Für das Stiftungskollisionsrecht ist auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts zurückzugreifen. Das Personalstatut der Stiftung ist auch für die Rechtsstellung als Destinatär und die daraus folgenden Ansprüche maßgeblich.

Kommt, wie hier, bei der Beurteilung eines Sachverhalts die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht, ist das deutsche internationale Privatrecht von Amts wegen anzuwenden. Seine Regelungen, auch soweit sie nicht kodifiziert worden sind, beanspruchen allgemeine Verbindlichkeit, ohne dass es darauf ankommt, ob sich eine der Parteien auf die Anwendung ausländischen Rechts beruft1.
Das deutsche Stiftungskollisionsrecht ist gesetzlich nicht geregelt. Es fehlt in dieser Hinsicht sowohl an völkerrechtlichen Vorgaben als auch an autonomen Regelungen des nationalen Rechts. Für dieses Rechtsgebiet ist deshalb auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts zurückzugreifen2.
Dies führt vorliegend zur Anwendbarkeit des österreichischen Rechts.
Das Personalstatut von Gesellschaften richtet sich nach der sogenannten Gründungstheorie, wenn die Auslandsgesellschaft in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, des EWR oder in einem mit diesen aufgrund eines Staatsvertrags in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit gleichgestellten Staat gegründet worden ist3. Nur für Gesellschaften, die in einem Drittstaat gegründet worden sind, hält die Rechtsprechung an der sogenannten Sitztheorie fest, nach der für das Personalstatut das Recht des Sitzstaats maßgeblich ist4. Bei Übertragung dieser Grundsätze auf das Personalstatut von Stiftungen ist hiernach das österreichische Recht maßgeblich, da die Stiftung in Österreich gegründet wurde. Soweit in der Literatur ohne die vorstehende Differenzierung nach der Herkunft der ausländischen Stiftung allein die Sitztheorie für maßgeblich erklärt wird5 und damit gemeint sein sollte, dass diese auch für Stiftungen aus einem EU, EWR- oder gleichgestellten Staat gelten solle, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da die Stiftung im österreichischen E. ihren Verwaltungssitz unterhält.
Der Anspruch, dessen sich die Destinärin berühmt, wird vom sachlichen Anwendungsbereich des Personalstatuts der klagenden Stiftung umfasst. Im Internationalen Gesellschaftsrecht unterliegen nicht nur die Entstehung der Gesellschaft, ihre Rechtsfähigkeit, ihre organschaftliche Verfassung und ihre sonstigen inneren Verhältnisse dem Personalstatut. Vielmehr bestimmen sich hiernach unter anderem auch die Rechtsstellung als Gesellschafter sowie die aus dieser Stellung folgenden Rechte und ihre Ausgestaltung6, wie etwa die Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche7 und Ausschüttungssperren8, mithin auch die Ausschüttungsansprüche. Die Übertragung dieser Grundsätze auf das Stiftungsrecht bedeutet, dass auch für die Rechtsstellung als Destinatär und die daraus folgenden Ansprüche, Zuwendungen aus dem Stiftungsvermögen zu erhalten, das Personalstatut der Stiftung maßgeblich ist. Zwar ist der Destinatär einer Stiftung mit Gesellschaftern einer Handelsgesellschaft nicht unmittelbar gleichzusetzen, da er nicht inkorporiertes Mitglied der Stiftung ist, so dass zwischen den Beteiligten keine Binnenbeziehung mit einer gesellschaftsrechtsähnlichen Struktur besteht. Jedoch sind die Zwecke einer Handelsgesellschaft und einer Stiftung in Bezug auf die Gesellschafter beziehungsweise die Destinatäre so ähnlich, dass es geboten ist, in analoger Anwendung der Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts auch das Rechtsverhältnis zwischen Stiftung und (potentiellem) Destinatär dem Personalstatut der Stiftung zuzuordnen. Typischerweise ist eine Handelsgesellschaft auf die Erwirtschaftung eines Gewinns gerichtet, der letztlich in Form von Ausschüttungen ihren Gesellschaftern zugutekommen soll. Sind – wie hier – Destinatäre bestimmt, ist es in vergleichbarer Weise Zweck einer Stiftung, ihr Vermögen beziehungsweise die Erträge hieraus unmittelbar oder mittelbar den Begünstigten zuzuwenden. Deren Verhältnis zur Stiftung ist deshalb in dieser entscheidenden Hinsicht mit der Rechtsbeziehung von Gesellschaftern zur Gesellschaft gleichartig.
Unterliegen somit die Rechtsstellung der Destinärin und ihre Berechtigung, Zuwendungen von der Stiftung zu erhalten, deren – österreichischem – Personalstatut, ist die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die hierfür maßgeblichen Tatsachen ebenfalls nach österreichischem Recht zu beurteilen. Die allgemeinen Beweislastregeln sind materiellrechtlich zu qualifizieren und daher der lex causae zu entnehmen. Dies beruht auf der engen Verflechtung der Regelungen zur Verteilung der Beweislast mit den materiellen Rechten der Parteien. Die Verweisung auf das ausländische materielle Recht enthält damit notwendig auch eine Verweisung auf die dafür geltenden Beweislastregeln des betreffenden Rechts9. Für Schuldverhältnisse ergibt sich dies bereits aus Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I) und Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (Rom II).
Von der Frage der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zu trennen ist allerdings die subjektive Obliegenheit der Beweisführung. Diese ist ebenso wie der Beweisantritt und die Fragen der Beweiswürdigung prozessualer Natur und daher nach der lex fori zu beurteilen.
Die Sache wird nach § 563 Abs. 4 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von der Ermittlung des maßgeblichen österreichischen Rechts durch das Revisionsgericht10 sieht der Bundesgerichtshof ab. Es ist nicht auszuschließen, dass nach Maßgabe des anwendbaren österreichischen Rechts neue tatrichterliche Feststellungen notwendig werden, so dass ohnehin eine Zurückverweisung in Betracht kommt. Das Berufungsgericht wird im neuen Verfahren auch Gelegenheit haben, sich gegebenenfalls mit den weiteren Rügen der Revision zu befassen, auf die einzugehen der Bundesgerichtshof im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung hat. In diesem Zusammenhang merkt der Bundesgerichtshof allerdings an, dass es, selbst wenn die klagende Stiftung nach dem österreichischen Recht für die streitentscheidenden Tatsachen nicht darlegungs- und beweisbelastet sein sollte, zu ihren Lasten gehen könnte, wenn sie weiterhin die maßgeblichen Urkunden nicht vollständig vorlegt (sekundäre Darlegungslast11 beziehungsweise eine etwaig im österreichischen Recht bestehende vergleichbare Rechtsfigur).
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. September 2016 – III ZR 7/15
- st. Rechtsprechung; z.B. BGH, Urteil vom 20.03.1980 – III ZR 151/79, BGHZ 77, 32, 38; BGH, Urteile vom 07.04.1993 – XII ZR 266/91, NJW 1993, 2305, 2306; und vom 21.09.1995 – VII ZR 248/94, NJW 1996, 54 f jew. mwN[↩]
- MünchKomm-BGB/Kindler, IntGesR, 6. Aufl., Rn. 315; Leible in FS Werner, S. 256, 257 f mwN[↩]
- BGH, Urteile vom 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGHZ 178, 192 Rn.19; und vom 11.01.2011 – II ZR 157/09, NJW 2011, 844 Rn. 16 jew. mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 27.10.2008 aaO mwN[↩]
- z.B. MünchKomm-BGB/Kindler aaO, Rn. 676 mwN[↩]
- MünchKomm-BGB/Kindler aaO Rn. 588; Staudinger/Großfeld, IntGesR [1998], Rn. 340[↩]
- Bamberger/Roth/Mäsch, EGBGB, 3. Aufl., Art. 12 Anh – II Rn. 73[↩]
- BGH, Urteile vom 25.06.2001 – II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 168; und vom 11.01.2011 aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 08.11.1951 – IV ZR 10/51, BGHZ 3, 342, 346; und vom 26.11.1964 – II ZR 55/63, BGHZ 42, 385, 388 f; Coester-Waltjen, Internationales Beweisrecht, Rn. 371; Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 5. Aufl., Rn. 344; Nagel/Gottwald, IZPR, 7. Aufl., § 10 Rn. 67[↩]
- zu dieser Möglichkeit BGH, Urteil vom 12.11.2003 – VIII ZR 268/02, NJW-RR 2004, 308, 310 mwN[↩]
- vgl. z.B. BGH, Urteil vom 19.05.2016 – III ZR 274/15, NJW-RR 2016, 842 Rn. 40 mwN[↩]