Die vertraglich quotal beschränkte Haftung des GbR-Gesellschafter

Ist die Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für eine Darlehensverbindlichkeit der Gesellschaft in dem Darlehensvertrag auf den ihrer Beteiligungsquote entsprechenden Teil der Gesellschaftsschuld beschränkt worden, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob sich ihre Haftung erhöht, wenn nicht alle Gesellschaftsanteile gezeichnet werden.

Die vertraglich quotal beschränkte Haftung des GbR-Gesellschafter

Die Haftung der Gesellschafter eines als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgestalteten geschlossenen Immobilienfonds für Darlehensverbindlichkeiten der GbR kann in dem Vertrag zwischen der GbR und dem Darlehensgeber beschränkt werden1. Der Umfang dieser Haftungsbeschränkung ist durch Auslegung des Darlehensvertrages zu ermitteln2.

Im vorliegenden Fall richtet sich die Haftungsbeschränkung demnach nach dem ausdrücklich in Bezug genommenen Gesellschaftsvertrag. Danach beträgt die Haftungsquote 1/180. Der Gesellschaftsvertrag enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass der einzelne Gesellschafter mit einer höheren Quote haftet, wenn weniger als 180 Anleger der Gesellschaft beitreten.

In diesem Zusammenhang kann sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht mit Erfolg darauf berufen werden, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes3 solle die persönliche Haftung der Gesellschafter den Kreditgeber neben dem Gesellschaftsvermögen zusätzlich sichern, weil die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kein zugunsten ihrer Gläubiger gebundenes Haftkapital besitze. Mit diesem Leitbild sei es nicht zu vereinbaren, dass ein Gläubiger selbst dann einen Ausfall erleide, wenn er sämtliche Gesellschafter erfolgreich in Höhe des jeweils auf sie entfallenden Haftungsanteils in Anspruch nehme.

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Diese Argumentation greift nicht durch.

Gesellschaftsverträge als GbR ausgestalteter Immobilienfonds sehen typischerweise und, wie dargelegt, auch im vorliegenden Fall die Beschränkung der persönlichen Haftung der Gesellschafter vor. Geschlossene Immobilienfonds sind Kapitalanlagegesellschaften, deren Geschäftszweck auf die Errichtung, den Erwerb und die Verwaltung einer oder mehrerer Immobilienobjekte mit einem im Voraus feststehenden Investitionsvolumen ausgerichtet ist. Um das bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für den einzelnen Anleger kaum einzuschätzende, ihn möglicherweise wirtschaftlich völlig überfordernde Haftungsrisiko zu begrenzen, enthalten die Gesellschaftsverträge geschlossener Immobilienfonds, wenn sie ihrer Rechtsform nach Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind, üblicherweise Haftungsbeschränkungen, nach denen entweder die Haftung für rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf das Fondsvermögen begrenzt ist und die Gesellschafter nur mit ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen haften oder die Gesellschafter nur quotal, d.h. mit einem ihrer Geschäftsbeteiligung entsprechenden Anteil haften4. Begnügt sich ein Gläubiger wie im Streitfall die Darlehnsgeberin abweichend von der gesetzlich vorgesehenen gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter mit deren quotaler Haftung „gemäß Gesellschaftsvertrag“, ohne eine Anpassung der Haftung an davon abweichende Beteiligungsverhältnisse vorzusehen, muss er sich daran festhalten lassen.

Dass im vorliegenden Fall in dem Darlehensvertrag nicht nur auf den Gesellschaftsvertrag, sondern auch auf das Verhältnis des Gesellschaftsanteils zum Gesellschaftskapital verwiesen wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dieser Verweisung ist nicht zu entnehmen, dass eine andere als die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Haftungsquote gelten soll. Die Haftungsquote, die sich, wie dargelegt, aufgrund der im Gesellschaftsvertrag genau bezifferten Beträge des Gesellschaftskapitals, der einzelnen Einlagen, des Gesamtdarlehens und der auf die einzelnen Anteile entfallenden Darlehensrückzahlungsverpflichtung ergibt, stellt die Obergrenze der Haftung dar5.

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Ob die Darlehnsgeberin und die GbR bei Abschluss des Darlehensvertrages Kenntnis von den tatsächlichen Beteiligungsverhältnissen hatten, ist für die Auslegung des Darlehensvertrages unerheblich.

Eine solche Kenntnis der Vertragspartner bei Abschluss des Darlehensvertrags ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden. Auch die Revision macht dies nicht geltend, sondern führt lediglich aus, dass aus einer entsprechenden Kenntnis der Darlehnsgeberin nicht gefolgert werden könnte, dass sie sich annähernd der Hälfte ihres Rückzahlungsanspruches begeben wollte. Hierauf kommt es indes nicht an, weil, wie dargelegt, bereits unabhängig von einer etwaigen Kenntnis der Darlehnsgeberin von einer Haftungsquote von 1/180 auszugehen ist.

Die – unterstellte – Kenntnis der Vertragspartner von den tatsächlichen Beteiligungsverhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses würde auch nicht zu einer anderen Auslegung des Darlehensvertrags führen. Für die Darlehnsgeberin war erkennbar, dass die Haftung der einzelnen Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag quotal begrenzt war. Für sie war auch erkennbar, dass die Gesellschafter als Kapitalanleger ein berechtigtes Interesse an einer Haftungsbegrenzung hatten, deren Höhe genau feststand und nicht von der künftigen Entwicklung, insbesondere von der Anzahl der gezeichneten Beteiligungen, abhing. Vor diesem Hintergrund konnte sie die in den Darlehensvertrag aufgenommene Haftungsbegrenzung nur so verstehen, dass dieselbe Haftungsquote wie im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden sollte. Der Darlehensvertrag enthält keinen ausreichenden Anhaltspunkt dafür, dass die Haftungsquote, abweichend vom Gesellschaftsvertrag, von der Anzahl der gezeichneten Beteiligungen abhängen und bei einer nur teilweisen Platzierung höher als nach dem Gesellschaftsvertrag sein sollte.

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Der Fondsprospekt und die darin vorgesehene Platzierungsgarantie können bei der Beurteilung der Haftungsquote nicht berücksichtigt werden. Der Umfang der Haftungsbeschränkung richtet sich nach dem Darlehensvertrag. Für das Rechtsverhältnis der Darlehensvertragsparteien kommt es auf den Fondsprospekt grundsätzlich nicht an6. Der Fondsprospekt wird anders als der Gesellschaftsvertrag im Darlehensvertrag auch nicht in Bezug genommen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. November 2012 – XI ZR 144/11

  1. BGH, Urteile vom 21.01.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 5 f. und vom 08.02.2011 – II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 24 mwN[]
  2. BGH, Urteil vom 08.02.2011 aaO Rn. 31[]
  3. BGH, Urteile vom 07.04.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370, 373; und vom 08.02.2011 – II ZR 243/09, WM 2011, 889 Rn. 25[]
  4. BGH, Urteil vom 21.01.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 4 f.[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2011 – II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 34[]
  6. BGH, Urteil vom 08.02.2011 – II ZR 243/09, WM 2011, 889 Rn. 34[]