Die Bindung an das Mindesthonorar nach § 7 HOAI entfällt nicht allein durch eine Absicht, mit dem Architekten oder Ingenieur eine Gesellschaft zu gründen, wenn die-se Absicht nicht verwirklicht wird. Scheitert die beabsichtigte Gesellschaftsgründung, erhält der Architekt eine an den Vorgaben der HOAI ausgerichtete Vergütung für seine Leistungen aus einem konkludent abgeschlossenen Architektenvertrag oder wegen Zweckverfehlung aus §§ 812 Abs. 1 S. 2 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB. Wirkt der Auftraggeber bzw. auf eine künftige Gesellschaft Leistende mit angestellten Mitarbeitern an der Schaffung des Architektenwerks mit, hat er gegen den Architekten wegen Zweckverfehlung aus §§ 812 Abs. 1 S. 2 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Ersatz der Kosten solcher Mitarbeiter.

In dem hier vom Oberlandesgericht Stuttgart entschiedenen Fall liegt zwischen den Parteien ein Subplanervertrag vor, der nach den Vorgaben der HOAI abzurechnen ist, oder der Architekt hat einen Bereicherungsanspruch aus einer Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 2 2. Fall BGB, dessen Höhe sich ebenfalls nach den Vorgaben der HOAI berechnet. Es kann deshalb letztlich dahingestellt bleiben, ob der Architekt einen Vergütungsanspruch aus einem Subplanervertrag oder einen Bereicherungsanspruch gegen seinen Vertragspartner hat.
Vor Gesellschaftsgründung wollte der Architekt nach seinen erkennbaren Interessen seine Architekturleistungen nicht ohne vertragliche Grundlage erbringen. Mit der Vereinbarung zwischen den Parteien über die vom Architekten zu erbringenden Leistungen war deshalb der konkludente Abschluss eines Werkvertrags verbunden, der später durch einen Gesellschaftsvertrag abgelöst werden sollte. Der Architekt war selbständiger Subplaner, der nicht in einem arbeitnehmerähnlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Vertragspartner gestanden hat. Auf ein solches Verhältnis zwischen Architekten und Ingenieure ist deshalb die HOAI anwendbar. Eine schriftliche Honorarvereinbarung nach § 7 HOAI haben die Parteien für die streitgegenständlichen Projekte nicht abgeschlossen, so dass der Architekt seine Architektenleistungen nach der HOAI abrechnen kann.
Ein Honoraranspruch nach HOAI besteht nicht, wenn ein Vertrag mit einem freien Mitarbeiter arbeitnehmerähnlich ausgestaltet ist1. Für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis spricht die Zahlung eines Gehalts statt eines Honorars, die Mitarbeit im Büro des Auftraggebers ohne eigene Mitarbeiter, Einbindung des Mitarbeiters in den Betriebsablauf des auftraggebenden Architektur- oder Ingenieurbüros, Festlegung der Leistungszeiten und Urlaub durch den Auftraggeber sowie ein Weisungsrecht des Auftraggebers gegenüber dem selbständigen Mitarbeiter2.
Unstrittig stand dem Vertragspartner gegenüber dem Architekten kein Weisungsrecht zu. Vielmehr hat der Architekt die von ihm zu erbringenden Arbeiten eigenverantwortlich erledigt. Die Parteien haben sich ursprünglich als gleichberechtigte Partner begriffen, was in den Verhandlungen zur Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft zum Ausdruck gekommen ist. Unstreitig sollte der Architekt selbst haften und nicht über den Vertragspartner versichert sein. Zwar hat der Vertragspartner Computer und Software gestellt sowie den Geschäftswagen für den Architekten geleast; andererseits hatte der Architekt das Geschäftsbüro gemietet. Unstreitig hatten die Parteien kein festes Gehalt für den Architekten vereinbart. Die vom Vertragspartner behauptete Vergütung nach Zeitaufwand spricht eher für ein freies, nicht arbeitnehmerähnliches Verhältnis3. Die Vereinbarung einer Stundenabrechnung hat der Architekt im Übrigen bestritten und eine Vereinbarung des Gewinns nach „HOAI“ behauptet. Eine solche Vergütungsart nach Zeitaufwand würde für ein freies Mitarbeiterverhältnis ohne arbeitnehmerähnliche Stellung sprechen.
Unstreitig hatte der Architekt unter der Mitwirkung mehrerer Mitarbeiter Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 erbracht (§ 314 ZPO). Das im Schriftsatz vom 26.05.2014 enthaltene erstmalige Bestreiten, dass diese Leistungen aufgrund eines Werkvertrags mit dem Vertragspartner erbracht wurden, ist unerheblich. Wenn entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts der Vertragspartner, der einen entsprechenden Planungsauftrag von der Genossenschaft Y rechtsverbindlich entgegengenommen hatte, den Architekten nicht im Rahmen eines Architektenvertrags weiter beauftragt hat, hat der Architekt seine Leistungen in Erwartung des Abschlusses eines Gesellschaftsvertrags erbracht. Nachdem diese Erwartung enttäuscht wurde, hat er aufgrund des Nichteintritts des bezweckten Erfolgs gegen den Vertragspartner einen Anspruch aus einer Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 2 2. Fall BGB. Danach hat der Vertragspartner dem Architekten nach § 818 Abs. 2 BGB den Wert von dessen Werkleistung zu ersetzen, nachdem sich die Leistung des Architekten nicht in einer reinen Mitarbeit beschränkte, sondern er selbstständige Leistungserfolge in den Leistungsphasen 1 bis 8 des § 33 HOAI in Verbindung mit der Anl. 11 erbrachte. Der Architekt hat sich bei seiner Abrechnung an den Honorarbedingungen orientiert, die zwischen der Genossenschaft Y und dem Vertragspartner für die vom Architekten erbrachten Architektenleistungen vereinbart waren. Der Vertragspartner hat daher aufgrund der Leistungen des Architekten einen entsprechenden Honoraranspruch gegen die Genossenschaft Y erlangt. Dieses vom Vertragspartner erlangte Honorar hat er an den Architekten herauszugeben, soweit es auf dessen Leistungen beruht. Ohne weitere Anhaltspunkte ist im Übrigen davon auszugehen, dass dies die angemessene Vergütung für die Leistungen des Architekten darstellt. Der Wertersatzanspruch des Architekten gegenüber dem Vertragspartner aus § 818 Abs. 2 BGB beinhaltet daher nicht eine angemessene oder ersparte Stundenvergütung, sondern Wertersatz in Höhe einer Vergütung nach HOAI4.
Danach ist die Vergütung des Architekten zwingend nach den Vorgaben der HOAI zu berechnen. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien nach ihrer ursprünglichen Vorstellung einen Gesellschaftsvertrag abschließen und die streitgegenständlichen Leistungen im Rahmen dieser Gesellschaft erbringen wollten, wozu es letztlich nicht gekommen ist.
Die Parteien hatten beabsichtigt, zur Abwicklung des Projekts X‑Hospital Stuttgart gemeinsam eine Gesellschaft zu gründen. Nach dem unstreitigen Vortrag des Architekten wurde sogar der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, aber das notwendige Stammkapital nicht eingezahlt, weshalb die GmbH nie eingetragen wurde . Nach Abschluss des Architektenvertrags und des Ingenieurvertrags mit der Genossenschaft Y hatte der Architekt noch die Auffassung vertreten, nachdem die M. GmbH nicht mehr verwirklicht werden solle, müsse ein ARGE-Vertrag ausgearbeitet werden.
Teilweise wird vertreten, die Bindung an das Mindesthonorar nach § 7 HOAI gelte nicht, wenn eine gesellschaftsvertragliche Beziehung ins Leben gerufen werden soll und im Vorgriff auf eine Partnerschaft oder Zusammenarbeit Architekten- und Ingenieurleistungen eines Teils erbracht werden5. Die dort in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des OLG Hamm6 stützt diese Auffassung nicht. Nach dieser Entscheidung ist eine Kompensationsabrede für gegenseitig erbrachte Leistungen nach § 4 HOAI unwirksam und die Leistungen sind nach den Mindestsätzen der HOAI abzurechnen, wenn kein Gesellschaftsvertrag gemäß § 705 BGB vorliegt, sondern nur eine Vereinbarung über Austausch und Verrechnung gegenseitiger Leistungen.
Die Bindungswirkung der HOAI entfällt nicht allein durch eine Absicht, mit dem Architekten oder Ingenieur eine Gesellschaft zu gründen. Das würde Missbrauchsgefahren mit sich bringen, den bindenden Charakter der HOAI durch (Schein-)Verhandlungen zu umgehen und Rechtsunsicherheit in das Vertragsverhältnis tragen. Gegebenenfalls müsste dann bis zum Scheitern der Verhandlungen nach einer eventuellen gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung zwischen den Parteien und ab dem Scheitern der Verhandlungen über eine Gesellschaftsgründung nach HOAI abgerechnet werden. Wenn eine Abweichung von den Vorgaben der HOAI schon bei Vertragsverhandlungen über eine gesellschaftsrechtliche Bindung des Architekten ermöglicht würde, würde dies unter diesem Gesichtspunkt erhebliche Unsicherheiten über die Berechnung der Vergütung des Architekten bzw. Ingenieurs hervorrufen. Für eine Abrechnung nach HOAI auch bei Verhandlungen über eine Gesellschaftsgründung zwischen Parteien spricht weiter, dass häufig im Nachhinein nur schwer festzustellen sein wird, an wem oder warum die Verhandlungen über den Abschluss des Gesellschaftsvertrags bzw. dessen Umsetzung gescheitert sind. Es spricht daher viel dafür, bis zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zwischen den Parteien eines Architekten- oder Ingenieurvertrags von der Bindungswirkung der HOAI auszugehen.
Selbst wenn die Parteien hier aufgrund der Anbahnung eines gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses oder aus anderen Gründen die Vergütung des Architekten für seine Architektenleistungen frei vereinbaren könnten, dürfte der Architekt hier nach HOAI abrechnen.
Die HOAI ist eine Rechtsverordnung, die eine Taxe im Sinn des § 632 Abs. 2 BGB regelt. Im Zweifel ist von der durch den Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber getroffenen Regelung auszugehen. Die im Werkvertragsrecht ansonsten geltende Regel, wonach den Unternehmer, der sich auf die taxmäßige oder übliche Vergütung beruft, dafür die Beweislast trifft, wenn der Besteller eine abweichende Vereinbarung behauptet, ist auf Fälle gesetzlicher Honorarvorschriften nicht zu übertragen7. Das gilt auch für die HOAI, auch wenn sie kein Gesetz, sondern eine Rechtsverordnung ist. Sie beinhaltet aber wie die gesetzlichen Regelungen zum Beispiel zur Rechtsanwaltsvergütung (RVG) bindendes öffentliches Preisrecht und ist deshalb im Hinblick auf die Beweislast einer gesetzlichen Regelung gleichzustellen. Danach ist der Vertragspartner dafür darlegungs- und beweisbelastet, dass die Parteien eine von der HOAI abweichende Vergütungsregelung vereinbart haben.
Der Vertragspartner hat nicht ausreichend vorgetragen, dass sich die Parteien auf eine Abrechnung nach Stunden für das streitgegenständliche Bauvorhaben geeinigt hätten. Er beruft sich vielmehr allein auf eine Handhabung bei früheren Aufträgen, ohne einen Vortrag zu einer Rahmenvereinbarung oder einer Vereinbarung der Übertragung der früher gelebten Abrechnungsmodalitäten auf den streitgegenständlichen Auftrag darzulegen. Auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 21.02.2013 hat der Vertragspartner lediglich vorgetragen, die allseits sichtbare „Vernetzung“ lasse eine andere Abrechnungsweise als nach Zeitaufwand nicht zu und die Parteien hätten nicht am 11.01.2010 einerseits eine Vergütung auf Basis des Zeitaufwands und andererseits eine Vergütung auf Basis der HOAI vereinbart. Damit trägt der Vertragspartner noch nicht einmal vor, dass eine Abrechnung nach Zeitaufwand vereinbart worden wäre, sondern hält diese aufgrund der tatsächlichen Umstände für zwingend. Soweit sich der Vertragspartner auf eine Honorarvereinbarung vom 11.01.2010 stützt, liegt diese vor den streitgegenständlichen Verträgen mit der Genossenschaft Y im Jahr 2012 und insbesondere vor dem Scheitern eines Gesellschaftsvertrags zwischen den Parteien. Allein dass eine Vergütung nach Zeitaufwand vor dem streitgegenständlichen Bauvorhaben zwischen den Parteien umfangreichst praktiziert worden ist , begründet keinen Rechtsanspruch auf eine entsprechende Abrechnung beim vorliegenden Bauvorhaben. Auf die verschiedenen Rechnungen des Architekten, in denen nach Zeitaufwand abgerechnet wurde und als Anlagenkonvolut BK 1 vorgelegt wurde , kommt es daher nicht an. Schon die ursprüngliche Absicht der Parteien, zur Abwicklung der Aufträge eine GmbH zu gründen, weckt erhebliche Zweifel, ob bei der Abrechnung so wie bei der früheren Zusammenarbeit weiter gemacht werden sollte. Von daher ist der Vortrag des Vertragspartners gegenüber der Widerklage nicht erheblich.
Im Übrigen wird in diesen Rechnungen ausdrücklich auf eine mündliche Honorarvereinbarung vom 11.01.2010 bzw. 27.07.2010 Bezug genommen. Ergänzend wird auf das Anlagenkonvolut K 15 verwiesen, das ebenfalls auf eine mündliche Honorarvereinbarung vom 11.01.2010 Bezug nimmt und Vorgänge im Jahr 2010 betrifft. Die Behauptung einer Stundenlohnvereinbarung durch den Vertragspartner ist rechtlich bei Anwendbarkeit der HOAI schon deshalb unerheblich, weil die Schriftform des § 7 Abs. 1 HOAI n.F. nicht eingehalten wurde.
Für seine Behauptung einer Abrechnung nach Stunden bzw. anteilig nach erbrachtem Zeitaufwand hat der Vertragspartner auf das mit der Behauptung einer anderen Abrechnungsweise verbundene Bestreiten des Architekten keinen Beweis angeboten.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 3. Juni 2014 – 10 U 6/14
- Koeble in Locher /Koeble /Frick HOAI 12. Aufl. § 1 RN 20; § 7 RN 11; Wirth in Korbion /Mantscheff /Vygen HOAI 8. Aufl. § 1 RN 57 ff.[↩]
- vgl. insbesondere Wirth in Korbion /Mantscheff /Vygen a.a.O. RN 60[↩]
- aA Wirth in Korbion /Mantscheff /Vygen a.a.O.[↩]
- BGH BauR 1994, 651 23; BauR 1982, S. 83 21 ff.[↩]
- Koeble in Locher /Koeble /Frick HOAI 12. Aufl. § 7 RN 11[↩]
- OLG Hamm BauR 1987, 467[↩]
- BGH WM 2000, 243512[↩]