Ist der aus einer Personengesellschaft ausgeschiedene Gesellschafter imstande, die Höhe seines Abfindungsanspruchs schlüssig zu begründen, so kann er nach dem Verstreichen der vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkte im Regelfall auf Leistung klagen und im Rahmen dieser Zahlungsklage den Streit darüber austragen, ob und in welcher Höhe bestimmte Aktiv- oder Passivposten bei der Berechnung des Abfindungsguthabens zu berücksichtigen sind [1].

Schuldnerin eines Abfindungsanspruchs nach § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB ist allerdings in erster Linie die Gesellschaft [2]. Insoweit gilt bei einer Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, die Rechtsfähigkeit besitzt [3], nichts anderes als bei einer offenen Handelsgesellschaft [4].
Der Abfindungsanspruch des Klägers richtet sich aber zugleich gegen die in der Sozietät verbliebenen Beklagten. Denn zu den Verbindlichkeiten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, für die die Gesellschafter analog § 128 HGB einzustehen haben [5], zählt auch der Abfindungsanspruch eines ausgeschiedenen Gesellschafters [6].
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt die Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ebenso wie das Ausscheiden eines Gesellschafters grundsätzlich dazu, dass ein Gesellschafter die ihm gegen die Gesellschaft und die Mitgesellschafter zustehenden Ansprüche nicht mehr selbständig im Wege der Leistungsklage durchsetzen kann (Durchsetzungssperre). Diese sind vielmehr als unselbständige Rechnungsposten in die Schlussrechnung aufzunehmen, deren Saldo ergibt, wer von wem noch etwas zu fordern hat [7]. Die Erstellung einer solchen Auseinandersetzungsrechnung, in die auch die Ansprüche der Gesellschaft gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter einzubeziehen sind [8], hat das Berufungsgericht im Streitfall nicht festgestellt.
Einzelansprüche können allerdings abweichend von dem Grundsatz der Durchsetzungssperre dann gesondert verfolgt werden, wenn sich aus dem Sinn und Zweck der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen ergibt, dass sie im Falle der Auflösung der Gesellschaft oder des Ausscheidens eines Gesellschafters ihre Selbständigkeit behalten sollen [9]. Diese Voraussetzung ist hier aber nicht erfüllt.
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, der Geltendmachung des Abfindungsanspruchs des Klägers stehe keine „Auseinandersetzungsbefangenheit“ entgegen, zwar damit begründet, der Abfindungsanspruch des Klägers nach § 18 Abs. 7 und 8 des Sozietätsvertrages werde allein durch die Höhe seines Anteils am tatsächlichen Kanzleiwert bestimmt, der sich ausschließlich nach dem letzten Jahresumsatz der Sozietät richte und der Höhe nach feststehe. Daher sei eine Berücksichtigung der beiderseitigen Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis oder aus Drittverhältnissen im Rahmen einer über die Ermittlung des Wertes des Gesellschaftsanteils hinausgehenden Abschlussrechnung nicht geboten.
Falls das Berufungsgericht damit gemeint haben sollte, weitere auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Ansprüche seien im Rahmen der Auseinandersetzung nicht zu berücksichtigen oder der nach § 18 Abs. 7 und 8 des Sozietätsvertrages zu berechnende Abfindungsanspruch sei unabhängig von einer solchen Auseinandersetzungsrechnung selbstständig durchsetzbar, kann dem indes nicht gefolgt werden. Der Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters richtet sich grundsätzlich auf das sich aus einer Abfindungsrechnung ergebende Auseinandersetzungsguthaben. Das Auseinandersetzungsguthaben berechnet sich zwar auf der Basis des anteiligen Unternehmenswerts. Es sind aber, sofern vorhanden, auch sonstige, nicht unternehmenswertbezogene gegenseitige Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis als Rechnungsposten einzustellen [10]. Treffen die Gesellschafter – wie hier – im Gesellschaftsvertrag bestimmte Regelungen darüber, wie der Wert des Gesellschaftsanteils im Hinblick auf die Berechnung des Abfindungsanspruchs ermittelt werden soll, kann ohne weitere Anhaltspunkte nicht angenommen werden, damit solle auf die Berücksichtigung sonstiger an sich in eine Abfindungsrechnung einzustellender gegenseitiger Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis verzichtet werden.
Der vom Berufungsgericht nicht ausdrücklich erwähnte Umstand, dass der Sozietätsvertrag die Fälligkeit der Abfindungsraten zu bestimmten Zeitpunkten vorsieht, führt entgegen der Annahme der Revisionserwiderung gleichfalls nicht zu der Auslegung, der Abfindungsanspruch, der mit dem Ausscheiden des Gesellschafters entsteht [11], sei von der Durchsetzungssperre ausgenommen. Die vertragliche Vereinbarung bestimmter Fälligkeitszeitpunkte hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich zur Folge, dass der ausgeschiedene Gesellschafter, der die Höhe seines Anspruchs schlüssig begründen kann, im Regelfall nach dem Verstreichen der vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkte auf Leistung klagen kann und im Rahmen dieser Zahlungsklage der Streit darüber auszutragen ist, ob und in welcher Höhe bestimmte Aktiv- oder Passivposten bei der Berechnung des Abfindungsguthabens zu berücksichtigen sind [12]. Auch danach hätte sich das Berufungsgericht jedoch mit den von den Beklagten vorgetragenen Passivposten sachlich befassen müssen; die vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkte waren verstrichen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Mai 2011 – II ZR 285/09
- Bestätigung von BGH, Urteil vom 13.07.1987 – II ZR 274/86, ZIP 1987, 1314[↩]
- Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearbeitung 2003, § 738 Rn. 12; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 05. Aufl., § 738 Rn. 16; Erman/H.P. Westermann, BGB, 12. Aufl., § 738 Rn. 4; Kilian in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, BGB § 738 Rn. 12; Andreas Bergmann in jurisPKBGB, 05. Aufl., § 738 Rn. 14[↩]
- BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341[↩]
- vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15.05.1972 – II ZR 144/69, WM 1972, 1399, 1400[↩]
- BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 358[↩]
- BGH, Urteil vom 02.07.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 206 f.; s.a. Urteil vom 11.10.1971 – II ZR 68/68, WM 1971, 1451, 1452[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.03.2005 – II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068, 1070; Urteil vom 03.04.2006 – II ZR 40/05, ZIP 2006, 994 Rn. 17; Urteil vom 07.04.2008 – II ZR 181/04, ZIP 2008, 1276 Rn. 30, jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/Ulmer/Schäfer, BGB, 05. Aufl., § 738 Rn. 26; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 02. Aufl., § 131 Rn. 99[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 02.10.1997 – II ZR 249/96, ZIP 1997, 2120, 2121[↩]
- vgl. MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 05. Aufl., § 738 Rn. 37 m.w.N.; s.a. BGH, Urteil vom 09.05.1974 – II ZR 84/72, WM 1974, 834, 835; Urteil vom 09.12. 1991 – II ZR 87/91, ZIP 1992, 245, 246; Urteil vom 12.07.1999 – II ZR 4/98, ZIP 1999, 1526, 1527; Urteil vom 07.03.2005 – II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068, 1070[↩]
- BGH, Urteil vom 08.01.1990 – II ZR 115/89, ZIP 1990, 305, 306; Urteil vom 14.07.1997 – II ZR 122/96, ZIP 1997, 1589, 1590; Urteil vom 19.07.2010 – II ZR 57/09, ZIP 2010, 1637 Rn. 8[↩]
- BGH, Urteil vom 13.07.1987 – II ZR 274/86, ZIP 1987, 1314, 1315[↩]