Die evtl. nicht kostendeckende Buslinie

Die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung beeinträchtigt öffentliche Verkehrsinteressen im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Genehmigung diese Linie wegen fehlender Kostendeckung nicht dauerhaft betreiben kann.

Die evtl.  nicht kostendeckende Buslinie

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG muss, wer im Sinne des § 1 Abs. 1 – also entgeltlich oder geschäftsmäßig – mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§§ 42 und 43 PBefG) Personen befördert, im Besitz einer Genehmigung sein. Es besteht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer solchen Genehmigung, wenn keiner der gesetzlich vorgesehenen Versagungsgründe eingreift1.

Der im vorliegenden Fall vom Kläger beabsichtigte Verkehr ist eigenwirtschaftlich im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 PBefG, obgleich er nur bei Zahlung von Betriebskostenzuschüssen durch nach (bayerischem) Landesrecht zuständigen Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr kostendeckend durchgeführt werden kann. Eigenwirtschaftlich sind nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG Verkehrsleistungen, deren Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Erträge aus gesetzlichen Ausgleichs- und Erstattungsregelungen im Tarif- und Fahrplanbereich sowie sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne. Zu den sonstigen Unternehmenserträgen im handelsrechtlichen Sinne gemäß dieser Vorschrift zählen nach der Rechtsprechung des erkennenden Bundesverwaltungsgerichts auch Zuschüsse der öffentlichen Hand zu den Kosten einer Verkehrsleistung2; für die Zuordnung kommt es darauf an, ob es sich um Erträge des Unternehmens handelt, die in die Gewinn- und Verlustrechnung aufzunehmen sind3. Ist das der Fall, bleibt für eine weitere Differenzierung nach einer „echten“ / „tatsächlichen“ einerseits und einer „unechten“ Eigenwirtschaftlichkeit andererseits kein Raum, wenn es um die maßgebliche Rechtsgrundlage für eine solche Genehmigung geht.

Da der Kläger die von ihm angebotenen Verkehrsleistungen ausdrücklich eigenwirtschaftlich im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG erbringen will und der Genehmigungsantrag auf seine eigene und nicht auf eine Initiative des Aufgabenträgers für den öffentlichen Personennahverkehr zurückgeht4, ergeben sich die Voraussetzungen für die vom Kläger beantragte Genehmigung aus § 13 PBefG. Handelte es sich dagegen um einen gemeinwirtschaftlichen Betrieb der Linie, wäre nicht § 13 PBefG, sondern § 13a PBefG maßgeblich5.

Der Antrag ist nicht genehmigungsfähig, weil er nicht alle Voraussetzungen des § 13 PBefG erfüllt.

Allerdings durfte die Genehmigung nicht auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 PBefG versagt werden, wonach sie nur zu erteilen ist, wenn die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet sind. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG die zu erwartenden Defizite aus dem zur Genehmigung gestellten Verkehr nicht zu berücksichtigen sind6.

Demgegenüber durfte die Erteilung der Genehmigung unter Berufung auf die Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG abgelehnt werden, weil der Linienbetrieb wegen der Verweigerung eines Betriebskostenzuschusses durch den zuständigen öffentlichen Aufgabenträger alsbald wieder eingestellt werden müsse.

Der Genehmigungsbehörde steht kein Beurteilungsspielraum bei der Beantwortung der Frage zu, ob die Dauerhaftigkeit des Verkehrsangebots als ein öffentliches Verkehrsinteresse im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen ist. Anerkannt ist ein solcher Spielraum der Genehmigungsbehörde im Rahmen des § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG, soweit es um die Bewertung von Verkehrsbedürfnissen der unterschiedlichsten Art und ihrer befriedigenden Bedienung geht einschließlich der Frage, wie gewichtig einzelne öffentliche Verkehrsinteressen sowohl für sich gesehen als auch im Verhältnis zueinander sind. Das hat seinen Grund darin, dass die Genehmigungsbehörde dazu die Verkehrsbedürfnisse zu ermitteln und zu bewerten hat, ob und in welchem Maße sie befriedigt werden können und sollen. Diese Entscheidung setzt nicht nur prognostische, sondern auch verkehrspolitische und raumordnerische Wertungen voraus. All das führt dazu, dass diese Entscheidung der Genehmigungsbehörde ähnlich wie andere planerische Verwaltungsentscheidungen der gerichtlichen Überprüfung nur begrenzt zugänglich ist7. Im Gegensatz dazu fehlt den Fragen, die sich in Bezug auf Zweifel an der Dauerhaftigkeit eines angebotenen Linienbetriebs wegen einer zu erwartenden Deckungslücke stellen, ein solcher planerischer und unterschiedliche Interessen bewertender Einschlag. Vielmehr ist es eine reine Rechtsfrage, ob der dauerhafte Betrieb einer Linie überhaupt ein öffentliches Verkehrsinteresse im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG darstellt. Ebenso wenig besteht gemessen an der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art.19 Abs. 4 GG8 ein tragfähiger Grund für die Annahme eines behördlichen Beurteilungsspielraums für die sich anschließende Sachfrage, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bewerbers einen Betrieb der Linie im beantragten Umfang bis zum Ende des Genehmigungszeitraums gewährleisten. Hierfür sind die dem Verkehrsunternehmer für den Linienbetrieb entstehenden Einnahmen und Ausgaben in den Blick zu nehmen. Zusätzlich kann es – nachdem der öffentliche Personennahverkehr regelmäßig defizitär ist – darauf ankommen, ob der Verkehrsunternehmer über die Beförderungserlöse und die Ausgleichszahlungen nach § 45a PBefG und § 148 SGB IX hinaus über sonstige Finanzmittel verfügt, um eine sich ergebende Deckungslücke zu schließen. Eine Notwendigkeit, der Genehmigungsbehörde für die Beantwortung dieser im Kern betriebswirtschaftlichen und gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe zu klärenden Fragen eine der gerichtlichen Kontrolle entzogene Einschätzungsprärogative zuzuerkennen, besteht nicht, zumal es sich bei der in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Frage, inwieweit dem Verkehrsunternehmer Ausgleichsansprüche gegenüber Dritten zustehen, wiederum um eine Rechtsfrage handelt.

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Öffentliche Verkehrsinteressen im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG sind beeinträchtigt, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Linienverkehrsgenehmigung die betreffende Linie wegen fehlender Kostendeckung nicht dauerhaft – also nicht während der gesamten Laufzeit der Genehmigung – in dem der Genehmigung zugrunde liegenden Umfang betreiben kann, obwohl ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis besteht.

Die in § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a bis c PBefG im Einzelnen benannten Belange sind, wie die dort gewählte Formulierung „insbesondere“ zeigt, nicht abschließend9; es bleibt damit Raum für weitere in den Buchstaben a bis c nicht konkretisierte öffentliche Verkehrsinteressen.

Dass als ein sonstiges öffentliches Verkehrsinteresse im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG die Dauerhaftigkeit des angebotenen Linienbetriebs einzustufen ist, erschließt sich unmittelbar aus dem Sinn und Zweck von öffentlichem Personennahverkehr. Für die Bevölkerung soll damit eine ausreichende Verkehrsbedienung im Nahbereich sichergestellt werden (arg. § 8 Abs. 3 Satz 1 PBefG). Dieser Zweck wird verfehlt, wenn der Inhaber einer Linienverkehrsgenehmigung, der sich damit gegenüber möglichen Konkurrenten zugleich auf das sogenannte Parallelbedienungsverbot nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und b PBefG berufen kann10, die ihm obliegenden Beförderungsleistungen aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig wieder ganz oder teilweise einstellen muss und hierzu die vollständige oder teilweise Entbindung von der Betriebspflicht nach § 21 Abs. 4 PBefG beantragt.

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Dafür, die Dauerhaftigkeit des beantragten Linienbusverkehrs als öffentliches Verkehrsinteresse im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG zum Gegenstand des Prüfprogramms schon bei der Genehmigungserteilung zu machen, sprechen zusätzlich Erwägungen, die ihre Grundlage in der Systematik der personenbeförderungsrechtlichen Regelungen finden. Sie ergeben sich zum einen aus den Aufsichtspflichten, die die Genehmigungsbehörde im Anschluss an die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung treffen. Zum anderen folgen sie aus dem Vorrang einer eigenwirtschaftlichen Verkehrsbedienung nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 3 PBefG und der Notwendigkeit, eine missbräuchliche Ausnutzung dieses Vorrangs durch eines der um eine Linienverkehrsgenehmigung konkurrierenden Verkehrsunternehmen zu verhindern.

Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 PBefG unterliegt der Unternehmer hinsichtlich der Erfüllung der Vorschriften dieses Gesetzes sowie der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen und der Einhaltung der durch die Genehmigung auferlegten Verpflichtungen (Bedingungen, Auflagen) der Aufsicht der Genehmigungsbehörde. Zu den mit der Genehmigungserteilung entstehenden Verpflichtungen des Verkehrsunternehmers gehört die ihn nach § 21 Abs. 1 PBefG treffende Betriebspflicht; er ist danach gehalten, den ihm genehmigten Betrieb aufzunehmen und während der Geltungsdauer der Genehmigung den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Stand der Technik entsprechend aufrechtzuerhalten. Obliegt der Genehmigungsbehörde jedoch im Anschluss an die Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung eine solche Überwachungspflicht und hat sie gegenüber dem Verkehrsunternehmer die Erfüllung dieser Betriebspflicht gegebenenfalls durchzusetzen oder ihn sonst unter den in § 21 Abs. 4 PBefG genannten Voraussetzungen ganz oder teilweise von seiner Betriebspflicht zu entbinden, ist kein tragfähiger Grund zu erkennen, weshalb es ihr verwehrt sein soll, bereits zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung und damit auch schon ex-ante zu berücksichtigen, dass der Verkehrsunternehmer zur Einhaltung seiner Betriebspflicht voraussichtlich nicht in der Lage sein wird. Die Genehmigungsbehörde kann nicht gezwungen sein, sehenden Auges einen in seiner Kontinuität von vornherein gefährdeten Linienbetrieb zu genehmigen.

Darüber hinaus ist das Argument nicht von der Hand zu weisen, dass der Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Genehmigung ohne eine solche Überprüfung der Dauerhaftigkeit seines Verkehrsangebots den Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehrsleistungen ausnutzen und sich damit einen sachlich nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber weniger risikofreudig kalkulierenden Konkurrenten verschaffen könnte, die sich aufgrund der bei der Linie zu erwartenden Ertragssituation nur zu einer gemeinwirtschaftlichen Verkehrsbedienung bereit finden. Zu einer vom Aufgabenträger initiierten Ausschreibung der Linie für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen und einem daraus resultierenden Vergleich der konkurrierenden Unternehmen und ihres jeweiligen Zuschussbedarfs würde es wegen des Vorrangs der Eigenwirtschaftlichkeit gar nicht erst kommen. Zu einer vergleichbaren sachlich nicht gerechtfertigten „Verdrängung“ von Konkurrenten kommt es, wenn die Genehmigungsbehörde die Auswahl zwischen mehreren und insoweit gleichrangigen Anbietern einer eigenwirtschaftlichen Verkehrsbedienung zu treffen hat und einer der Bewerber erkennbar mehr verspricht, als er im Hinblick auf die Ertragslage zu halten vermag.

Dem steht nicht entgegen, dass nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG die zu erwartenden Defizite aus dem zur Genehmigung gestellten Linienverkehr nicht zu berücksichtigen sind11. Diese Aussage beschränkt sich auf die subjektive Genehmigungsvoraussetzung des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG. Die Nichtberücksichtigung wird vom Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen mit den Vorgaben begründet, die § 2 der Verordnung über den Zugang zum Beruf des Straßenpersonenverkehrsunternehmers (Berufszugangs-Verordnung PBefG – BZV PBefG) in Bezug auf die Überprüfung der allgemeinen finanziellen Leistungsfähigkeit des Unternehmers enthält12. Sie betreffen unter anderem die hierfür heranzuziehenden Unterlagen, die vergangenheitsbezogen sind. Zugleich begrenzt die Verordnungsermächtigung in § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG die Reichweite der Regelungen, die Gegenstand der Berufszugangs-Verordnung PBefG sein können; dort wird als im Verordnungswege zu konkretisierende Norm nur § 13 Abs. 1 PBefG aufgeführt. Damit kann aber für die öffentlichen Verkehrsinteressen im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG etwas anderes gelten als für die Leistungsfähigkeit des Unternehmers im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG. Eine Berücksichtigung der Ertragslage bei einem konkreten zur Genehmigung stehenden Linienverkehr bei der Anwendung von Absatz 2 führt daher auch nicht zu einer „Umgehung“ der zu § 13 Abs. 1 PBefG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

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Bestehen in diesem Sinne aufgrund konkreter Anhaltspunkte ernstliche Zweifel daran, dass der Linienverkehr dauerhaft aufrecht erhalten werden wird, darf die Genehmigungsbehörde den Bewerber unter Konkretisierung der Gründe für diese Zweifel auffordern, ergänzende Unterlagen vorzulegen, die geeignet sind, diese Bedenken aus dem zu Weg räumen. Eine Rechtsgrundlage hierfür ergibt sich aus § 12 Abs. 3 PBefG, wonach die Genehmigungsbehörde „weitere Angaben und Unterlagen“ verlangen kann. Solange diese Zweifel an der Dauerhaftigkeit des Linienbetriebs fortbestehen, kann dem Bewerber eine Genehmigung nach § 13 PBefG nicht erteilt werden. Es obliegt ihm, diese Zweifel zu zerstreuen. Durch die mit dieser Auslegung des Begriffs der öffentlichen Verkehrsinteressen verbundene „Risikoverteilung“ wird der Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Linienverkehrsgenehmigung nicht unbillig benachteiligt. Der Grund für die Zweifel an der Dauerhaftigkeit des Linienbetriebs und die Abhilfemöglichkeiten liegen regelmäßig in seiner Sphäre; dazu gehört es auch, einen streitigen Drittanspruch gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen.

Mit dem Kriterium der Dauerhaftigkeit des angebotenen Linienverkehrs wird das Prüfprogramm für die Genehmigungsbehörde zwar erweitert, sie ist damit aber nicht überfordert13. Gegebenenfalls muss sie für die Bewertung der Tragfähigkeit des wirtschaftlichen Konzepts für den Betrieb der Linie externen Sachverstand beiziehen. Die in § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG vorgesehene Genehmigungsfrist von drei Monaten kann, falls die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden kann, verlängert werden, nach Satz 4 freilich nur um höchstens weitere drei Monate. Das kann ein zusätzlicher Grund dafür sein, einen ausreichenden Vorlauf für einen Genehmigungswettbewerb vorzusehen14. Nötigenfalls kann ein dringender Verkehrsbedarf – wie im vorliegenden Fall auch geschehen – durch die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis nach § 20 PBefG abgedeckt werden.

Im vorliegenden Fall könnte der Kläger die Kosten aus dem Linienbetrieb, soll er in dem Umfang und unter den Bedingungen durchgeführt werden, die der Kläger in seinem Genehmigungsantrag zugrunde gelegt hat – also insbesondere bei Anwendung des MVV-Tarifs – keinesfalls aus den auf ihn entfallenden Beförderungserlösen auch zuzüglich der Ausgleichszahlungen nach § 45a PBefG und §§ 145, 148 SGB IX abdecken. Für das Jahr 2008 ergibt sich danach bei jährlichen Betriebskosten von rund 300 000 € ein Kostendeckungsgrad von unter 50%.

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Doch kann bei der Beantwortung der Frage, ob dem Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Genehmigung ein dauerhafter Linienbetrieb möglich sein wird, nicht unberücksichtigt bleiben, ob eine durch Beförderungserlöse und Leistungen nach § 45a PBefG und §§ 145, 148 SGB IX nicht geschlossene Deckungslücke möglicherweise durch Zahlungsansprüche des Verkehrsunternehmers gegen Dritte („Defizitausgleich“) ausgeglichen werden kann. Kläger und Berufungsgericht verweisen hierfür insbesondere auf mögliche Ansprüche gegen den Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 1 PBefG.

Dass auch eine solche Prüfung von Drittansprüchen bereits im Genehmigungsverfahren angezeigt ist, findet seinen Grund in der durch Art.19 Abs. 4 GG vorgegebenen Verpflichtung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Bundesverwaltungsgericht sei in seinem Urteil vom 19.10.200615 zu dem Ergebnis gekommen, die Genehmigung nach § 13 PBefG dürfe nicht mit der Begründung versagt werden, der beabsichtigte Linienverkehr solle teilweise durch gemeinschaftsrechtlich unzulässige Beihilfen finanziert werden; die Rechtmäßigkeit etwaiger Zuschüsse sei nicht im Genehmigungsverfahren, sondern in dem dafür vorgesehenen Verfahren nach Art. 87 ff. EG zu prüfen16. Damit korrespondiere, dass das Prüfungsprogramm des § 13 PBefG auch im Übrigen an keiner Stelle eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der von dem Unternehmer in seine Kalkulation aufgenommenen Erträge vorsehe17. Diese Aussagen betreffen indes allein die unionsrechtliche Zulässigkeit eventueller Zuschüsse, nicht aber die hier inmitten stehende Frage, ob der Bewerber einen – bestrittenen – Anspruch gegen einen Dritten hat.

Die Genehmigungsbehörde durfte zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung davon ausgehen, dass dem Kläger der behauptete Anspruch gegen den Aufgabenträger auf Defizitausgleich nicht zusteht.

In der Vergangenheit hatte der Kläger vom örtlich zuständigen Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr Betriebskostenzuschüsse für die erbrachten Verkehrsleistungen auf Grundlage einer zwischen beiden geschlossenen vertraglichen Vereinbarung („Verkehrsbedienungsvertrag“) erhalten. Ein solcher Vertrag kam für den in Rede stehenden Genehmigungszeitraum nicht zustande, da sich der Kläger nicht bereit fand, dem Anforderungsprofil des Aufgabenträgers in Bezug auf die auf der Linie einzusetzenden Busse zu entsprechen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hält es für möglich, dass sich ein Zahlungsanspruch ungeachtet dessen aus § 45 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 2 Satz 2 und § 8 Abs. 4 PBefG sowie den dort in Bezug genommenen Art. 2, 6, 11 und 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 herleiten lässt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 2 PBefG gilt, wenn den (vom Verkehrsunternehmer beantragten) Beförderungsentgelten aus Gründen des öffentlichen Verkehrsinteresses nicht wie beantragt zugestimmt wird, § 8 Abs. 4 entsprechend. Nach § 8 Abs. 4 Satz 3 PBefG ist, soweit eine ausreichende Verkehrsbedienung nicht entsprechend Satz 1 – also durch einen eigenwirtschaftlichen Verkehr – möglich ist, die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 in der jeweils geltenden Fassung maßgebend. Nach den Art. 2 und 6 Abs. 2 dieser Verordnung steht – zusammenfassend ausgedrückt – den Verkehrsunternehmen bei Beibehaltung oder Auferlegung von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes – das sind nach Art. 2 die Betriebspflicht, die Beförderungspflicht und die Tarifpflicht – ein Anspruch auf Gewährung eines Ausgleichs für die dadurch entstehenden Belastungen zu; dieser Ausgleich ist nach den Methoden der Art. 10 bis 13 zu errechnen. Im Falle des Klägers entstehe – so das Berufungsgericht – eine solche Belastung durch die Verwendung der nicht kostendeckenden MVV-Tarife. Verlange die öffentliche Gewalt auch bei einem eigenwirtschaftlichen Linienverkehr die Anwendung eines solchen Tarifs, so bewirke die Verweisung in § 39 Abs. 2 Satz 2 PBefG, dass die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69, die wegen der vom Bundesgesetzgeber europarechtskonform vorgenommenen Anordnung einer Bereichsausnahme auf Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste grundsätzlich unanwendbar sei, für einen solchen Verkehr gleichwohl maßgeblich werde. Schuldner eines solchen Anspruchs sei – als zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69, die über die Auferlegung oder Beibehaltung der Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes befinde – der Aufgabenträger.

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Dem kann nicht gefolgt werden. Der Aufgabenträger hat die Verwendung des MVV-Tarifs für den in Rede stehenden Genehmigungszeitraum mit dem Kläger weder vereinbart noch hat er ihm dessen Verwendung förmlich einseitig auferlegt. Vielmehr hat der Kläger seinem Antrag auf Genehmigung einer eigenwirtschaftlichen Verkehrsbedienung die Verwendung des MVV-Tarifs von sich aus zugrunde gelegt. Allein der Umstand, dass er das in der Erwartung getan hat, anderenfalls sei mit der Ablehnung seines Antrags zu rechnen, führt nicht zur Anwendbarkeit der vom Berufungsgericht herangezogenen Regelungen. Im Hinblick auf das Erfordernis der Klarheit und Bestimmtheit, von dessen Einhaltung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die unionsrechtliche Zulässigkeit der in § 8 Abs. 4 PBefG angeordneten Teilbereichsausnahme von der Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 abhängt18, ist eine klare und rechtssichere Abgrenzung von eigen- und gemeinwirtschaftlicher Verkehrsbedienung erforderlich. Das verlangt zugleich, das gestufte Verhältnis von eigen- und gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen und die daran anknüpfende Reihenfolge der Initiativrechte des Verkehrsunternehmers einerseits und des Aufgabenträgers für den öffentlichen Personennahverkehr andererseits zu beachten19. Dem Aufgabenträger obliegt die Prüfung, ob eine eigenwirtschaftlich nicht zu erbringende Verkehrsleistung für eine ausreichende Verkehrsbedienung nötig ist; er hat darauf aufbauend die Möglichkeit, in dem verordnungsrechtlich vorgesehenen Verfahren für eine gemeinwirtschaftliche Erbringung der Verkehrsleistungen zu sorgen20. Dagegen ist hier die Initiative vom Verkehrsunternehmer ausgegangen. Er hat jedoch – wie das Bundesverwaltungsgericht bereits klargestellt hat – kein Wahlrecht zwischen einer Genehmigung nach § 13 oder § 13a PBefG; er kann auch nicht aufgrund eigener Entscheidung die Vorteile aus dem Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehrsleistungen mit dem Anspruch auf Ausgleichsleistungen kombinieren, die bei der Erbringung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen unter Beachtung des Stufenverhältnisses vorgesehen sind. An der vom Aufgabenträger durchgeführten Ausschreibung hat sich der Kläger nicht beteiligt.

Ebenso wenig ist zu erkennen, dass der Kläger den behaupteten Anspruch auf Ausgleichszahlungen seitens des Aufgabenträgers auf anderweitige Anspruchsgrundlagen stützen kann.

Zwar tragen nach Art.19 Abs. 1 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) die Aufgabenträger des allgemeinen Personennahverkehrs die Kostendeckungsfehlbeträge des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs, soweit sie selbst Leistungen erbringen oder diese in ihrem Auftrag erbracht werden. Aufgabenträger im Sinne dieser Regelung sind nach Art. 8 Abs. 1 BayÖPNVG die Landkreise und kreisfreien Gemeinden; sie – und damit hier der Beigeladene zu 4 – sind nach Art. 8 Abs. 2 BayÖPNVG zugleich zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69. Doch gibt Art.19 Abs. 1 BayÖPNVG für sich genommen dem Kläger bei der hier gegebenen Ausgangslage noch keinen Zahlungsanspruch. Selbst wenn es zur Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung käme, würde allein damit der Linienbetrieb noch nicht im Auftrag des Aufgabenträgers für den öffentlichen Personennahverkehr, hier des Beigeladenen zu 4, erbracht, nachdem das Personenbeförderungsrecht klar zwischen Genehmigungsbehörde und Aufgabenträger unterscheidet.

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Auch ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen den Aufgabenträger aus Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. §§ 683, 677, 670 BGB), also als Aufwendungsersatzanspruch, scheidet aus. In Rede stünde hier ein Fall öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung, da die den Aufgabenträger nach Art. 8 Abs. 1 BayÖPNVG treffende Pflicht zur Sicherstellung des öffentlichen Personennahverkehrs, in die der Kläger mit der Übernahme des Linienverkehrs einträte, dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Zwar wäre der Kläger berechtigt und nach § 21 Abs. 1 PBefG sogar verpflichtet, bei – insoweit unterstellter – Erteilung der beantragten Linienverkehrsgenehmigung den Verkehrsbetrieb aufzunehmen. Doch kommt ein Rückgriff auf die Grundsätze einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag zur Begründung von Zahlungsansprüchen des Klägers gegen den Aufgabenträger schon wegen der abschließenden spezialgesetzlichen Regelungen zur Kostentragung nicht in Betracht, ganz abgesehen davon, ob der Kläger mit dem Linienbetrieb überhaupt ein fremdes Geschäft wahrnehmen würde oder nicht vielmehr – im Hinblick auf seine aus der Genehmigungserteilung resultierenden Betriebspflicht – nur ein eigenes.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 3 C 26.12

  1. vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2000 a.a.O. Rn.20 ff. m.w.N.[]
  2. BVerwG, Urteil vom 19.10.2006 – 3 C 33.05, BVerwGE 127, 42 Rn. 28[]
  3. BVerwG, Urteil vom 19.10.2006 a.a.O. Rn. 38; unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 06.04.2000 – 3 C 7.99, Buchholz 442.01 § 8 PBefG Nr. 1[]
  4. vgl. zur gestuften Konstruktion von eigen- und gemeinwirtschaftlicher Verkehrsbedienung: BVerwG, Urteil vom 19.10.2006 a.a.O. Rn. 35[]
  5. vgl. BVerwG, Urteil vom 19.10.2006 a.a.O. Rn. 26; sowie die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/6269 S. 144[]
  6. BVerwG, Urteil vom 06.04.2000 a.a.O. Rn. 33 ff.[]
  7. stRspr; vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 – 3 C 14.09, BVerwGE 137, 199 Rn. 13 m.w.N.[]
  8. vgl. dazu u.a. BVerfG, Beschluss vom 31.05.2011 – 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1, 20 ff.[]
  9. vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.12 1977 – 7 C 59.74, BVerwGE 55, 159; und Beschluss vom 02.10.1991 – 7 B 59.91, Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 33[]
  10. vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 a.a.O. Rn. 15[]
  11. vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2000 – 3 C 6.99, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 4 = DVBl 2000, 1614 = NVwZ 2001, 322[]
  12. BVerwG, a.a.O. Rn. 34 f.[]
  13. in diesem Sinne auch Heinze, Personenbeförderungsgesetz, Handkommentar, 1. Aufl.2007, § 13 PBefG S.202 f.[]
  14. vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29.10.2009 – 3 C 1.09, BVerwGE 135, 198 Rn. 21 f.[]
  15. BVerwG, Urteil vom 19.10.2006 – 3 C 33.05[]
  16. BVerwGE 127, 42 Rn. 37[]
  17. BVerwG, a.a.O. Rn. 40[]
  18. vgl. EuGH, Urteil vom 24.07.2003 – C-280/00, Altmark Trans, Slg. 2003, I – 7747 Rn. 58 ff.[]
  19. vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.10.2006 a.a.O. Rn. 35 f.[]
  20. vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2009 – 3 C 1.09, BVerwGE 135, 198 Rn.19 ff.[]

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