Haben vor einer Operation keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Brustimplantate nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, kommt eine Haftung des Zertifizierers wegen der Nichtdurchführung unangekündigter Kontrollen nicht in Betracht.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in dem hier vorliegenden Fall einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verneint. Geklagt hatte eine Frau gegen den mit der europarechtlichen Zertifizierung der Herstellerfirma betrauten TÜV Rheinland sowie die französische Versicherung des mittlerweile liquidierten französischen Brustimplantatherstellers PIP. Der TÜV Rheinland führte seit 1997 bis 2010 bei der Fa. PIP angekündigte Zertifizierungsaudits durch und erteilte ein CE – Kennzeichen. Bei diesen Audits wurde auftragsgemäß das Qualitätssicherungssystem der Firma PIP, nicht aber die Produkte selbst geprüft. Bei der Firma PIP kam es zur Verwendung von nicht zugelassenen Silikon-Brustimplantaten.
Die Klägerin behauptet, bei ihr sei im Jahr 2008 ein nicht zugelassenes Silikonimplantat eingesetzt worden. Dieses wäre nicht eingesetzt worden, wenn der TÜV Rheinland seinen Pflichten als Zertifizierer nachgekommen wäre und insbesondere unangekündigte Kontrollen durchgeführt hätte, weil es dann früher zu einer Entdeckung der fehlerhaften Brustimplantate gekommen wäre. Anlass zu derartigen Kontrollen habe bestanden. Die Entfernung der eingesetzten Implantate sei erforderlich gewesen, um die Klägerin vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren.
Nachdem das Landgericht Heidelberg die Klage abgewiesen hatte, hat die Klägerin ihr Ziel mit der Berufung weiter verfolgt.
In seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen, der zu vergleichbaren Sachverhalten bereits entschieden hat, dass eine Haftung des Zertifizierers wegen der Nichtdurchführung unangekündigter Kontrollen nur dann in Betracht kommt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Implantate nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen1. Entsprechende Anhaltspunkte konnte das Oberlandesgericht Karlsruhe – jedenfalls vor der Operation der Klägerin – nicht feststellen.
In Deutschland mit PIP-Brustimplantaten versorgten Patientinnen steht auch kein Anspruch gegen die französische Versicherung des liquidierten Herstellers PIP zu. Die beklagte französische Versicherung hat in ihrem Vertrag mit der Fa. PIP ihre Haftung wirksam auf Schadensfälle in Frankreich begrenzt. Dies ist europarechtlich nicht zu beanstanden. Bei der Klägerin ist der Schaden in Deutschland eingetreten.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27. Juni 2018 – 7 U 96/17
- BGH Urteil vom 22.06.2017 – VII ZR 36/14[↩]
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