Die Darlegungs- und Beweislast des Sozialversicherungsträgers, der den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266a Abs. 1 StGB in Anspruch nimmt, erstreckt sich auf den Vorsatz des beklagten Geschäftsführers; diesen trifft lediglich eine sekundäre Darlegungslast.

Der Sozialversicherungsträger, der den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen in Anspruch nimmt und sich hierbei, wie die Klägerin im Streitfall, auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes stützt, hat grundsätzlich alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt; den in Anspruch genommenen Geschäftsführer trifft lediglich eine sekundäre Darlegungslast1. Die Darlegungs- und Beweislast des klagenden Sozialversicherungsträgers erstreckt sich auch auf den Vorsatz des Beklagten2.
Die Bundesgerichtshofs3 steht dem nicht entgegen. In dieser Entscheidung wird zu der Vorschrift des § 823 Abs. 2 BGB allgemein ausgeführt, wenn die Verletzung eines Schutzgesetzes objektiv feststehe, müsse der das Schutzgesetz Übertretende in aller Regel Umstände darlegen und beweisen, die geeignet seien, die daraus folgende Annahme seines Verschuldens auszuräumen. Dieser an die Beweislastverteilung nach § 282 BGB aF (jetzt § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) angelehnte Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn der Schadensersatzanspruch wie im Streitfall Vorsatz voraussetzt4.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt der wegen Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge in Anspruch genommene Geschäftsführer mit bedingtem Vorsatz, wenn er eine für möglich gehaltene Beitragsvorenthaltung billigt und nicht auf die Erfüllung der Ansprüche der Sozialversicherungsträger hinwirkt5.
Wenn die Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung dem Aufgabenbereich eines anderen Geschäftsführers zugewiesen oder auf Angestellte übertragen ist, muss der Geschäftsführer im Rahmen der ihm verbliebenen Überwachungspflicht tätig werden, sobald Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der Aufgaben durch den intern zuständigen Geschäftsführer oder den mit der Erledigung beauftragten Angestellten nicht mehr gewährleistet ist. Er muss dann durch geeignete Maßnahmen die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sicherstellen sowie die Einhaltung der Pflicht überwachen. Anlass für konkrete Überwachungsmaßnahmen bieten insbesondere eine finanzielle Krisensituation oder ungeordnete Verhältnisse im Geschäftsablauf innerhalb der Gesellschaft6.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Dezember 2012 – II ZR 220/10
- BGH, Urteil vom 11.12.2001 – VI ZR 350/00, ZIP 2002, 524, 525 f. mwN[↩]
- OLG Schleswig, GmbHR 2002, 216, 217; Drescher, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers, 6. Aufl., Rn. 615[↩]
- BGH, Urteil vom 13.12.1984 – III ZR 20/83, WM 1985, 590 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 01.07.2008 – XI ZR 411/06, ZIP 2008, 1673 Rn. 23; Urteil vom 23.03.2010 – VI ZR 57/09, ZIP 2010, 1122 Rn. 38[↩]
- BGH, Urteil vom 21.01.1997 – VI ZR 338/95, BGHZ 134, 304, 314 f.; Urteil vom 09.01.2001 – VI ZR 407/99, ZIP 2001, 422, 423; Urteil vom 02.06.2008 – II ZR 27/07, ZIP 2008, 1275 Rn. 11[↩]
- BGH, Urteil vom 02.06.2008 – II ZR 27/07, ZIP 2008, 1275 Rn. 11 mwN[↩]