Ein auf eine bestimmte Dauer bestellter Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der nach Ablauf seines Vertrages nicht als Geschäftsführer weiterbeschäftigt wird, fällt in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

Der jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsstreit spielte in Köln: Der Kläger war bis zum Ablauf seiner Amtszeit am 31. August 2009 der medizinische Geschäftsführer der beklagten Kliniken der Stadt Köln, einer GmbH, deren Geschäftsanteile von der Stadt Köln gehalten werden. Über den Abschluss, die Aufhebung und die Änderung des Dienstvertrags der Geschäftsführer hat der Aufsichtsrat der Gesellschaft zu entscheiden. In dem mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossenen Dienstvertrag des Klägers war vereinbart, dass die Vertragsparteien sich gegenseitig spätestens 12 Monate vor Vertragsablauf mitteilten, ob sie zu einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses bereit waren.
Der Aufsichtsrat der beklagten Krankenhausgesellschaft beschloss im Oktober 2008, das Anstellungsverhältnis mit dem im Zeitpunkt der (regulären) Vertragsbeendigung 62 Jahre alten Kläger nicht über den 31.08.2009 hinaus fortzusetzen. Die Stelle des medizinischen Geschäftsführers wurde vielmehr mit einem 41-jährigen Mitbewerber besetzt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm der Neuabschluss seines Dienstvertrags sowie die weitere Bestellung als Geschäftsführer nur aus Altersgründen versagt worden seien und dass diese Entscheidung gegen das Altersdiskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verstoße. Er hat mit dieser Begründung Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens verlangt.
Das erstinstanzlich mit der Klage befasste Landgericht Köln abgewiesen1. Auf die Berufung des Klägers hat dagegen das Oberlandesgericht Köln der Klage im Wesentlichen stattgegeben, statt des beantragten Ersatzes des immateriellen Schadens in Höhe von 110.000 € jedoch nur 36.600 € zugesprochen2. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Köln, das entschied, der Kläger sei in unzulässiger Weise wegen seines Alters benachteiligt worden, bestätigt:
Nach § 6 Abs. 3 AGG findet das Gesetz Anwendung auf Geschäftsführer einer GmbH, soweit es um den Zugang zu dem Geschäftsführeramt und um den beruflichen Aufstieg geht. In dem Beschluss, den Kläger nach dem Auslaufen seiner Bestellung nicht weiter als Geschäftsführer zu beschäftigen, hat der Bundesgerichtshof eine Entscheidung über den Zugang zu dem Amt gesehen.
Weiter hat er die Beweislastregel des § 22 AGG angewendet. Danach muss der Bewerber nur Indizien beweisen, aus denen sich eine Diskriminierung ergibt. Das Unternehmen hat dann zu beweisen, dass der Bewerber nicht wegen seines Alters oder aus anderen unzulässigen Gründen benachteiligt worden ist. Hier hatte der Aufsichtsratsvorsitzende gegenüber der Presse erklärt, dass der Kläger wegen seines Alters nicht weiterbeschäftigt worden sei. Man habe wegen des „Umbruchs auf dem Gesundheitsmarkt“ einen Bewerber gewählt, der das Unternehmen „langfristig in den Wind stellen“ könne. Das hat der Bundesgerichtshof als ausreichend für die Beweislastumkehr nach § 22 AGG angesehen. Die beklagten Kliniken der Stadt Köln hat den damit ihr obliegenden Gegenbeweis nicht geführt. Der Bundesgerichtshof sah die Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters auch nicht aus den im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vorgesehenen Gründen als gerechtfertigt an.
Damit hat der Kläger Anspruch auf Ersatz seines Vermögensschadens und auf Entschädigung wegen seines immateriellen Schadens. Aufgrund von Fehlern bei der Feststellung dieses Schadens hat der Bundesgerichtshofs das angefochtene Urteil allerdings teilweise aufgehoben und die Sache insoweit wieder an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 163/10