Der Deutsche Bundestag hat eine Änderung des anwaltlichen Vergütungsrechts beschlossen und damit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr, die in den vergangenen Monaten für eine Reihe von Problemen gesorgt hat, wieder korrigiert.

Die Geschäftsgebühr entsteht für die außergerichtliche Vertretung des Mandanten, die Verfahrensgebühr für die Vertretung des Mandanten im sich anschließenden Prozeß. Hat der Rechtsanwalt den Mandanten in einem Streitfall bereits außergerichtlich vertreten, muss er sich einen Teil der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anrechnen lassen, da er sich durch die vorgerichtliche Tätigkeit bereits in den Fall eingearbeitet hat. Gewinnt der Mandant den Prozess, kann er von seinem Gegner stets volle Erstattung der Prozesskosten, aber nur unter besonderen Voraussetzungen Erstattung der außergerichtlichen Kosten verlangen. In mehreren vielbeachteten Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass die Verfahrensgebühr nur zu den Prozesskosten zählt, soweit sie nicht durch die Anrechnung einer vorgerichtlichen Geschäftsgebühr getilgt worden ist. Damit steht der Mandant schlechter, wenn er vorgerichtlich einen Rechtsanwalt eingeschaltet hat, als wenn er ihn sogleich mit der Prozessvertretung beauftragt hätte.
Mit dem neuen § 15a RVG1 beseitigt der Gesetzgeber jetzt wieder die Probleme, die in der Praxis aufgrund dieser Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Anrechnung der anwaltlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr aufgetreten sind und es wird wieder zu der Praxis zurück gekehrt, wie sie vor diesen Entscheidungen des BGH gehandhabt wurde.
§ 15a
Anrechnung einer Gebühr(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.
(2) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
Durch das neue Gesetz wird die Wirkung der Anrechnung sowohl im Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant als auch gegenüber Dritten, also insbesondere im gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren, nunmehr ausdrücklich geregelt. Insbesondere ist klargestellt, dass sich die Anrechnung im Verhältnis zu Dritten grundsätzlich nicht auswirkt. In der Kostenfestsetzung muss also etwa eine Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn eine Geschäftsgebühr entstanden ist, die auf sie angerechnet wird. Sichergestellt wird jedoch, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz oder Erstattung in Anspruch genommen werden kann, den der Rechtsanwalt von seinem Mandanten verlangen kann.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Es soll unmittelbar nach Verkündung in Kraft treten.
- siehe den Gesetzentwurf BT-Drs. 16/11385 und BT-Drs. 16/12717[↩]