Die Farbgestaltung der Kräuterschnapsetiketten

Eine Abgrenzungsvereinbarung zweier konkurrierender Unternehmen gilt – wie die Marken selbst – grundsätzlich zeitlich unbeschränkt. Ist die Vereinbarung nicht aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten unzulässig und hat eine wesentliche Veränderung der Marktverhältnisse nicht stattgefunden, fehlt es für eine Kündigung an einem wichtigen Kündigungsgrund, wenn ein Festhalten an dem Vertrag auch nicht unzumutbar ist.

Die Farbgestaltung der Kräuterschnapsetiketten

Mit dieser Begründung hat das Landgericht Braunschweig die Klage eines Kräuterschnapsherstellers abgewiesen, bei der es um die Frage der Gültigkeit einer mit einem Konkurrenten geschlossenen Abgrenzungsvereinbarung ging. Geklagt hat ein in Wolfenbüttel ansässiger Hersteller gegen den Wettbewerber aus Rheinberg. Die beiden Spirituosenhersteller hatten im Jahre 1974 einen Vertrag geschlossen, der die Verwendung der Farben Grün und Orange auf den Etiketten und Verpackungen der Kräuterschnapsflaschen regelte. Der Vertrag sah vor, dass die Verwendung der Farbe Grün in dominierender Weise der Beklagten vorbehalten war, während umgekehrt der Klägerin die Verwendung der Farbe Orange zustand. Dementsprechend gestalteten die Parteien über Jahrzehnte ihren Marktauftritt.

Im Jahr 2009 kündigte die Klägerin diesen Vertrag wegen nach ihrer Ansicht veränderter Marktverhältnisse. Eine von der Klägerin in Auftrag gegebene Meinungsumfrage habe ergeben, dass die Mehrheit der Befragten die Farbe Grün mit der Klägerin verbinde und nicht mit der Beklagten. Auch die geringeren Werbeausgaben und rückläufige Absatzzahlen bei der Beklagten seien ein Beleg für die geänderten Verhältnisse.

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Die Beklagte, die eine Veränderung der Verhältnisse bestreitet, verweist insbesondere darauf, dass die Farbe Grün bei der Aufmachung ihrer Produkte – wie bereits seit Jahrzehnten- nach wie vor eine wesentliche Rolle spiele. Ein Grund für die Kündigung der Vereinbarung sei nicht daher nicht ersichtlich.

Nach Auffassung des Landgerichts Braunschweig fehlt es an einem Kündigungsgrund: Ein ordentliches Kündigungsrecht habe der Vertrag nicht vorgesehen. Wie die Marken selbst würden solche Abgrenzungsvereinbarungen grundsätzlich zeitlich unbeschränkt gelten. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liege nicht vor. Die Bedeutung der Farbe Grün für die Beklagte habe sich nicht verringert, da sie zur Vermarktung ihrer Kräuterspirituosen nach wie vor in großem Umfang die Farbe Grün verwende. Eine wesentliche Veränderung der Marktverhältnisse in dem Zeitraum zwischen 1974 und 2009 sei nicht feststellbar. Ein Festhalten an dem Vertrag sei der Klägerin auch nicht unzumutbar. Schließlich könne die Klägerin die Farbe Grün in gewissem Umfang, z.B. durch Abbildung von Kräutern, nutzen. Sie sei auch trotz der Vereinbarung sehr erfolgreich.

Die Vereinbarung sei auch nicht aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten unzulässig. Denn zum Zeitpunkt des Abschluss des Vertrages im Jahr 1974 habe es im Hinblick auf den konkreten Marktauftritt der Beklagten Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Beklagten gegen die Klägerin Unterlassungsansprüche hätten zustehen können und daher Gründe für den Abschluss der Vereinbarung vorgelegen hätten.

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Landgericht Braunschweig, Urteil vom 28. August 2013 – 9 O 2637/12