Wird gegen eine GmbH ein Insolvenzantrag gestellt, hat der Geschäftsführer über die rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse der von ihm vertretenen Gesellschaft einschließlich gegen Gesellschafter und ihn selbst gerichteter Ansprüche Auskunft zu erteilen. Er ist hingegen nicht verpflichtet, über seine eigenen Vermögensverhältnisse und die Realisierbarkeit etwaiger gegen ihn gerichteter Ansprüche Angaben zu machen.

Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners aus § 97 InsO gelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 InsO auch im Insolvenzeröffnungsverfahren. Da sich das Eröffnungsverfahren hier gegen eine GmbH und damit nicht gegen eine natürliche Person richtet, sind gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO die Mitglieder des Vertretungsorgans zur Auskunft verpflichtet. Wer binnen zwei Jahren vor Antragstellung als Geschäftsführerin der GmbH abberufen wurde, unterliegt gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 101 Abs. 1 Satz 2 InsO weiterhin einer Auskunftspflicht. Verweigert der Verpflichtete die Auskunft, kann das Gericht ihn gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 98 Abs. 2 Nr. 1 InsO zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen. Die Auskunft kann auch gegenüber einem ehemaligen Vertretungsorgan im Wege der Haft erzwungen werden1.
Jedoch beschränkt sich die den (ehemaligen) Geschäftsführer gemäß § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 1 Satz 2 InsO treffende Auskunftspflicht auf die Verhältnisse der Schuldnerin, mithin die der GmbH. Der Geschäftsführer ist daher nicht verpflichtet, im Blick auf die Durchsetzbarkeit gegen ihn gerichteter, auf § 64 GmbHG beruhender Ansprüche Angaben zu seinen persönlichen Vermögensverhältnissen zu machen.
Die Regelung des § 101 Abs. 1 Satz 2 InsO will dem Missbrauch begegnen, dass Geschäftsleiter ihr Amt in der Krise niederlegen, um sich ihren verfahrensrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen2. Vor diesem Hintergrund unterliegen die ehemaligen Mitglieder des Vertretungsorgans nicht einer lediglich subsidiären Auskunftspflicht, die erst eingreift, wenn neu bestellte Organe die Auskunft nicht erteilen können oder wollen3. Vielmehr ist der Auskunftspflicht im Interesse einer effektiven Verfahrensförderung auch dann uneingeschränkt zu genügen, wenn neu bestellte Vertretungsorgane vorhanden sind4.
Die Auskunftspflicht des Geschäftsführers einer GmbH erstreckt sich inhaltlich auf sämtliche rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft. In diesem Rahmen hat er auch Tatsachen zu offenbaren, die Forderungen der insolventen Gesellschaft gegen ihn selbst – etwa aus § 64 GmbHG – nahelegen können. Keine Auskunft ist hingegen über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse zu geben.
Auskunft ist nach §§ 20, 97 InsO über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse zu erteilen. Dieser Begriff ist weit auszulegen und umfasst alle rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die für das Verfahren in irgendeiner Weise von Bedeutung sein können. Die Verpflichtung zur Auskunft ist nicht davon abhängig, dass an den Schuldner entsprechende Fragen gerichtet werden. Der Schuldner muss vielmehr die betroffenen Umstände von sich aus, ohne besondere Nachfrage offenlegen, soweit sie offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zutage liegen5. Von dem Geschäftsführer einer GmbH ist namentlich über alle Aktiva und Passiva der Gesellschaft, also sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten, Auskunft zu erteilen6. Die Auskunftspflicht des Geschäftsführers erstreckt sich auch auf die tatsächlichen Umstände, durch die Forderungen der Gesellschaft oder gegen sie gerichtete Verbindlichkeiten entstanden sind7.
Ansprüche der insolventen Gesellschaft gegen Gesellschafter und Geschäftsführer sind Bestandteil der Insolvenzmasse. Die Auskunftspflicht dient darum auch dem Zweck, Ansprüche des insolventen Unternehmens gegen Gesellschafter oder Geschäftsführer aufzudecken8. Mit Rücksicht auf den Vorrang der Gläubigerinteressen sind von den Geschäftsführern folglich Informationen zu offenbaren, die sich zum Nachteil der Gesellschafter oder auch zum eigenen Nachteil auswirken können9. Da der Geschäftsführer selbst zur Offenbarung solcher Tatsachen verpflichtet ist, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen10, hat er auch Umstände preiszugeben, die eine Forderung des insolventen Unternehmens gegen ihn begründen11. Im Blick auf Forderungen der Gesellschaft gegen Gesellschafter hat der Geschäftsführer etwa auf Ansprüche aus Kapitalersatz und auf Leistung von Nachschüssen hinzuweisen12. Ebenso hat der Geschäftsführer Umstände offenzulegen, die Ansprüche der Gesellschaft gegen ihn selbst, sei es aus §§ 43, 64 GmbHG oder anderen Vorschriften, nahelegen können13.
Da die Auskunftspflicht der organschaftlichen Vertreter aus § 101 Abs. 1 InsO auf das Vermögen der früher oder gegenwärtig von ihnen geleiteten Gesellschaft bezogen ist, sind sie jedoch entgegen der Auffassung der Vordergerichte nicht verpflichtet, über ihre eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Realisierbarkeit gegen sie gerichteter Forderungen Auskünfte zu erteilen.
Ist der Schuldner keine natürliche Person, treffen die Verpflichtungen aus § 97 InsO die organschaftlichen Vertreter des Schuldners14. Die Vorschrift des § 101 Abs. 1 InsO stellt eine Ergänzung des § 97 InsO dar15, indem sie die Organvertreter zu einer Auskunftserteilung nach Maßgabe des § 97 InsO verpflichtet16. Folglich obliegen den Organen die gleichen insolvenzverfahrensrechtlichen Verpflichtungen wie dem Schuldner17. Die Geschäftsführer haben damit Auskunftspflichten im Umfang des § 97 Abs. 1 InsO zu genügen18.
Dem Wortlaut des § 101 Abs. 1 InsO und dem Regelungszusammenhang mit § 97 Abs. 1 InsO kann sonach entnommen werden, dass die Auskunftspflichten der Organvertreter auf die Verhältnisse der insolventen oder mit einem Insolvenzantrag konfrontierten Gesellschaft beschränkt sind. Da die Auskunftspflicht an die Vertreterstellung anknüpft, kann von dem Organ nur Auskunft über die Vermögensverhältnisse der von ihm vertretenen Gesellschaft, aber nicht über seine eigenen Vermögensverhältnisse verlangt werden. Aus dem Umstand, dass bei einer juristischen Person die Auskunft nur durch die Organvertreter erteilt werden kann, folgt keine Erweiterung der Auskunftspflicht auch auf die persönlichen Verhältnisse dieser Personen19. Eine Auskunftspflicht hinsichtlich rechtlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher Verhältnisse einer dritten, an dem Verfahren nicht beteiligten Person findet im Gesetz keinen Anhalt. Die Auskunftspflicht des Geschäftsführers einer GmbH beschränkt sich darum ausschließlich auf das Vermögen und die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft. Ebenso wenig wie von einem Schuldner verlangt werden kann, über die Verhältnisse einer GmbH, deren Geschäftsführer er ist, Auskunft zu erteilen20, besteht eine Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH, gegen die ein Insolvenzantrag gestellt wurde, seine persönlichen Vermögensverhältnisse zu offenbaren. Auskunftsansprüche gegen den Geschäftsführer umfassen darum nicht Angaben hinsichtlich der Realisierbarkeit gegen ihn gerichteter Haftungsansprüche21.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. März 2015 – IX ZB 62/14
- MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 101 Rn. 24b; Jaeger/Schilken, InsO, § 101 Rn. 21; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 101 Rn. 10[↩]
- HK-InsO/Kayser, aaO § 101 Rn. 1; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 101 Rn. 23; Schmidt/Jungmann, InsO, 18. Aufl., § 101 Rn. 9[↩]
- in diesem Sinne aber Henssler, ZInsO 1999, 121, 124; Jaeger/Schilken, aaO § 101 Rn. 21[↩]
- Schmidt/Jungmann, aaO § 101 Rn. 12[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.02.2010 – IX ZB 126/08, WM 2010, 524 Rn. 5; vom 15.04.2010 – IX ZB 175/09, WM 2010, 976 Rn. 9; vom 17.03.2011 – IX ZB 174/08, WM 2011, 760 Rn. 7; vom 08.03.2012 – IX ZB 70/10, ZInsO 2012, 751 Rn. 13; vom 22.11.2012 – IX ZB 23/10, ZInsO 2013, 138 Rn. 4; vom 11.04.2013 – IX ZB 170/11, WM 2013, 1030 Rn. 18[↩]
- MünchKomm-InsO/Stephan, 3. Aufl., § 97 Rn. 14a; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 97 Rn. 11; Schmidt/Jungmann, InsO, 18. Aufl., § 97 Rn. 8; Jaeger/Schilken, aaO § 97 Rn. 17; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 97 Rn. 6[↩]
- MünchKomm-InsO/Stephan, aaO; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, aaO[↩]
- Pape/Uhländer/Wedekind, InsO, § 97 Rn. 25; Stobbe, Die Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche der GmbH in Insolvenz und masseloser Liquidation, 2001, Rn. 37[↩]
- Henssler, ZInsO 1999, 121, 123[↩]
- Jaeger/Schilken, aaO § 101 Rn. 15[↩]
- Henssler, aaO; Uhlenbruck, Festschrift Kreft, S. 543, 556[↩]
- Henssler, aaO; Jaeger/Schilken, aaO; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 97 Rn. 11[↩]
- Henssler, aaO; Stobbe, aaO Rn. 36, 38; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 97 Rn. 7; HmbKomm-InsO/Herchen, 5. Aufl., § 97 Rn. 12[↩]
- BT-Drs. 12/2443, S. 143[↩]
- HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 101 Rn. 1[↩]
- HK-InsO/Kayser, aaO § 101 Rn. 6[↩]
- Münch-Komm-InsO/Stephan, 3. Aufl., § 101 Rn. 21[↩]
- Jaeger/Schilken, aaO § 101 Rn. 15; Uhlenbruck in Festschrift Kreft, 2004, S. 543, 548[↩]
- vgl. Stobbe, Die Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche der GmbH in Insolvenz und masseloser Liquidation, 2001, Rn. 38[↩]
- LG Dortmund, NZI 2005, 459; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 97 Rn. 7[↩]
- Uhlenbruck in Festschrift Kreft, 2004, S. 543, 554 ff; ders., InsO, 13. Aufl., § 97 Rn. 7; aA HmbKomm-InsO/Herchen, 5. Aufl., § 97 Rn. 12[↩]