Der irreführende Preisvergleich von Gerüstboden

Ein Preisvergleich ist irreführend, wenn sich die für den Vergleich maßgeblichen Konditionen nicht unwesentlich unterscheiden und der Werbende auf diese Unterschiede nicht deutlich und unmissverständlich hinweist1. Ohne einen solchen Hinweis ist daher der Vergleich von Stückpreisen von Gerüstbestandteilen in der Werbung irreführend, wenn der angegebene eigene Stückpreis auf der Grundlage des Kaufs einer Verpackungseinheit von 320 Stück und der Preis des Mitbewerbers auf der Grundlage des Kaufs einer Verpackungseinheit von 40 Stück errechnet worden ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG).

Der irreführende Preisvergleich von Gerüstboden

Bei der Bewerbung eines Gerüstbodens mit dem Hinweis „Mit Zulassung“ gehen die angesprochenen Verkehrskreise davon aus, dass das so beworbene Gerüst selbst über eine bauaufsichtliche Zulassung nach § 18 LBO-BW verfügt und nicht lediglich konform zu einem zugelassenen Gerüst eines Mitbewerbers ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Übereinstimmung dem Werbenden in einer Konformitätsbescheinigung nach § 22 LBO-BW bestätigt worden ist.

Ein Preisvergleich setzt voraus, dass der Mitbewerber einen Preis angegeben hat, auf den der Werbende Bezug nehmen konnte2. Auch eine Preise vergleichende Werbung muss „wesentlich, relevant, nachprüfbar und typisch“ sein und dem Objektivitätserfordernis des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG genügen3. Das Erfordernis der Objektivität zielt dabei darauf ab, Vergleiche auszuschließen, die sich nicht aus einer objektiven Feststellung, sondern aus einer subjektiven Wertung ihres Urhebers ergeben4. Danach ist der Begriff der Sachlichkeit dahin zu verstehen, dass subjektive Wertungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG ausgeschossen sind5. Die bloße Unvollständigkeit oder Einseitigkeit eines Preisvergleichs (z.B. die einseitige Darstellung der nur für eine Seite günstige Konstellationen) lässt dessen Objektivität unberührt6.

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Im Streitfall ist der Umstand, dass die von der Beklagten angegebenen Preise auf einer unterschiedlichen Berechnungsgrundlage, nämlich unterschiedlichen Abnahmemengen beruhen, kein wertendes, subjektives Element. Der Preisvergleich ist daher nicht nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG unlauter.

Der Preisvergleich ist jedoch irreführend (§ 5 UWG):

Nach § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irrführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Umstände enthält. Zu diesen Umständen zählt auch der Preis (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG). Ausdrücklich regelt § 5 Abs. 3 UWG, dass Angaben in diesem Sinne auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sind. Ein im Rahmen vergleichender Werbung vorgenommener Preisvergleich ist irreführend, wenn sich die Grundlagen für die Preisbemessung nicht unwesentlich unterscheiden und der Werbende auf diese Unterschiede nicht deutlich und unmissverständlich hinweist7.

Die angesprochenen Verkehrskreise erkennen, dass vergleichende Werbung regelmäßig dazu dient, die Vorteile der Erzeugnisse des Werbenden herauszustellen. Er geht deshalb nicht davon aus, dass ein von einem Wettbewerber angestellter Werbevergleich ebenso wie ein von einem unabhängigen Testveranstalter vorgenommener Waren- oder Dienstleistungsvergleich auf einer neutral durchgeführten Untersuchung beruht. Es begegnet daher nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch keinen grundsätzlichen Bedenken, wenn ein Warenvergleich sich in diesem Zusammenhang nur auf bestimmte Gesichtspunkte bezieht, ohne andere Eigenschaften der miteinander verglichenen Produkte anzusprechen8. Die Grenze zur Irreführung ist jedoch überschritten, wenn ein Werbevergleich den falschen Eindruck vermittelt, es seien im Wesentlichen alle relevanten Eigenschaften in den Vergleich einbezogen worden. Übertragen auf die Werbung mit einem Preisvergleich ist ein solcher in der Werbung dann als irreführend zu beurteilen, wenn sich die für den Preis maßgeblichen Konditionen der Mitbewerber nicht unwesentlich unterscheiden und der Werbende auf diese Unterschiede nicht deutlich und unmissverständlich hinweist7.

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Die Werbung für die Gerüstbauteile mit der Angabe „Mit Zulassung!“ war irreführend und damit wettbewerbswidrig, da die beworbenen Gerüstbauteile zum Zeitpunkt der Werbung nicht über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügten (§ 5 UWG).

Der Hinweis auf eine Zulassung stellt eine Tatsachenbehauptung dar, denn das Vorliegen einer Zulassung ist mit den Mitteln des Beweises überprüfbar. Die Angabe muss unter zugrundelegen eines zutreffenden Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise wahr sein. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich um Fachkreise, nämlich potentielle Käufer von Gerüstbauteilen. Anders als das Landgericht angenommen hat, verstehen diese den angegriffenen Hinweis nicht dahin, dass das beworbene Produkt überhaupt einer Zulassung entspreche und danach zulässig am Bau eingesetzt werden könne. Denn diesen angesprochenen Verkehrskreisen ist die rechtliche Ausgangslage bekannt. Sie wissen, dass die zulässige Verwendung dieser Teile entweder einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung nach § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 18 LBO-BW oder aber einer Zustimmung im Einzelfall (vgl. §§ 17 Abs. S.1 Nr. 3, 20 LBO-BW) bedarf. Letzteres ist für den Käufer eine deutliche Einschränkung der Verwendung der Gerüstbauteile. Sie wissen darüber hinaus, dass Abnehmer von Gerüstbauteilen eines Herstellers im Fall einer nachgewiesene Übereinstimmung ihres Gerüstsystems mit dem Gerüstsystem eines (anderen) Herstellers, der selbst über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügt, dieses ebenfalls verwenden dürfen, ohne im Einzelfall eine Zustimmung einholen zu müssen (Konformitätsbescheinigung, § 22 LBO-BW). In diesen Fällen nutzt das Gerüstsystem also – im Fall der nachgeprüften und bestätigten Übereinstimmung – die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung eines anderen Herstellers. Im Hinblick darauf, dass es sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen um Fachkreise handelt, ist diesen der Unterschied einer „Zulassung“ und einer „Konformitätsbescheinigung“ bekannt. Selbst wenn es – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht zuträfe, dass die angesprochenen Verkehrskreise einem Gerüst mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung eine bestimmte Qualitäts- und Innovationserwartung zuschreiben und für den Abnehmer in beiden Fällen die Erwartung erfüllt wird, dass er für die Verwendung des Gerüsts keiner Zustimmung im Einzelfall bedarf, kann der angesprochene Verkehrskreis die Fachbegriffe „Zulassung“ und „Konformitätsbescheinigung“ unterscheiden. Er wird daher – anders als das Landgericht annimmt – die Werbung für Gerüstbauteile eines Gerüstsystems unter Verwendung des Zusatzes „Mit Zulassung!“ nicht dahin verstehen, dass das beworbene Produkt irgend einer Zulassung entspreche, also konform mit einem zugelassenen Produkt sei. Die Werbung gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass sich die Aussage „Mit Zulassung!“ nicht auf das beworbene Produkt der Beklagten Ziff. 1, sondern auf das Produkt eines anderen, nicht genannten Herstellers und dessen Zulassung beziehen könnte. Der Verkehr wird der angegriffenen Werbeaussage daher vielmehr die Behauptung einer eigenen Zulassung, also einer eigenen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung entnehmen. Auch der Prospekt gibt keinen Anlass für ein anderes Verständnis. Zwar ist dort die angegriffene Werbeaussage um einen Sternchenhinweis ergänzt, der zu der Aussage „Gültig für Stahlböden passend zu L… und P…“ führt, aber dieser Hinweis klärt nicht darüber auf, dass sich die Werbung auf eine Zulassung Dritter bezieht. Dass sich die Gerüstbauteile der Beklagten Ziff. 1 mit denen dieser Hersteller verbinden lassen, steht in keinerlei erläuterndem Zusammenhang mit der angegriffenen Werbeaussage.

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Die so verstandene Werbeaussage ist falsch, da die Beklagte zum Zeitpunkt der Werbung nur über eine Konformitätsbescheinigung und nicht über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügte. Die unwahre, irreführende Angabe ist auch geeignet, den Kaufentschluss zu beeinflussen. Für den Verkehr ist insoweit jedenfalls von Bedeutung, dass die Konformitätsbescheinigung lediglich auf die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung eines anderen Gerüstes verweist, das Schicksal der Verwendung der Gerüstbauteile ohne Einholung einer Zustimmung im Einzelfall also nicht nur von der Einhaltung der Übereinstimmung (Konformität), sondern auch vom Bestand der Zulassung des Gerüsts des anderen Herstellers abhängt. Die Werbung ist daher wettbewerbswidrig.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27. Februar 2013 – 6 U 122/11

  1. BGH, Urteil vom 19.11.2009 – I ZR 141/07, GRUR 2010, 658 Tz. 16 – Paketpreisvergleich[]
  2. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 6 Rn. 111[]
  3. EuGH GRUR 2007, 69 Tz. 56 – LIDL Belgium /Colruyt[]
  4. EuGH GRUR 2007, 69 Tz. 40 ff.[]
  5. BGH GRUR 2010, 658 Tz. 13 – Paketpreisvergleich[]
  6. BGH aaO Tz. 12, 13[]
  7. BGH GRUR 2010, 658 Tz. 16 – Paketpreisvergleich[][]
  8. BGH GRUR 2002, 633, 635 – Hormonersatztherapie[]

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