Die Nichtvollendung eines Bauvorhabens – und die Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung der Bank

Es ist mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV unvereinbar, die Verpflichtung der kreditgebenden Bank zur Pfandfreistellung an die Bedingung zu knüpfen, den Auftraggeber dürfe hinsichtlich der Nichtvollendung des Bauvorhabens kein Verschulden treffen. Enthält die Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung eine solche Bedingung, muss dies nicht zwingend zu ihrer Unwirksamkeit führen. Nimmt ein Bauträgervertrag entgegen § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 MaBV nicht auf die zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden, zur Sicherung der Freistellung erforderlichen Erklärungen Bezug, beeinträchtigt dies nicht die Wirksamkeit des Bauträgervertrages.

Die Nichtvollendung eines Bauvorhabens – und die Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung der Bank

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs1 ist eine Vereinbarung zwischen einem Bauträger und einem Auftraggeber über die Fälligkeit der von dem Auftraggeber zu leistenden Abschlagszahlungen, die gegen § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 2, § 12 MaBV verstößt, gemäß § 134 BGB nichtig. Die Nichtigkeit erfasst ausschließlich die von § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 2 MaBV abweichende Vereinbarung und berührt die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht. An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt § 641 Abs. 1 BGB, so dass mit der Abnahme die Zahlungsverpflichtung des Auftraggebers fällig wird. Erfüllt der Auftraggeber in einem solchen Fall vor der Abnahme seine Zahlungspflichten, verstößt die Entgegennahme der Zahlungen durch den Bauträger gegen ein gesetzliches Verbot. Dem Auftraggeber steht deshalb ein Bereicherungsanspruch aus § 817 Satz 1 BGB zu, der nach § 818 Abs. 1, § 100 BGB das Recht umfasst, von dem Bauträger die Herausgabe der gezogenen Nutzungen in Form von Zinszahlungsersparnissen2 zu verlangen. Dieser Anspruch ist nach § 813 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht ausgeschlossen.

Die VertretenmüssenKlausel in der Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung der Bank widerspricht § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV.

Weiterlesen:
Der einheitliche Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV darf der Bauträger Vermögenswerte des Auftraggebers erst entgegennehmen, wenn die Freistellung des Vertragsobjekts von allen Grundpfandrechten, die der zugunsten des Auftraggebers eingetragenen Vormerkung im Rang vorgehen oder gleichstehen, gesichert ist, und zwar auch für den Fall der Nichtvollendung des Bauvorhabens. Diese Regelung wird durch § 3 Abs. 1 Satz 3 MaBV ergänzt. Danach kann sich der Kreditgeber für den Fall der Nichtvollendung des Bauvorhabens vorbehalten, an Stelle der Freistellung alle vertragsgemäß geleisteten Zahlungen bis zum anteiligen Wert des Vertragsobjekts zurückzuzahlen.

Mit diesen Regelungen ist es unvereinbar, die Verpflichtung zur Pfandfreistellung an die Bedingung zu knüpfen, den Auftraggeber dürfe hinsichtlich der Nichtvollendung des Bauvorhabens kein Verschulden treffen. Durch diese in der Makler- und Bauträgerverordnung nicht vorgesehene Bedingung wird systemwidrig ohne sachliche Rechtfertigung eine Einwendung aus dem Verhältnis zwischen Bauträger und Auftraggeber in das Verhältnis von Kreditgeber zum Auftraggeber eingeführt3. Soweit die Revision meint, der Bundesgerichtshof habe diese Klausel in seinem Urteil vom 30.09.20044 gebilligt, ist das unzutreffend. Zwar lag der Entscheidung eine entsprechende Klausel zugrunde. Die Frage, ob eine solche Klausel von der Makler- und Bauträgerverordnung abweicht, war jedoch nicht entscheidungserheblich, weshalb sich der Bundesgerichtshof mit diesem Problem nicht auseinandergesetzt hat.

Ob auch die ZugumZugKlausel im Widerspruch zu § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV steht, ist umstritten5. Für den Bundesgerichtshof bestand bisher keine Veranlassung, zu dem Problem Stellung zu nehmen6. Es bedarf auch in diesem Verfahren keiner Entscheidung zu dieser Frage, da ein möglicher Verstoß der Klausel gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV nicht zu den vom Berufungsgericht angenommenen Rechtsfolgen führt.

Weiterlesen:
Einparken in 3 Zügen - der neue Tiefgaragenstellplatz

Ein Verstoß der VertretenmüssenKlausel und/oder der ZugumZugKlausel gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV führt nicht über § 12 MaBV, § 134 BGB wegen der Nichtigkeit der Klauseln zur Gesamtnichtigkeit der Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung der Bank. Entsprechendes gilt für eine Überprüfung der Klauseln im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.

Nach § 12 MaBV darf der Bauträger seine sich aus § 3 MaBV ergebenden Verpflichtungen durch eine vertragliche Vereinbarung mit dem Auftraggeber weder ausschließen noch beschränken. Diese Vorschrift findet keine unmittelbare Anwendung auf die Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung der kreditgebenden Bank, da diese nicht das Vertragsverhältnis von Bauträger und Auftraggeber betrifft, sondern Ansprüche des Auftraggebers gegen die kreditgebende Bank begründet7. Eine Vereinbarung zwischen Bauträger und Auftraggeber, wie in § 12 MaBV vorausgesetzt8, liegt deshalb nicht vor.

Ob § 12 MaBV wegen der in § 3 Abs. 1 Satz 5 MaBV vorgesehenen Verknüpfung der Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung mit dem Bauträgervertrag analog anzuwenden ist, kann dahingestellt bleiben. Die Anwendung von § 12 MaBV analog, § 134 BGB würde jedenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung führen.

Rechtsfolge des § 134 BGB ist in Verbindung mit § 139 BGB grundsätzlich die Gesamtnichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Das gilt aber nicht, wenn sich aus dem Zweck des Verbotsgesetzes anderes ergibt9. Zweck des § 3 MaBV ist es, den Erwerber vor Vermögensschäden zu bewahren, indem der Bauträger nicht unbeschränkt und ohne Sicherung Vermögenswerte entgegennehmen darf. Damit wird der Erwerber in zweifacher Weise geschützt. Zum einen wird die Herstellung des Bauwerks gewährleistet. Zum anderen erfolgt die Eigentumsverschaffung lastenfrei10. Letzterer Zweck liegt § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV zugrunde. Damit wäre es unvereinbar, die Freistellungsverpflichtungserklärung insgesamt als nichtig anzusehen und damit dem Auftraggeber den Anspruch auf Freistellung zu nehmen. Zugunsten des Auftraggebers muss die Freistellungsverpflichtung grundsätzlich bestehen bleiben; nichtig sind nur die Teile der Verpflichtung, die gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV verstoßen. Damit ist das Interesse des Erwerbers an einer lastenfreien Eigentumsverschaffung vollständig gewahrt.

Weiterlesen:
Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

Das steht nicht im Widerspruch zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.03.200711, in dem über die Rechtsfolgen entschieden wurde, die sich aus einem § 3 Abs. 2 MaBV widersprechenden Zahlungsplan ergeben. In diesem Fall ist ein Rückgriff auf die gesetzliche Regelung des § 3 Abs. 2 MaBV (nur deshalb) nicht möglich, weil diese Norm lediglich einen Rahmen vorgibt. Dieser Gedanke kann für § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV nicht herangezogen werden.

Die das Vertragsverhältnis von Auftraggeber und kreditgebender Bank betreffenden Klauseln unterliegen in diesem Verhältnis der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Soweit die VertretenmüssenKlausel und die ZugumZugKlausel gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 MaBV verstoßen, können sie nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, Art. 2 EGBGB unwirksam sein. Die Wirksamkeit der Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung im Übrigen bliebe davon jedoch unberührt.

Zwar darf eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegen § 307 BGB verstößt, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht im Wege der geltungserhaltenden Reduktion auf den gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt und damit aufrechterhalten werden. Lässt sich eine Formularklausel jedoch nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen, so ist die Aufrechterhaltung des zulässigen Teils rechtlich unbedenklich12.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die VertretenmüssenKlausel und die ZugumZugKlausel können gestrichen werden, und es verbleiben inhaltlich zulässige, in sich geschlossene, verständliche Regelungen über die Verpflichtungen der kreditgebenden Bank.

Weiterlesen:
Strafbewehrte Unterlassungserklärung - und die Zuständigkeit für Vertragsstrafenklagen

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MaBV ist der Bauträger nur berechtigt, Vermögenswerte des Auftraggebers entgegenzunehmen, wenn der Bauträgervertrag rechtswirksam ist. Zum Inhalt des Bauträgervertrages bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 MaBV, dass auf die zur Sicherung der Freistellung erforderlichen Erklärungen einschließlich etwaiger Erklärungen nach § 3 Abs. 1 Satz 3 MaBV in dem Bauträgervertrag Bezug genommen werden muss, wenn sie zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegen. Ein Verstoß hiergegen beeinträchtigt die Wirksamkeit des Bauträgervertrages nicht.

§ 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 MaBV ist im Zusammenhang mit Halbsatz 2 auszulegen. Die in Halbsatz 1 geforderte Bezugnahme vermeidet die in den Bauträgervertrag aufzunehmenden Hinweise nach Halbsatz 2. In diesem Sinne ist das „Muss“ nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertragsschlusses zu verstehen13. Eine andere Auslegung, die die Durchführung des Erwerbsvertrages dauerhaft behinderte, wäre zudem mit dem von der MaBV beabsichtigten Erwerberschutz nicht zu vereinbaren14. Aus diesem Grund ist es ebenfalls nicht gerechtfertigt, wie vereinzelt in der Literatur vertreten wird15, zwar die Wirksamkeit des Erwerbsvertrages zu bejahen, dem Bauträger aber das Recht zu versagen, Zahlungen des Auftraggebers entgegenzunehmen.

Sind die Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 MaBV nicht erfüllt, verlangt § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 MaBV, dass der Bauträgervertrag einen ausdrücklichen Hinweis auf die Verpflichtung des Bauträgers zur Aushändigung der Freistellungsverpflichtungserklärungen und deren notwendigen Inhalt enthält.

Weiterlesen:
Änderungen des Beherbergungsstatistik- und des Handelsstatistikgesetzes

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MaBV darf der Bauträger Leistungen des Auftraggebers erst entgegennehmen, wenn zu dessen Gunsten eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung im Grundbuch an der vereinbarten Rangstelle eingetragen ist. Das Fehlen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MaBV (hier: hinsichtlich des Tiefgaragenstellplatzes)) hatte aber keine Auswirkungen auf die weitergehenden Zahlungspflichten der Bauherrin. Der Erwerb des Tiefgaragenstellplatzes und der Erwerb des Teil- und Gemeinschaftseigentums stellen rechtlich selbständige Vorgänge dar, für die der „Bauträgerkaufvertrag“ jeweils gesonderte „Kaufpreise“ vorsah. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MaBV sind deshalb für den Tiefgaragenstellplatz einerseits und das Teil- und Gemeinschaftseigentum andererseits getrennt festzustellen ((vgl. Basty, aaO, Rn. 311, 593; Reithmann/Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, 7. Aufl., B 116).

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. November 2013 – VII ZR 167/11

  1. BGH, Urteil vom 22.03.2007 – VII ZR 268/05, BGHZ 171, 364; Urteil vom 22.12 2000 – VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250[]
  2. BGH, Urteil vom 06.03.1998 – V ZR 244/96, BGHZ 138, 160, 164 f.[]
  3. heute allgemeine Meinung: Basty, Der Bauträgervertrag, 7. Aufl., Rn. 419; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 5. Aufl., III. Rn. 278; Bischof in Grziwotz, MaBV, 2. Aufl., § 3 Rn. 84; Grziwotz, BauRB 2004, 246, 248; Bundesnotarkammer, DNotZ 2002, 402, 405[]
  4. VII ZR 458/02, BGHZ 160, 277[]
  5. bejahend: Basty, aaO, Rn. 385 ff.; Schmitz in Grziwotz/Koeble, Handbuch Bauträgerrecht, 2004, 5. Teil, Rn. 118; Holland in LambertLang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis, 2. Aufl., Teil 2 Abschnitt 1, Rn. 806; Pause, aaO, Rn. 267; Kutter, Beck’sches NotarHandbuch, 5. Aufl., A – II Bauträgervertrag, Rn. 68; Häublein, ZWE 2001, 303, 308 f.; Grziwotz, BauRB 2004, 246, 248; verneinend: Reithmann, NJW 1997, 1816, 1818; Blank, ZfIR 2005, 678, 680; Eue in Münchener Vertragshandbuch Bd. 5, Bürgerliches Recht I, 6. Aufl., S. 346 f.[]
  6. vgl. Beschluss vom 16.04.2009 – VII ZR 240/06[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 10.06.1983 – V ZR 252/80, DNotZ 1984, 322, 323[]
  8. vgl. BGH, Urteil vom 22.12 2000 – VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250, 258; Urteil vom 22.10.1998 – VII ZR 99/97, BGHZ 139, 387, 392[]
  9. BGH, Urteil vom 21.10.2010 – IX ZR 48/10, NJW 2011, 373, 374; Urteil vom 16.12 1999 – IX ZR 117/99, NJW 2000, 1333, 1335; MünchKomm-BGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 134 Rn. 103; Staudinger/Sack/Seibl, BGB, Neubearbeitung 2011, § 134 Rn. 88; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 134 Rn. 13, § 139 Rn. 18[]
  10. Basty, aaO, Rn. 86; Bischof in Grziwotz, aaO, § 3 Rn. 1, 15; Marcks, Makler- und Bauträgerverordnung, 8. Aufl., § 3 Rn. 1[]
  11. VII ZR 268/05, BGHZ 171, 364 Rn.20 ff.[]
  12. BGH, Urteil vom 12.02.2009 – VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 15[]
  13. Wolfsteiner in Kersten/Bühler, Formularbuch und Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 23. Aufl., § 33 Rn. 60; Schmucker in Grziwotz/Koeble, aaO, Rn. 510; Grziwotz/Bischof, aaO, § 3 Rn. 93[]
  14. Schmucker in Grziwotz/Koeble, aaO[]
  15. Schmucker in Grziwotz/Koeble, aaO, Rn. 511; Basty, aaO, Rn. 427[]
Weiterlesen:
Paralympische Sommerspiele, russische Sportlerinnen - und das Bundesverfassungsgericht