Das freiwillige Auffüllen der Kommanditeinlage – und die spätere Insolvenz der Gesellschaft

Ein Kommanditist, der seine Einlage durch eine Zahlung an die Gesellschaft wieder auffüllt, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, erlangt durch diesen Vorgang keinen Ersatzanspruch aus § 110 Abs. 1 HGB, der im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden kann.

Das freiwillige Auffüllen der Kommanditeinlage – und die spätere Insolvenz der Gesellschaft

Zur Insolvenztabelle können nur Insolvenzforderungen festgestellt werden, mithin Forderungen, die von einem Insolvenzgläubiger geltend gemacht werden (§§ 38, 174 Abs. 1 InsO). Zu den Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO zählen im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 1 InsO, namentlich einer GmbH & Co. KG, auch an sich nachrangige (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) Forderungen aus einem Gesellschafterdarlehen oder einer Rechtshandlung, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entspricht, wenn der Gläubiger an der Geschäftsführung nicht und am Haftkapital der Gesellschaft mit höchstens 10% beteiligt ist (§ 39 Abs. 5 InsO).

Anderes gilt für die Einlagen der Gesellschafter, da sie für die Gesellschaft den Charakter von Eigenkapital haben und den Grundstock ihrer Haftungsmasse bilden. Ansprüche der Gesellschafter, die auf die Rückzahlung der Einlage gerichtet sind, betreffen das Eigenkapital der Gesellschaft und fallen deshalb nicht unter § 38 InsO1. Sie sind auch keine (grundsätzlich) nachrangigen Insolvenzforderungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, da die Einlagen dem Eigenkapital der Gesellschaft zugewiesen sind und damit von lediglich eigenkapitalersetzendem Fremdkapital der Gesellschaft zu unterscheiden sind, für das mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.20082 die frühere Gleichstellung mit Eigenkapital aufgegeben und durch im Insolvenzfall greifende Regelungen der Nachrangigkeit und Anfechtbarkeit ersetzt wurde.

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Die hier vom Kommanditisten Kommanditisten angemeldete Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung, deren Bestehen revisionsrechtlich zu unterstellen ist, ist auf die (erneute) Rückzahlung der Einlage gerichtet und stellt daher keine Insolvenzforderung dar.

Eine Rückgewähr der Einlage kann auch dann anzunehmen sein, wenn der Gesellschafter die betreffende Leistung, namentlich eine gewinnunabhängige Ausschüttung, aufgrund einer besonderen von seinem Ausscheiden oder einer Auseinandersetzung der Gesellschaft unabhängigen gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung beanspruchen kann3. Dementsprechend stellen gesellschaftsvertragliche Ansprüche auf die Gewährung gewinnunabhängiger Ausschüttungen, durch die der Stand des Kapitalkontos unter den Betrag der Haftsumme herabgesetzt würde, im Insolvenzfall keine Insolvenzforderungen dar.

Für den aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hergeleiteten Anspruch des Kommanditisten gilt im Ergebnis nichts anderes, weil der Kommanditist durch die (teilweise) Rückführung der ihm gewährten gewinnunabhängigen Ausschüttungen seine durch diese Ausschüttungen geminderte Einlage wieder aufgefüllt und sich hierdurch in gleichem Umfang seiner zuvor gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB wieder aufgelebten Außenhaftung entledigt hat. Er hat damit die gleiche rechtliche Position wieder eingenommen, die er vor der Gewährung der Ausschüttungen innehatte.

Auch die Annahme einer wegen des Nichtbestehens einer Rückgewährverpflichtung rechtsgrundlosen Zahlung des Kommanditisten führt im Streitfall nicht dazu, dass sein Rückzahlungsanspruch als Insolvenzforderung anzusehen ist. Dass eine Insolvenzforderung nicht schon wegen des Bestehens einer besonderen, hier auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gestützten, Zahlungsverpflichtung der Gesellschaft angenommen werden kann, ist oben bereits ausgeführt worden. Auch die Auffassung, dass ein in der irrtümlichen Annahme einer Verbindlichkeit rechtsgrundlos leistender Gesellschafter nicht schlechter stehen dürfe als ein freiwillig leistender Gesellschafter, würde zu keinem anderen Ergebnis führen.

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Die Gegenansicht beruft sich auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der den Kommanditisten, die empfangene Ausschüttungen zur finanziellen Unterstützung der Gesellschaft zurückgezahlt haben, ohne hierzu im Innenverhältnis rechtlich verpflichtet gewesen zu sein, ein wenn auch gegebenenfalls nicht sofort durchsetzbarer Erstattungsanspruch aus § 110 HGB zustehe4. Aus dieser Bundesgerichtshofsrechtsprechung lassen sich indes für den vorliegenden Fall nicht die von der Revision angenommenen Folgerungen ziehen. Kommanditisten, die empfangene Ausschüttungen freiwillig an die Schuldnerin zurückgezahlt und dadurch ihre Einlage wieder aufgefüllt haben, haben hierdurch keine im Insolvenzverfahren der Schuldnerin im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle feststellbare Forderung erworben.

Im Schrifttum wird zwar ganz überwiegend die Auffassung vertreten, ein gegen die Gesellschaft gerichteter Ersatzanspruch aus § 110 Abs. 1 HGB könne im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft zur Insolvenztabelle angemeldet werden5. Dies betrifft aber in Sonderheit jene Fälle, in denen das den Anspruch aus § 110 HGB rechtfertigende Sonderopfer des Gesellschafters in der freiwilligen Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers liegt. Denn dann tritt der Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft gleichsam an die Stelle des von ihm befriedigten Gläubigers6. Demgegenüber hat der Kommanditist im vorliegenden Fall die Zahlung der Schuldnerin unmittelbar zugewendet, wodurch er den vor der Ausschüttung bestehenden Zustand (in Höhe des gezahlten Betrages) wiederhergestellt und seine Einlage in entsprechendem Umfang wieder aufgefüllt hat. Eine zur Tabelle feststellbare Insolvenzforderung konnte dieser Vorgang gleich ob die Leistung freiwillig oder in der irrtümlichen Annahme eines Rechtsgrundes erfolgte nicht begründen.

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Dem Kommanditisten steht insoweit auch kein auf der Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern beruhender Ersatzanspruch aus § 110 HGB zu7, weil die Außenhaftung des Kommanditisten durch die Rückzahlung der Ausschüttungen nicht entfallen sei, so dass der Insolvenzverwalter mit dem somit fortbestehenden Anspruch der Gesellschaftsgläubiger aus § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB gegen den angemeldeten Anspruch des Kommanditisten aufrechnen könne mit der Folge, dass dieser Anspruch erloschen, die Gläubiger in gleicher Höhe befriedigt und die Schuldnerin insoweit von ihren Verbindlichkeiten entlastet seien. Dieses Sonderopfer des Kommanditisten begründe für ihn einen Ersatzanspruch aus § 110 HGB, der allerdings erst nach vollständiger Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger, denen die Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 HGB haften, geltend gemacht werden könne.

Dem kann schon im Ausgangspunkt nicht gefolgt werden. Denn wie bereits ausgeführt ist die Außenhaftung des Kommanditisten entfallen, soweit er Ausschüttungen an die Schuldnerin zurückgezahlt hat.

Die Versagung einer Feststellung der Forderung des Kommanditisten zur Tabelle nach § 38 InsO hat auch keine Ungleichbehandlung der Gesellschafter zur Folge.

In Fällen wie dem vorliegenden erscheint es allerdings zweifelhaft, ob die Kommanditisten, die keine Ausschüttungen zurückgezahlt haben, im Insolvenzverfahren zu Ausgleichszahlungen herangezogen werden können, um auf diesem Wege eine Gleichbehandlung mit denjenigen Gesellschaftern herbeizuführen, die wie der Kommanditist Rückzahlungen erbracht haben. Ein interner Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft besteht nur, wenn er sich klar aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Auf § 171 Abs. 2 HGB kann sich der Insolvenzverwalter als Insolvenzverwalter nur insoweit stützen, als Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger benötigt werden, denen die Kommanditisten nach §§ 128, 171, 172 HGB haften. Gesellschafter, die wie der Kommanditist aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB die Rückgewähr zurückgezahlter Ausschüttungen beanspruchen, gehören nicht zu diesen Gläubigern. Abhängig von der Höhe des Gesamtbetrages, der zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger aufzubringen ist, kann die Situation eintreten, dass Gesellschafter, die keine Rückzahlungen erbracht haben, nicht oder jedenfalls nicht in dem vollen Umfang ihrer Außenhaftung gemäß § 171 Abs. 2 HGB zu Zahlungen herangezogen werden können.

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Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass bei der Schlussverteilung nach der Berichtigung der Forderungen der Insolvenzgläubiger kein Überschuss mehr verbleibt oder ein verbleibender Überschuss nicht ausreicht, um den Insolvenzverwalter in die Lage zu versetzen, im Rahmen der ihm nach § 199 Satz 2 InsO obliegenden Verteilung positive Kapitalkonten auszugleichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt § 199 Satz 2 InsO voraus, dass bei der Schlussverteilung ein Überschuss bleibt, und regelt nur dessen Verteilung8.

Damit ist der nachfolgende Ausgleich der Gesellschafter untereinander aber nicht ausgeschlossen. Ob dieser Ausgleich durch einen Liquidator zu vollziehen oder den einzelnen Gesellschaftern überlassen ist, muss für die hier vorliegende Feststellungsklage nicht entschieden werden9.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Oktober 2017 – II ZR 353/15

  1. BGH, Urteil vom 09.02.1981 – II ZR 38/80, ZIP 1981, 734, 735; Urteil vom 10.12 1984 – II ZR 28/84, BGHZ 93, 159, 164; HK-InsO/Ries, 8. Aufl., § 38 Rn. 21; Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Stand: Juni 2017, § 38 InsO Rn.19 mwN[]
  2. BGBl. I S.2026[]
  3. BGH, Urteil vom 10.12 1984 – II ZR 28/84, BGHZ 93, 159, 163[]
  4. BGH, Urteil vom 20.06.2005 – II ZR 252/03, ZIP 2005, 1552, 1553; siehe auch BGH, Urteil vom 29.09.2015 – II ZR 403/13, BGHZ 207, 54 Rn. 15[]
  5. Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 110 Rn. 30; Bergmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 110 Rn. 27; MünchKomm-HGB/Langhein, 4. Aufl., § 110 Rn. 9; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 14. Aufl., § 11 Rn. 293; a.A. Kl. Müller, NJW 1968, 225, 229 f.[]
  6. vgl. MünchKomm-HGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 128 Rn. 92; MünchKomm-InsO/Bitter, 3. Aufl., § 44 Rn. 36; Marotzke, DB 2013, 621, 623[]
  7. vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29.09.2015 – II ZR 403/13, BGHZ 207, 54 Rn. 15 mwN[]
  8. BGH, Urteil vom 05.07.2001 – IX ZR 327/99, BGHZ 148, 252, 259[]
  9. vgl. zu den Aufgaben eines Liquidators einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts BGH, Urteil vom 15.11.2011 – II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 34; Urteil vom 20.11.2012 – II ZR 148/10 34; für eine Innenausgleichspflicht des Insolvenzverwalters Rock/Contius, ZIP 2017, 1889 ff. mwN[]
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