angesichts der Nullfestsetzung des Messbetrages noch nicht auf das Bejahen einer Steuerpflicht schließen.

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Mangels bindender finanzbehördlicher Feststellungen hätte das Berufungsgericht die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin dem Grunde nach für 2008 und 2009 nach § 2 GewStG selbst prüfen und verneinen müssen. Als Personenhandelsgesellschaft war die Klägerin nicht schon wegen ihrer Rechtsform nach § 2 Abs. 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig. Einen stehenden Gewerbebetrieb im Inland (§ 2 Abs. 1 GewStG) unterhielt sie im fraglichen Beitragszeitraum ebenfalls nicht mehr. Unstreitig hatte sie ihren Gewerbebetrieb bereits im Januar 2007 im Ganzen an einen Dritten verpachtet. Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über, so gilt er als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt (§ 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG). Deshalb endet die Gewerbesteuerpflicht mit der Verpachtung des gesamten Betriebes an einen Dritten, sofern die Verpachtung nicht selbst gewerblichen Charakter hat9.

Anhaltspunkte für einen solchen Ausnahmefall waren weder vorgetragen noch erkennbar. Die Klägerin erfüllte seinerzeit auch nicht die Voraussetzungen einer als Gewerbebetrieb zu behandelnden Personengesellschaft gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG. Sie war weder gewerblich tätig noch bezog sie Gewinnanteile als Gesellschafterin einer – anderen – Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Sie stellte auch keine gewerblich geprägte Personenhandelsgesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG dar, die ungeachtet ihrer nichtgewerblichen Tätigkeit als Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG zu behandeln gewesen wäre. Ihre Komplementärin war keine Kapitalgesellschaft, sondern eine natürliche Person.

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Mit der Gewerbesteuerpflicht der Klägerin entfielen nach § 2 Abs. 1 IHKG für 2008 und 2009 auch ihre Zugehörigkeit zur IHK und die Pflicht, Beiträge an diese zu zahlen.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. Juli 2011 – 8 C 23.10

  1. wie BVerwG, Ur­teil vom 08.10.1976 – 7 C 46.74, BVerw­GE 51, 169, 172, Buch­holz 401.5 § 17a GewStG Nr. 2[]
  2. stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 19.01.2005 – 6 C 10.04, BVerwGE 122, 344, 346 = Buchholz 451.09 IHKG Nr.19; Beschluss vom 21.10.2004 – 6 B 60.04, Buchholz 451.09 IHKG Nr. 18 jeweils m.w.N.[]
  3. BVerwG, Urteil vom 27.10.1998 – 1 C 19.97, Buchholz 451.09 IHKG Nr. 12[]
  4. BVerwG, Urteil vom 08.10.1976 – 7 C 46.74, BVerwGE 51, 169, 172 = Buchholz 401.5 § 17a GewStG Nr. 2 zu § 212a Abs. 1 AO a.F.; jetzt § 182 Abs. 1 i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 AO[]
  5. so auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.02.2007 – 6 S 2003/06; Urteil vom 02.12.2010 – 6 S 1756/09, insoweit nicht abgedruckt in DÖV 2011, 368; offen gelassen in Hess. VGH, Beschluss vom 14.08.1997 – 8 ZU 1970/97, GewArch 1998, 73 f.[]
  6. BVerwG, Urteil vom 08.10.1976 a.a.O.; de Hesselle, in: Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Stand: Februar 2011, § 14, Stand: November 2007 Rn. 37[]
  7. dazu vgl. Jahn, in: Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, 7. Aufl.2009, § 2 Rn. 37[]
  8. vgl. zur Mehrdeutigkeit von Nullfeststellungen: Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 179, Stand: November 2010, Rn. 116, 118 f.; zur Bindungswirkung positiver Feststellungen derselben, a.a.O. § 182, Stand: November 2004, Rn. 43 f.[]
  9. vgl. Jahn, in: Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, a.a.O. § 2 Rn. 48; Drüen, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, Stand: März 2011, § 2 GewStG, Stand: September 2010 Rn. 252; Güroff, in: Güroff, GewStG, 7. Aufl.2009, § 2 Rn. 429[]
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