Nachhaltige, vorsätzliche und eigennützige Verstöße gegen die zwingende berufsrechtliche Regelung des § 56 Abs. 2 Satz 3 BNotO durch Beurkundungen unter Überschreitung der Drei-Monats-Frist können Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers für das Notaramt begründen1.

Für die Beurteilung, ob Verhaltensweisen und Auffälligkeiten eines Bewerbers für das Notaramt nicht ausräumbare Zweifel an der persönlichen Eignung begründen, ist nicht nur die strafrechtliche Bewertung und/oder die Beurteilung nach dem Berufsrecht der Rechtsanwälte maßgebend. Vielmehr ist im Bewerbungsverfahren selbständig auch zu prüfen, ob aus dem zugrunde liegenden Verhalten negative Folgerungen im Hinblick auf die wegen des öffentlichen Amts erhöhten persönlichen Anforderungen an einen Notar zu ziehen sind.
Die Drei-Monats-Frist für Notariatsverwalter
Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 56 Abs. 2 Satz 3 BNotO ist eine Ausnahme von der Drei-Monats-Frist auch bei Verzichts auf die Vergütung des Notariatsverwalters nach § 59 Abs. 3 BNotO rechtlich nicht zulässig. Es stellt sich nicht die Frage der verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift in § 56 Abs. 2 Satz 3 BNotO unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 GG im Hinblick auf die Verwalterbestellung im hauptberuflichen Notariat. Da die Notariatsverwaltung im Anwaltsnotariat nach § 56 Abs. 2 Satz 1 BNotO grundsätzlich auf die bloße Abwicklung der bereits begonnenen Amtsgeschäfte gerichtet ist, soll der Notariatsverwalter möglichst keine neuen Notariatsgeschäfte vornehmen2. Darin besteht der sachliche Grund, der die Unterschiede zwischen der Notariatsverwaltung eines hauptberuflichen Notariats und im Anwaltsnotariat bei der Vornahme neuer Notariatsgeschäfte rechtfertigt. Keinesfalls darf der Notariatsverwalter die nach seiner Auffassung wirtschaftlich unbefriedigende Situation bei der Verwaltung der Anwaltsnotariate durch Vornahme neuer Notariatsgeschäfte unter Überschreitung der Drei-Monats-Frist verbessern. Als Träger eines öffentlichen Amts, der auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege wichtige Funktionen wahrnimmt, ist er in besonderem Maße zur Integrität verpflichtet.
Selbst wenn andere Verwalter in gleicher Weise gegen die Vorschrift in § 56 Abs. 2 Satz 3 BNotO verstoßen hätten, entbindet dies den Notariatsverwalter nicht davon, einer klaren gesetzlichen Bestimmung Folge zu leisten. Es handelt sich um zwingendes Recht, von dessen Geltung die Behörde keine Ausnahme machen kann3.
Hieraus resultierende Zweifel an der persönlichen Eignung des Notarbewerbers
Für die Beurteilung, ob Verhaltensweisen und Auffälligkeiten eines Bewerbers für das Notaramt nicht ausräumbare Zweifel an der persönlichen Eignung begründen, ist nicht nur die strafrechtliche Bewertung und/oder die Beurteilung nach dem Berufsrecht der Rechtsanwälte maßgebend. Vielmehr ist im Bewerbungsverfahren selbständig auch zu prüfen, ob aus dem zugrunde liegenden Verhalten negative Folgerungen im Hinblick auf die wegen des öffentlichen Amts erhöhten persönlichen Anforderungen an einen Notar zu ziehen sind.
Verhaltensweisen und Auffälligkeiten, die für sich betrachtet eine negative Bewertung nicht tragen würden, können in ihrem Zusammentreffen ausreichen, um nicht ausräumbare Zweifel an der persönlichen Eignung zu begründen. Dabei ist nicht wesentlich die strafrechtliche Bewertung und/oder die Beurteilung nach dem Berufsrecht der Rechtsanwälte, als vielmehr die im Bewerbungsverfahren selbständig zu prüfende Frage, ob aus dem zugrunde liegenden Verhalten negative Folgerungen im Hinblick auf die wegen des öffentlichen Amts erhöhten persönlichen Anforderungen an einen Notar zu ziehen sind4.
Ein Notar hat sich – gemäß der das allgemeine Verhaltensgebot des § 14 Abs. 3 Satz 1 BNotO konkretisierenden Vorschrift des § 31 BNotO – gegenüber Kollegen, Gerichten, Behörden, Rechtsanwälten und anderen Beratern seiner Auftraggeber in der seinem Amt entsprechenden Weise zu verhalten. Er muss im Umgang mit Kollegen und anderen Sachlichkeit wahren. Unnötige Schärfen sind zu vermeiden, jede tatsächliche und rechtliche Kritik muss in angemessener Form vorgetragen werden, persönliche und ehrkränkende Vorwürfe sind zu unterlassen5. Die erhöhten Anforderungen rechtfertigen sich daraus, dass die Leistungsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspflege wesentlich vom Vertrauen der Rechtsuchenden in die Rechtspflegeorgane abhängt und dafür unbedingte Integrität der Amtspersonen gefordert ist.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. November 2013 – NotZ (Brfg) 10/13
- vgl. Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 56 Rn. 7 und § 59 Rn. 26 ff.; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 58 Rn. 8 und § 59 Rn. 16 ff.[↩]
- BT-Drucks. 3/219 S. 27; s. auch Eylmann/Vaasen/Wilke, BNotO, BeurkG, 3. Aufl., § 56 BNotO Rn. 1, 15 und 33[↩]
- vgl. Eylmann/Vaasen/Wilke aaO Rn. 15[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2012 – NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 14[↩]
- vgl. Schippel/Bracker/Kanzleiter aaO § 31 Rn. 3[↩]