Der Bundesgerichtshof hatte aktuell über urheberrechtliche Beteiligungsansprüche des früheren Abteilungsleiters der Karosserie-Konstruktion der Porsche AG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911 zu entschieden.

Anlass hierfür war die Klage der Tochter eines im Jahr 1966 verstorbenen Abteilungsleiters der Rechtsvorgängerin der Porsche AG. Dieser war im Rahmen seiner Tätigkeit mit der Entwicklung des ab 1950 produzierten Fahrzeugmodells Porsche 356 und dessen seit 1963 gebauten Nachfolgemodells Porsche 911 befasst. Der Umfang seiner Beteiligung an der Gestaltung dieser Modelle ist zwischen den Parteien streitig.
Die Tochter verlangt als Erbin ihres Vaters und aus abgetretenem Recht einer weiteren Erbin von der Porsche AG gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ab dem 1. Januar 2014 eine angemessene Beteiligung an den Erlösen aus dem Verkauf der ab 2011 produzierten Baureihe 991 des Porsche 911. Sie meint, bei den Fahrzeugen dieser Baureihe seien wesentliche Gestaltungselemente der unter maßgeblicher Beteiligung ihres Vaters entwickelten Ursprungsmodelle des Porsche 356 und des Porsche 911 übernommen worden.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen1. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Berufung der Tochter zurückgewiesen2. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Tochter ihr Klagebegehren weiter und erhielt vor dem Bundesgerichtshof teilweise Recht; der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen:
Das Oberlandesgericht hat allerdings im Ergebnis mit Recht angenommen, dass der Tochter keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG zustehen, soweit sie geltend macht, die Porsche AG habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 die Urheberrechte ihres Vaters am Porsche 356 genutzt. Die Gestaltung des Porsche 356 ist zwar als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG). Die Tochter hat auch nachgewiesen, dass ihr Vater diese Gestaltung geschaffen hat und damit deren Urheber ist (§ 7 UrhG). Die Porsche AG hat mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 aber nicht das ihr vom Vater der Tochter im Rahmen des Arbeitsverhältnisses eingeräumte Recht zur Verwertung dieses Werkes in körperlicher Form (§ 15 Abs. 1 UrhG) genutzt. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts sind bei einem Vergleich des Gesamteindrucks der beiden Fahrzeugmodelle die den Urheberrechtsschutz des Porsche 356 begründenden Elemente in der Gestaltung des Porsche 911 nicht mehr wiederzuerkennen. Die Porsche AG hat daher mit der Herstellung und dem Vertrieb des Porsche 911 nicht in das ausschließliche Recht des Urhebers zur Vervielfältigung (§ 16 Abs. 1 UrhG) und Verbreitung (§ 17 Abs. 1 UrhG) des Porsche 356 eingegriffen. Ein Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung scheidet deshalb aus, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich bei der Gestaltung der Baureihe 991 des Porsche 911 gleichfalls um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt und damit die Voraussetzungen einer freien Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF/§ 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF vorliegen.
Die Annahme des Oberlandesgerichts, der Tochter stünden auch keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung zu, soweit sie sich darauf berufe, die Porsche AG habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 die Urheberrechte ihres Vaters am Ursprungsmodell des Porsche 911 genutzt, hält der rechtlichen Nachprüfung dagegen in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Oberlandesgericht hat Ansprüche der Tochter mit der Begründung abgelehnt, die Tochter habe nicht nachgewiesen, dass ihr Vater die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 geschaffen habe. Die Tochter hatte im Berufungsverfahren allerdings ihren Ehemann als Zeugen dafür benannt, dass ihr Vater diesem bei einem Besuch an seinem Arbeitsplatz klargemacht habe, dass der Porsche 911 und dessen Karosserie „sein Auto, sein Entwurf“ gewesen sei. Das Oberlandesgericht hätte sich mit diesem Beweisangebot auseinandersetzen müssen, weil die Zeugenaussage zumindest ein Indiz für die Urheberschaft des Vaters der Tochter liefern konnte. Die Tochter hat dieses Beweisangebot zwar erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebracht. Das Oberlandesgericht hat sich aber nicht damit befasst, ob die Tochter deshalb mit ihrem Beweisantritt ausgeschlossen ist. Diese Frage kann nur vom Berufungsgericht und nicht vom Revisionsgericht entschieden werden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. April 2022 – I ZR 222/2